Vielfach wird gern übersehen, dass unsere Städte immer grüner geworden sind. Zwar sind immer noch viele gestalterische Sünden vorhanden. Doch das Engagement der Kommunen hat sich deutlich gesteigert, um ihren Bewohner eine höhere Lebensqualität zu bieten, wie luckx – das magazin recherchierte.
Gärtnern in der Stadt
Gärtnern in der Stadt ist beliebt: Bereits seit über 20 Jahren zeigt sich in Deutschland ein gestiegenes gesellschaftliches Interesse an der Begrünung urbaner Räume. Viele Stadtbewohner entdecken den neuen Lebensstil für sich und möchten sich künftig selbst mit Obst und Gemüse versorgen oder ihr Umfeld mit Pflanzen aufwerten. Bis vor wenigen Jahrzehnten gehörte der Anbau von Nutzpflanzen zum Alltag dazu. Auch in den Städten bepflanzten die Menschen verfügbare Flächen, um sich selbst mit Obst und Gemüse versorgen zu können. Mit der Zeit kam der Nutzgarten jedoch aus der Mode, bis er zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine Renaissance erlebte. Besonders große Aufmerksamkeit erregt das Gärtnern in der Stadt. Sowohl gemeinschaftlich genutzter Kräutergarten, bepflanzte Hausfassaden und -dächer oder Balkonbegrünung; beim Urban Gardening weren alle möglichen Formen des Stadtgärtnerns einbegriffen. Stehen keine Bodenflächen zur Verfügung, nutzen Initiativen gerne diverse Gefäße zum Gärtnern. Infrage kommen beispielsweise ausgebaute Maschinenteile, Lebensmittelverpackungen, Foliensäcke, Kisten und Paletten.
Vorteile
Urban-Gardening-Projekte werten Städte auf vielfache Weise auf: Pflanzen verbessern die Luft, indem sie Kohlendioxid binden und wertvollen Sauerstoff freisetzen. Darüber hinaus haben sie einen kühlenden Effekt, weshalb urbanes Gärtnern in Zeiten des Klimawandels eine immer größere Rolle spielt. Bürger können Obst und Gemüse vor Ort ernten und ihre Ausgaben für hochwertige Lebensmittel reduzieren. Gleichzeitig entfallen Transportwege für Lebensmittel, was den Energieverbrauch und den CO₂-Ausstoß im Bereich Ernährung reduziert. Durch die Verwertung von anfallendem Grüngut-Kompost an Ort und Stelle lassen sich enge Kreisläufe schaffen. Einwohner erhalten Informationen über den Anbau von Pflanzen und Probleme, die dabei auftreten können. Auf diese Weise wächst das Verständnis für Landwirte und Gärtner. Viele Projekte vermitteln der Stadtbevölkerung Wissen über gesunde Ernährung sowie frische und gesunde Lebensmittel. So können Brach- und Freiflächen in der Stadt eine sinnvolle Nutzung finden – selbst, wenn die Begrünung nur vorübergehend ist. Neben der optischen Aufwertung der Flächen und der Möglichkeit zur Selbstversorgung schaffen Stadtgärten auch einen Ort der Begegnung.
Initiativen von Bürgern
Den Anstoß für Urban-Gardening-Projekte gaben in der Vergangenheit oft spontane Guerilla-Gardening-Aktionen, bei denen Aktivisten etwa mithilfe von Samenbomben öde Straßenränder oder Baumscheiben in Wildblumenbeete und Rabatten verwandelten, deren Pflege die Anwohner anschließend häufig übernahmen. Doch aufgepasst: Eine solche Aufwertung vernachlässigter Flächen in der Umgebung ist eigentlich verboten. Der Grundstückseigentümer kann von den Aktivisten fordern, dass sie die Pflanzen beseitigen, da es sich um eine Sachbeschädigung handelt. Wenn Bürger bei solchen Guerilla-Aktionen umsichtig vorgehen, stoßen sie bei den Eigentümern – meist sind das die Kommunen – jedoch eher auf positive Resonanz. Wichtig ist beispielsweise, dass Stadtgärtner nur heimische Pflanzen verwenden, dass sie ausschließlich brachliegende Flächen nutzen und dass die Pflanzen den Verkehr nicht behindern.
Engagierte Bürger, die ihre städtischen Begrünungsprojekte längerfristig planen, wählen eine Rechtsform – meist einen Verein. Dabei sollten unbedingt Absprachen mit der Stadtverwaltung getroffen werden. Denn deren Intention ist es ebenfalls, die Stadt lebenswerter zu gestalten. Meist fehlt es dazu an Personal, wohingegen diese mit engagierten Freiwilligen ausgefüllt werden können. Teilweise geben auch Privatpersonen und Firmen geeignete Flächen für Urban-Gardening-Projekte frei.
Kommunale Angebote zum Mitgärtnern
Mittlerweile initiieren sogar viele Kommunen selbst Angebote zum Mitgärtnern für die Bevölkerung, indem sie geeignete Flächen zur Verfügung stellen und aktiv dafür werben – Urban Gardening funktioniert dann nach dem Prinzip „top down“. Solche kommunalen Angebote haben auch wirtschaftliche Vorteile: Wenn Bürger beispielsweise Blühstreifen entlang der Gehwege und Straßen vor ihrem Haus pflegen, entlasten sie damit den Bauhof und helfen den Kommunen beim Sparen.
Auch wenn die Motivation zu Beginn hoch ist und viele Interessierte so schnell wie möglich loslegen möchten, geht es nicht ohne Vorbereitung. Denn um langfristig Freude am neuen Hobby zu haben, sind gartenbauliche Grundkenntnisse unverzichtbar. Nur so können sich engagierte ‚Stadtgärtner‘ dauerhaft über kräftig wachsende Pflanzen, prächtige Blüten und üppige Ernten freuen. Der Tatendrang motivierter Bürger, ergänzt durch das Wissen erfahrener Vereinsmitglieder, ist die beste Voraussetzung für die Durchführung ambitionierter Urban-Gardening-Projekte.