Der Meeresspiegel steigt

Es ist keine neue Erkenntnis, dass der Meeresspiegel aufgrund der Klimakrise steigt. Schon auf den verschiedenen Klimakonferenzen wurde das Problem ausführlich diskutiert. Was wurde getan? Gefühlt nichts, wie luckx – das magazin recherchierte.

Anpassung an den Klimawandel

Schon heute verschwinden nach und nach kleinere Inseln auf der Landkarte. Insbesondere sind die Pazifikinseln davon betroffen, weil sie sehr niedrig sind und dadurch schnell überflutet werden können. Damit verschwindet nicht nur menschlicher Lebensraum. Es sind auch Urlaubsziele in Gefahr. Wer nun denkt, der Pazifik ist weit entfernt und ich fahre nur ans Mittelmeer oder die Ostsee, hat nur mit einem Auge die Situation erfasst. Denn der Wasserspiegel steigt weltweit. Auch wenn manche Küsten in Europa weniger betroffen sind. Doch eines von Deutschen beliebtes Urlaubsland könnte stark in Mitleidenschaft gezogen werden: Die Niederlande. So spielen die Küstenstädte eine zentrale Rolle in der globalen Wirtschaft und haben wichtige Funktionen für die Gesellschaft. Hier sei nur an die Häfen in Rotterdam und Antwerpen erinnert, die einen großen Teil der Versorgung für Europa sicherstellen. Gleichzeitig sind sie stark von den Folgen des Klimawandels betroffen. Deshalb nehmen sie auch bei der globalen Klimaanpassung eine Schlüsselrolle ein. Um einen Überblick über den aktuellen Stand der Anpassung zu gewinnen, hat ein internationales Team um Professor Matthias Garschagen, Geograf an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), nun den aktuellen Stand analysiert.

Studienlage

Anhand von Studien zu 199 Städten aus 54 Staaten untersuchten die Forscher, ob und wie die Städte bestimmte Risikofaktoren in ihrer Strategie berücksichtigen. Dabei spielen klimatische Faktoren wie steigende Meeresspiegel, Stürme, Überschwemmungen oder Hitze eine wichtige Rolle. Aber auch weitere Aspekte wie die Exposition und Verwundbarkeit von Bevölkerung, Infrastruktur und Ökosystemen der jeweiligen Region wurden in der Analyse berücksichtigt. Die meisten Maßnahmen für eine bessere Anpassung an den Klimawandel betreffen vor allem den Anstieg des Meeresspiegels, Überschwemmungen sowie in geringerem Maße auch Sturmfluten, Wirbelstürme und Erosion. Dabei sind technische und institutionelle Maßnahmen wie großflächige Deiche oder Anpassungen in der Stadtplanung in wohlhabenderen Regionen wie in Nordamerika und Europa häufiger. In einkommensschwächeren Gebieten wie Afrika und Asien dominieren hingegen verhaltensbezogene Maßnahmen, bei denen betroffene Haushalte und Unternehmen eher auf sich selbst gestellt sind.

Ergebnisse

Insgesamt stellten die LMU-Forscher fest, dass die meisten Anpassungsmaßnahmen in Tiefe, Umfang und Geschwindigkeit unzureichend sind – ganz unabhängig von den jeweiligen Regionen und ihrem Wohlstand. Auch fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kaum Anzeichen für eine nachhaltige Verringerung der Risiken durch die bereits umgesetzten Maßnahmen. „Unsere Ergebnisse zeigen auf allen Ebenen Nachholbedarf“, erklärt Prof. Matthias Garschagen. „Es gibt wenig wirklich tiefgreifenden Wandel, bei dem das Risikomanagement fundamental umgedacht wird. Häufig versuchen Städte, das Katastrophenmanagement für zukünftige Risiken auf der Basis von Erfahrungen der Vergangenheit zu optimieren, ohne grundlegend zu hinterfragen, ob diese Ansätze auch später noch tragfähig sind“, bemängelt Garschagen.

Außerdem werden die Grundlagen für die Planung der Anpassung nur selten quantifiziert. Zukünftige Naturgefahren wie Hochwasser und Hitze werden von den Städten zwar in den Blick genommen, aber sozioökonomische Faktoren wie soziale Verwundbarkeit und räumliche und gesellschaftliche Veränderungen werden selten berücksichtigt. „Und das ist wichtig“, sagt Garschagen, „weil das Lagos oder Jakarta von heute nicht dasselbe ist wie das in 20 Jahren. Da gibt es sicherlich große Forschungslücken und wir brauchen bessere Szenarien und Modellierungsverfahren. Eine wichtige Frage ist auch, ab wann es sinnvoller ist, Küstenschutzmaßnahmen aufzugeben und stattdessen Umsiedlungen in Betracht zu ziehen.“

Mehr Forschung erforderlich zur Vorsorge

Deshalb plädiert Matthias Garschagen für einen stärkeren Ausbau der Forschungsaktivitäten im globalen Süden der Welt. Denn bislang konzentrieren sich die meisten Forschungsaktivitäten auf Städte des globalen Nordens. „Eine globale Forschung des Klimawandels, die alle Regionen der Welt flächendeckend abdeckt, würde zu einer schnelleren und effizienteren Bekämpfung der Klimakrise führen“, so Matthias Garschagen.