Die Landwirtschaft ist eher traditionell verankert nach der Devise: Was der Bauer nicht kennt . . . Doch immer mehr Landwirte erkennen die Zeichen der Zeit und besonders der Arbeitserleichterung und digitalisieren nach und nach ihren Betrieb, wie luckx – das magazin im Vorfeld der Agritechnica erfuhr.
Anwendung in der Praxis
Zahlreiche Landwirte und Landwirtinnen nutzen schon digitale Technologien und Anwendungen. Sie sollen helfen, ihnen die Arbeit zu erleichtern, Produktivität und Rentabilität zu steigern, den Ressourcenverbrauch zu minimieren und dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken. Das Potenzial der Digitalisierung ist in der Landwirtschaft bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Große Erwartungen werden unter anderem in die Künstliche Intelligenz (KI) gesetzt. Um den Überblick über aktuelle Lösungen zu behalten bzw. zu bekommen, setzt die Messe Agritechnica auf Information und Anwendungsbeispiele. Denn die Digitalisierung hat in den letzten Jahren nahezu alle Bereiche des Lebens durchdrungen und verändert – auch die Landwirtschaft bleibt davon nicht unberührt. So werden im Smart Farming spezielle Maschinen und Geräte unter Zuhilfenahme digitaler Technologien eingesetzt, um die Landwirtschaft zu optimieren und nachhaltiger zu gestalten.
Offen für neue Technologien
Leitthema der diesjährigen Agritechnica ist „Touch Smart Efficiency“. Ist dies heute noch ein Zielbild oder bedient sich die Landwirtschaft schon „smarter Effizienz“, die Digitalisierung in vielen Bereichen bietet? Hier gilt: Sowohl als auch. Landwirte in Deutschland zeigen sich grundsätzlich sehr offen für neue Technologien. So sieht es jedenfalls der Dachverband DLG und belegt dies mit jüngere Umfragen: die Studie „So digital ist die Landwirtschaft“ von Bitkom und der DLG sowie die Studie „Landwirtschaft im Wandel“ von Continental und dem Marktforschungsinstitut Innofact.
Laut der Bitkom-/DLG-Studie erkennt die Mehrheit der Landwirte die Vorteile der Digitalisierung. Gut vier Fünftel der Befragten sehen sie als Chance für ihren Betrieb und bereits 90 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland nutzen mindestens eine digitale Technologie. Die digitalen Technologien sollen ihnen helfen, Dünger, Pflanzenschutzmittel und andere Ressourcen einzusparen, langfristig Kosten zu senken, die Qualität landwirtschaftlicher Produkte zu verbessern, eine umweltschonendere landwirtschaftliche Produktion zu ermöglichen und sie bei der Büroarbeit zu entlasten.
Bisher einfache Anwendungen
Die repräsentative Befragung unter 500 landwirtschaftlichen Betrieben aus dem Jahr 2024 zeigt auch, dass sich fast die Hälfte der Höfe in Deutschland mit Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz (KI) beschäftigt. Das größte Potenzial für einen KI-Einsatz in der Landwirtschaft sehen die Befragten in Vorhersagen, dem Pflanzenschutz und in der Büroarbeit. Erste Berührungspunkte mit KI gibt es in der Landwirtschaft schon seit Jahren. Welcher Landwirt hat nicht ein Smartphone ohne Wetter-App? Immer mehr dieser Apps sind KI-gestützt, um noch präzisere Vorhersagen zu ermöglichen. Technikaffine haben bereits begonnen, selbst Apps – also Anwendungen – zu erstellen, mit oder ohne Zuhilfenahme von KI-Tools. Praxisbeispiele sind ein Lagerbuch zur Erfassung der Warenein- und -ausgänge, eine Zeiterfassungs-App für die Arbeitsorganisation oder ein Planungstool für die Bewirtschaftung der Flächen. Hinzu kommen jede Menge kommerzieller Anwendungen wie digitale Gelbschalen, smarte Getreidelager bis hin zu Prognosemodellen für den Pflanzenschutz. Für etliche Betriebe ist das papierlose Büro keine Fiktion mehr, sondern heute schon Realität, indem sie sich Künstliche Intelligenz zunutze machen, um die Effizienz von Arbeitsabläufen zu steigern.
Zukunftswerkzeug
Auch das KI-Sprachmodell ChatGPT wird auf Betrieben schon als Werkzeug genutzt – als emsige Bürohilfe beim Strukturieren und Formulieren ebenso wie als Ratgeber bei technischen Fragen, der mitunter den Einsatz eines Technikers ersetzen kann. Um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen, sollten die Fragen an ChatGPT präzise und ausführlich formuliert werden. Gleichwohl: So leistungsfähig ChatGPT mittlerweile ist, liefert der KI-Chatbot nicht immer richtigen Antworten. Blindes Vertrauen birgt hier auch Gefahren. Der gesunde Menschenverstand sollte daher nicht ausgeschaltet werden. Insbesondere deshalb ist digitale Weiterbildung sinnvoll.
Es gibt heute eine Menge funktionierender digitaler Werkzeuge – mit und ohne KI. Sie ersetzen den Landwirt nicht, können ihn aber unterstützen und entlasten. Auf vielen Betrieben fehlt es jedoch noch an Wissen, welche Lösungen sinnvoll sind und wo die Grenzen liegen. So zeigt die Continental-Studie auch, dass sich bereits eine digitale Kluft in der Landwirtschaft auftut. In vielen, insbesondere kleineren Betrieben spielen digitale Technologien noch keine Rolle. Die Bitkom-/DLG-Studie belegt ebenfalls, dass größere Betriebe verstärkt KI nutzen. Dies verdeutlicht, dass die Größe des Betriebes einen wesentlichen Einfluss auf den Einsatz digitaler Technologien hat. Diese digitale Kluft könnte sich in den kommenden Jahren noch vergrößern. Der digitalen Weiterbildung kommt aus diesem Grund eine große Bedeutung zu – um Bedenken zu zerstreuen, Lust auf die Anwendungen zu machen, aber auch um das Bewusstsein zu schärfen, nicht blind darauf zu vertrauen.