Es beginnt meist unbemerkt und wird auf fehlende körperliche Betätigung oder das Alter geschoben: Herzerkrankungen. Der Blutdruck steigt unbemerkt, Atemnot, Brustenge oder Brustschmerzen werden bei körperlicher Anstrengung wahrgenommen. Was zu beachten ist, hat luckx – das magazin recherchiert.
Herzerkrankung als Volkskrankheit
Es sind die beschriebenen typischen Symptome, die sich bei einer koronaren Herzkrankheit (KHK) bemerkbar machen. Doch die betroffenen merken es erst nach vielen Jahren, wenn unbemerkt eine Schädigung der Herzkranzgefäße begonnen hat. Rund 4,7 Millionen Betroffene in Deutschland haben die Diagnose KHK, die damit eine Volkskrankheit ist. Oft bedeutet die Erkrankung einen harten Einschnitt in das Leben der Patienten und Patientinnen – insbesondere, wenn die nicht heilbare KHK ein akutes Koronarsyndrom (ACS) verursacht. Ein ACS ist die Konsequenz aus einem plötzlichen Verschluss einer Koronararterie, etwa ein Herzinfarkt oder seine Vorstufe, die instabile Angina pectoris (anhaltende oder sich verschlechternde Brustenge). KHK und Herzinfarkt sind mit 538.675 Krankenhausaufnahmen im Jahr 2023 (2022: 538.277) der häufigste Anlass für eine Krankenhausbehandlung in Deutschland (darunter Herzinfarkt: 185.804). Zugleich ist die zugrundeliegende KHK die häufigste Todesursache und außerdem Hauptursache für Herzinsuffizienz (Herzschwäche) und für den plötzlichen Herztod. Allein an einem plötzlichen Herztod sterben jedes Jahr über 65.000 Menschen in Deutschland.
Von koronarer Herzkrankheit spricht man, wenn es in den Herzkranzgefäßen (Koronararterien) zu Ablagerungen aus Kalk, entzündlichen Zellen, Bindegewebe und Cholesterin, den sogenannten Plaques, kommt und diese Gefäße zunehmend verengen (Atherosklerose: „Gefäßverkalkung“). Die KHK ist Grunderkrankung und Vorstufe des Herzinfarkts und entsteht neben genetischen Faktoren vor allem durch die genannten Risikofaktoren Rauchen, Fettstoffwechselstörungen (hohes LDL-Cholesterin), Diabetes mellitus, Bluthochdruck sowie Adipositas (Fettleibigkeit), Übergewicht, Bewegungsmangel und Stress.
Trotz allem: Es gibt positive Tendenzen
Das Positive: Seit 2019 ist die Zahl der jährlichen Krankenhausaufnahmen wegen KHK deutlich gesunken – von 699 auf 574 pro 100.000 Einwohner (EW) im Jahr 2023. Die Sterberate hingegen stieg zunächst leicht an: von 132 Todesfällen pro 100.000 EW im Jahr 2019 auf 133,3 im Jahr 2022. Erst 2023 ging sie wieder zurück – auf 125,3 Todesfälle pro 100.000 EW. Das ist der niedrigste Wert seit dem Jahr 2000. Ähnlich verhält sich diese Entwicklung beim Herzinfarkt. Bei Betrachten der KHK-Sterberate über einen längeren Zeitraum von 2000 bis 2023 fällt auf, dass diese zwar tendenziell rückläufig ist, allerdings stagniert der Rückgang auf niedrigerem Niveau (2000: 268,8; 2011: 169,6; 2023: 133,3 Gestorbene pro 100.000 EW). Das bedeutet nun aber nicht, dass wir uns entspannt zurücklehnen können.
„Die Zahl der Gestorbenen und der Klinikeinweisungen infolge von KHK und Herzinfarkt ist seit 2000 zwar drastisch gesunken. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zahlen absolut betrachtet viel zu hoch sind. Ein Blick ins umliegende Ausland zeigt, dass wir uns in Deutschland noch deutlich verbessern können und müssen. Eine Entwarnung kann daher nicht gegeben werden. Wir müssen vielmehr gemeinsam anstreben, die Krankheitslast dieser bedrohlichen chronischen Herzkrankheit zu verringern“, betont Prof. Dr. Heribert Schunkert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, bei der Vorstellung des aktuellen Deutschen Herzberichts – Update 2025 in Berlin. Die Vorstellung erfolgt gemeinsam mit den wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK), für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG), für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR) sowie für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK).
Mehr Früherkennung, bessere Diagnose
„Die bisherigen Erfolge beim Senken der KHK- und Herzinfarkt-Todesrate in den vergangenen Jahren gehen auf mehrere Faktoren zurück: auf Verbesserungen in der Früherkennung durch Diagnose-Verfahren wie Herz-Ultraschall, Koronar-CT und -Angiographie und zudem auf Verbesserungen in der kathetergestützten und chirurgischen Akuttherapie des Herzinfarkts. Und auch die Zeit bis zur Krankenhauseinweisung ist kürzer geworden“, erklärt der Münchener Kardiologe Prof. Schunkert. „Weitere Gründe sind eine verbesserte Prävention von Risikofaktoren in der Bevölkerung, allen voran des Rauchens, sowie die medikamentöse Behandlung der KHK-Risikokrankheiten Bluthochdruck, hohes LDL-Cholesterin und Diabetes mellitus.“
Prof. Schunkert sieht auch die politisch Verantwortlichen im Gesundheitswesen in der Pflicht, der KHK und ihren Folgen noch besser vorzubeugen. „Zum Beispiel könnte ein standardisiertes Vorsorgeprogramm in Gestalt eines Herz-Kreislauf-Gesundheitschecks dazu beitragen, Risikokrankheiten frühzeitig zu erkennen und eine Therapie zu beginnen. Insbesondere bei der Behandlung des schädlichen LDL-Cholesterins müssen wir in Deutschland deutlich besser werden“, so Schunkert weiter. Staatliche Hebel wie eine Erhöhung der Tabaksteuer zur Eindämmung der Raucherzahlen seien ebenfalls überfällig.