Unser Körper ist schon ein superfunktionierendes Gebilde. Die meisten Prozesse in ihm laufen automatisch ab. Gesteuert wird das Ganze durch unsere Entscheidungen, die dann an die bestimmten Organe weitergegeben werden. Doch manchmal läuft der Körper „unrund“, wie luckx – das magazin recherchierte.
Stoffwechsel
Durch Ernährung und Bewegung – oder nicht Bewegung – existiert unser Körper. Ganz besonders wichtig sind Wasser und Nahrungsaufnahme. Damit wird sozusagen Energie der „Maschine“ Körper zugeführt. Je nachdem, wie wir uns ernähren und bewegen, funktioniert der Körper einwandfrei. Doch manchmal stottert die „Maschine“ und muss neu kalibriert werden. Eine wesentliche Funktion ist der Stoffwechsel. Insbesondere kommt dem Fettstoffwechsel eine besondere Bedeutung zu. Unter Fettstoffwechsel (oder Lipidstoffwechsel) wird zum einen die Zerlegung von Nahrungsfetten im Verdauungstrakt mitsamt dem Transport zu den Körperzellen sowie zum anderen die Verwertung von Fetten im Stoffwechsel der Körperzellen selbst verstanden. Bei der Verwertung von Fetten und seinen Bestandteilen steht zumeist der Abbau zum Zwecke der Energiegewinnung in Vordergrund. Daneben ist aber auch der Um- und Aufbau von Fettbestandteilen zu Vitaminen, zu Bausteinen der Zellmembranen, zu Hormonen und weiteren Stoffen bedeutsam.
Fettstoffwechselstörungen
Bei einer Störung im System, einer sogenannten Hypercholesterinämie (hyper = über) befindet sich zu viel Cholesterin im Blut. Das betrifft vor allem ältere Menschen, denn der Gesamtcholesterinspiegel steigt parallel zum Alter deutlich an. Das meiste Cholesterin stellt der Körper selbst her. Nur einen kleinen Teil nehmen wir über die Nahrung auf. Aber auch in jungen Jahren können Störungen auftreten. Dann ist besondere Aufmerksamkeit erforderlich. Aktuell vorliegende Daten zeigen, dass es grundsätzlich sinnvoll ist, Kinder und Jugendliche mit familiärer Hypercholesterinämie und hohem Risiko für frühzeitige Herzinfarkte und Schlaganfälle zu identifizieren. Denn eine rechtzeitige Behandlung mit lipidsenkenden Statinen verringert das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in dieser besonders gefährdeten Gruppe. Daher empfiehlt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), über die Einführung eines Kaskadenscreenings zu beraten. Ein solches Kaskadenscreening geht von Familienmitgliedern (insbesondere Eltern) aus, bei denen nach einem kardiovaskulären Ereignis oder im Rahmen von Gesundheitsuntersuchungen eine familiäre Hypercholesterinämie diagnostiziert wurde. So ist die familiäre Hypercholesterinämie eine erblich bedingte, angeborene Fettstoffwechselstörung. Die betroffenen Personen haben bereits in der Kindheit erhöhte LDL-Cholesterin-Konzentrationen im Blut. Menschen mit einer familiären Hypercholesterinämie haben ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle, teilweise schon im jungen Erwachsenenalter.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Um das Risiko von kardiovaskulären Ereignissen zu verringern bzw. hinauszuzögern, können Kinder und Jugendliche mit bekannter familiärer Hypercholesterinämie bereits frühzeitig mit Statinen, also mit lipidsenkenden Medikamenten, behandelt werden. Ein einheitliches Vorgehen zur Identifikation betroffener Kinder und Jugendlicher existiert in Deutschland aktuell nicht. Gesetzlich Krankenversicherte haben zwar ab 18 Jahren bei entsprechendem Risikoprofil, zum Beispiel einer positiven Familienanamnese, Anspruch auf ein Lipidprofil inklusive Bestimmung des LDL-Cholesterins. Derzeit wird jedoch die Einführung eines Screenings mittels einer Laboruntersuchung des Cholesterins bereits in jüngeren Jahren diskutiert, und zwar generell, also bei allen Kindern und Jugendlichen.
Ziel eines generellen Screenings auf familiäre Hypercholesterinämie ist die frühere Identifikation und dann auch Behandlung von betroffenen Kindern. Das IQWiG hat bei seiner weltweiten Recherche keine Studien gefunden, die ein solches Screening mit anschließender Behandlung bei allen Kindern und Jugendlichen untersuchten. Daher hat es nach Studien zur Vorverlagerung einer lipidsenkenden Therapie gesucht. Zu der Frage, welchen Effekt eine frühe Gabe von Statinen tatsächlich hat, liegt die Studie einer niederländischen Arbeitsgruppe um Ilse Luirink vor.
Erbliche Fettstoffwechselstörung
In der 2019 veröffentlichten Luirink-Studie erhielten 214 Personen mit familiärer Hypercholesterinämie bereits ab durchschnittlich 14 Jahren Statine. 20 Jahre später war nur bei einer Person dieser Gruppe ein kardiovaskuläres Ereignis aufgetreten. Anders die Situation bei den Eltern dieser früh behandelten Kinder, bei denen zuvor ebenfalls eine familiäre Hypercholesterinämie diagnostiziert worden war: In dieser zeitlich versetzten Kontrollgruppe hatte etwa ein Viertel bis Ende 30 bereits einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erlitten. Die 156 Mütter und Väter konnten vor ihrem 35. Lebensjahr keine Statine erhalten haben, weil diese erst seit 1988 verfügbar sind. „Bemerkenswert ist, dass die Kinder trotz Statin-Behandlung nicht die in manchen Leitlinien empfohlenen LDL-Cholesterin-Zielwerte erreichten – und dennoch ohne kardiovaskuläres Ereignis blieben“, sagt Stefan Sauerland, Leiter des IQWiG Ressorts Nichtmedikamentöse Verfahren. „Somit stützen die Ergebnisse der Luirink-Studie für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen nicht den Je-niedriger-desto-besser-Ansatz, der teilweise propagiert wird, sondern legen nahe, dass eine feste mittlere Dosis eines Statins als Standardtherapie für die kardiovaskuläre Protektion ausreicht.“ Allerdings sei zu bedenken, dass sich die Ergebnisse der Luirink-Studie nicht ohne zusätzliche Evidenz auf die Gesamtheit aller Kinder und Jugendlichen mit familiärer Hypercholesterinämie übertragen lassen, betont Sauerland und verweist darauf, dass die Probandinnen und Probanden eine selektierte Gruppe seien: „Es handelt sich um Kinder, die über ein Kaskadenscreening identifiziert wurden und von deren Eltern bereits ein erheblicher Teil kardiovaskuläres Ereignis hatte.“