Medizinischer Fortschritt

Unser Gesundheitssystem ist eines der besten der Welt. Wer schon einmal in anderen Ländern Ärzte oder sogar ein Krankenhaus aufsuchen musste, wird das sicherlich bestätigen können. Doch anscheinen wird es immer weiter demontiert und bietet den Patienten nicht die erforderlichen Leistungen an. Luckx – das magazin hat recherchiert.

Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel wird gern als ein sehr großes Problem in unseren Gesundheitssystem gesehen. Sicherlich, es fehlen viele tausend Mitarbeiter in den unterschiedlichen Aufgabenbereichen unseres Gesundheitssystems. Aber nicht erst seit der Corona-Pandemie, sondern seit vielen Jahren davor. Obwohl der Fehlbestand bekannt ist und die Leistungen zum Beispiel in den Krankenhäusern und Kliniken nicht vollumfänglich erbracht werden konnten, rechneten sie mit den Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) ab, als ob nichts gewesen wäre. So landeten Jahr für Jahr trotzdem rund 5 Milliarden Euro in deren Kassen, obwohl 30.000 Stellen nicht besetzt waren, aber bezahlt wurden. Jeder, der schon einmal einen Krankenhausaufenthalt hatte, kann sich sicherlich noch an die Aufnahmeprozedur erinnern. Mehrmals musste Name, Gewicht, Körpergröße, Medikamente usw. genannt werden, wurden auf Papier fein säuberlich vermerkt und dann anschließend datentechnisch verarbeitet. Das es dabei zu Übertragungsfehlern kommen muss, liegt in der Natur der Sache und kann den Mitarbeitern nur teilweise angelastet werden. Was aber der Führung angelastet werden kann, dass es ineffiziente Strukturen gibt. Wenn beispielsweise in einer großen norddeutschen Klinik 5.000 Softwareprogramm parallel existieren, ohne das es eine Verknüpfung gibt, so ist das nicht nur fahrlässig, sondern schädigend. Krankenkassenbeiträge der Versicherten wurden so über Jahrzehnte vergeudet. Insbesondere die Beiträge der GKV Versicherten sind es, die diesen Schlendrian finanzieren. Denn 95 Prozent der Bundesbürger sind GKV versichert. Das es dann auch einige Mediziner oder andere gelungen ist, nicht erbrachte Leistungen abzurechnen oder mit anderen Betrügereien an die Gelder der Versicherten zu gelangen, ist nur die Spitze des Eisberges, eignet sich gut für eine mediale Verarbeitung, lenkt aber vom eigentlichen Problem ab. Dazu kommt noch last but not least der demografischer Wandel und der medizinische Fortschritt, die zu immer längeren Lebensalter führen. So ist es verständlich, dass Vertreter der GKV erbost darüber reagieren, wie zum Beispiel Peter Kaetsch, Vorstandsvorsitzender der BIG direkt gesund: „Es hat sich leider mittlerweile etabliert, dass die GKV-Versicherten und ihre Arbeitgeber in die Bresche springen müssen, wenn das Geld mal wieder nicht reicht“, moniert

Gesundheitliche Infrastruktur ist gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Als jüngstes Beispiel führt er den Transformationsfonds im Rahmen des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) an. Aufgelegt werden soll der Fonds mit einem Volumen von 50 Milliarden Euro, um den Umbau der Krankenhaus-Strukturen finanziell abzufedern. Über zehn Jahre soll er das Geld ausschütten, das jeweils zur Hälfte von Bund und Ländern kommen soll. „Eigentlich ist das ein gutes Konzept, doch leider hat der Bundesgesundheitsminister die Mittel nicht zur Verfügung. Also bedient er sich am Gesundheitsfonds“, so Peter Kaetsch. Die gesetzlich Versicherten und deren Arbeitgeber müssten somit aus Beitragsgeldern den Transformationsfonds finanzieren, obwohl der Auf- und Umbau der gesundheitlichen Infrastruktur eindeutig eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. „Die Finanzierung müsste aus Steuergeldern erfolgen“, fordert Peter Kaetsch und ergänzt: „Der Gesundheitsfonds ist kein Selbstbedienungsladen. Der Staat drückt den Krankenkassen immer wieder versicherungsfremde Leistungen auf“.

Versicherungsfremde Leistungen aus Steuergeldern finanzieren

Beispiele: Die pauschalen Krankenkassenbeiträge, die der Bund für die Bürgergeld-Beziehenden zahlt, sind viel zu niedrig. Schätzungen gehen davon aus, dass den Kassen allein dafür rund zehn Milliarden Euro pro Jahr mehr überwiesen werden müssten. Diese Tatsache hat die Ampel-Koalition durchaus erkannt und im Koalitionsvertrag Verbesserungen in Aussicht gestellt, doch passiert ist bisher nichts, stellt Kaetsch fest. Gleiches gilt für die zugesagte generelle Dynamisierung des Bundeszuschusses für versicherungsfremde Leistungen wie die beitragsfreie Mitversicherung von Familienangehörigen oder Leistungen für Schwangerschaft und Mutterschaft. Durch Ausgabensteigerungen wird der gleichbleibende Bundeszuschuss schleichend entwertet. „Auch hier gilt: Die Politik hat kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem“, so Peter Kaetsch weiter.

Mehrwertsteuer senken

Vorschläge, um die GKV-Ausgaben zu senken, stehen schon länger im Raum, werden jedoch von der Politik ignoriert. So würde eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Arznei- und Hilfsmittel von 19 Prozent auf sieben Prozent die gesetzliche Krankenversicherung um mehr als fünf Milliarden Euro pro Jahr entlasten. „Ich habe absolut kein Verständnis dafür, dass notwendige Humanarzneimittel, die in vielen Fällen für Menschen überlebenswichtig sind, höher besteuert werden als zum Beispiel Süßigkeiten, Katzenfutter oder Tierarzneimittel“, sagt Peter Kaetsch.

Weiterhin verursachen ineffiziente Strukturen im Gesundheitswesen hohe Kosten. Hier können digitale Technologien Lösungen bieten, indem sie die Versorgungsqualität und Kosteneffizienz erhöhen und gleichzeitig die Behandlung und Betreuung von Patientinnen und Patienten sowie die Arbeitssituation des Personals im Gesundheitswesen verbessern.