Für die Massenproduktion sind alte Obst- und Gemüsesorten meist nicht geeignet. Entweder ist die Schale zu hart und die Formen sprechen uns Verbraucher nicht an. Doch immer wieder gibt es Hobby-Gärtner, die solche Produkte in ihrem Garten anbauen, hat luckx – das magazin recherchiert.
Abwechslung
Wahrscheinlich ist es angenehmer, einen Apfel mit dünner Schale zu verzehren. Außerdem sehen heutige Sorten schöner im Karton aus und werden gern gekauft. Doch mehr Abwechslung auf dem Teller, die Erhaltung der Sortenvielfalt, der Wunsch nach regionalspezifischem Obst und Gemüse erfreuen immer mehr Mitmenschen. Da muss man nicht zur Ökofraktion gehören. Alte Sorten erleben in letzter Zeit einen regelrechten Hype. Auch bei Hobbygärtnern stoßen Früchte wie „Schöner von Nordhausen“ oder „Wangenheims Frühzwetschge“ auf großes Interesse. Doch sind die alten Sorten überhaupt für den Anbau im privaten Obst- und Gemüsegarten geeignet?
Alte Sorten
Eine rechtliche Definition, was als alte Sorte gilt, existiert nicht. Jedenfalls gehören dazu im Allgemeinen Nutzpflanzen, die teils über Jahrhunderte vermehrt und kultiviert wurden, im modernen Erwerbsanbau aber keine Rolle mehr spielen. Viele der alten Sorten sind inzwischen unwiederbringlich verloren. Unzuverlässige Erträge, für den gewerblichen Anbau ungeeignete Wuchsformen, schlechte Transport- und Lagerfähigkeit sowie die von Verbrauchern gewünschte, aber nicht vorhandene Uniformität bei Äpfeln, Birnen und Co. machen alte Sorten untauglich für den Einsatz im Erwerbsanbau – und damit finden sie auch nicht ihren Weg in die Supermarktregale. Unser Verbraucherverhalten spielt eine wichtige Rolle: Anstatt andere Geschmäcker kennenzulernen, halten wir es für wichtiger, dass der Apfel immer gleich aussieht, dieselbe Größe und denselben Geschmack hat und er nicht die kleinste braune Stelle aufweist.
Neue Sorten
Was Verbraucher heute in den Supermarktregalen finden, sind meist nur wenige „Profi“-Sorten, die speziell für den großflächigen „industriellen“ Erwerbsanbau gezüchtet werden – und auf Zuchtziele wie einen gleichmäßigen hohen Ertrag, gute Lagerfähigkeit und Robustheit in der Handhabung getrimmt sind. Obwohl es weltweit geschätzt mehr als 20.000 Apfelsorten gibt und alleine in Bayern laut einer Umfrage unter den Kreisfachberatungen für Gartenkultur und Landespflege über 600 Sorten vorkommen, werden in Deutschland höchstens 20 bis 30 in wirtschaftlich bedeutenden Mengen erzeugt. Die tatsächliche Sortenvielfalt im Supermarkt lässt sich häufig an einer Hand abzählen. Um alte Sorten zu probieren, suchen Verbraucher sie auf Streuobstwiesen und dort, wo Kleinbauern sie zum Verkauf anbieten, zum Beispiel in Hofläden oder auf regionalen Wochenmärkten.
Bedeutung der alten Sorten
Alten Sorten werden oft echte Wunderdinge nachgesagt – die jedoch nicht immer stimmen: So ist beispielsweise die Behauptung, Äpfel alter Sorten seien für Allergiker weitaus besser geeignet, ein weitverbreiteter Irrglaube. Doch mit aktuellen Untersuchungen konnte das nicht nachgewiesen werden. Es gibt sowohl alte als auch neue Sorten, die besonders gut – oder schlecht – verträglich sind. Das Alter einer Apfelsorte per se hat keinen Einfluss auf das allergene Potenzial der Frucht. Dieses muss für jede Sorte individuell geprüft werden. Alte Sorten sind aber eine wichtige Genressource: Ihr Genpool enthält einzigartige Eigenschaften, die als Basis für neue Züchtungen dienen können, etwa für neue, an bestimmte Klimabedingungen angepasste Sorten. Eine große Vielfalt an alten Sorten könnte sich in Zukunft daher noch als sehr nützlich erweisen.
Alte Sorten im Hobbygarten
Dank Saatguthändlern, die sich auf alte Sorten spezialisiert haben, können Hobbygärtner aus einer großen Vielfalt alter Sorten wählen. Doch vorher sollte unbedingt eine Anbauplanung erstellt werden. Darauf sollte festgelegt werden, welche Merkmale eine Sorte aufweisen muss, um Ansprüche an die Standortfaktoren Klima und Boden sowie die Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und Schädlinge zu erfüllen. Denn wenn die Pflanze zu den Standortgegebenheiten passt, sind weniger eingreifende Kultur- und Pflegemaßnahmen nötig. So beginnt für den Freizeitgärtner der Pflanzenschutz bei der Sortenwahl. Viele alte Sorten sind aber stark anfällig für Krankheiten wie Feuerbrand, Schorf und Mehltau. Es besteht also ein erhöhtes Risiko von Ernteeinbußen und sogar Totalausfällen. Auch die meisten Profi-Sorten haben im Freizeitgarten übrigens nichts verloren: Denn diese Züchtungen benötigen meist einen intensiven chemischen Pflanzenschutz mit nur im Erwerbsanbau, nicht aber im Haus- und Kleingarten zugelassenen Pflanzenschutzmitteln.