Aktuell wird auf dem Hannoveraner Messegelände die Messe EuroTier veranstaltet. Mit der Fachmesse Inhouse Farming sioll ein besonderer Zweck der Landwirtschaft gezeigt werden. Was es damit aufsich hat, versuchte luckx – das magazin vor ort herauszufinden.
Der Name ist Programm
Wie der Name Inhouse Farming schon andeutet, geht es um die Pflanzenproduktion innerhalb eines Gebäudes. Hintergrund ist, dass die Lebensmittelversorgung von mehr als 8 Milliarden Menschen auf der Erde in Zukunft gesichert werden muss. So wie heute diskutiert wurde, ist es möglich. Die Herausforderung ist, dass aufgrund des Klimawandels mit kein oder viel Regen, höheren Temperaturen und weiteren klimabeeinflussenden Faktoren wird die Lebensmittelproduktion immer schwieriger wird. So wird versucht, auf unterschiedlichen Ebenen – vertikal – in einem Gebäude Früchte anzubauen. Bisher wurde Indoor Vertical Farming hauptsächlich für den Anbau von Salaten und Kräutern, sogenannter Microgreens, genutzt. Nun soll das Spektrum erweitert werden. Zahlreiche Aktivitäten konzentrieren sich darauf, die Umweltbedingungen präzise zu steuern, um den Ertrag und insbesondere die Pflanzenqualität zu steigern und gleichzeitig den Energieverbrauch zu minimieren. Im Fokus des im August gestarteten Projekts „inBerry“ des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) steht etwa eine ganzjährige Produktionsmethode für Sonderkulturen, wie Erdbeeren, Himbeeren und Heidelbeeren, die „durch den Einsatz optischer Sensortechnologien für die Qualitätsbestimmung noch einmal auf ein höheres Level gehoben wird“, erklärt, Dipl.-Ing. Volkmar Keuter, Abteilungsleiter Umwelt und Ressourcennutzung. Das Vorhaben ist auf mehrere Jahre angelegt und beinhaltet neben der datengetriebenen Erdbeerkultivierung die Entwicklung neuer Kultivierungssysteme für weitere Früchte. Das Beispiel zeigt: Fortschritte in der Sensortechnologie gepaart mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz ermöglichen eine präzise Analyse und Anpassung der Bedingungen, um das Wohlbefinden der Pflanzen zu gewährleisten.
Fischzucht im Kreislaufsystem
Die Fischzucht hat sich zu einer der Hauptstützen der globalen Lebensmittelversorgung entwickelt. Mittlerweile stammt jeder zweite Fisch, der konsumiert wird, aus Aquakulturen. Was braucht der Fisch und was braucht der Züchter? Die Beantwortung dieser Frage steht auf der Tagesordnung. Indoor Fischzuchtanlagen, allen voran Kreislaufanlagen (Recirculating Aquaculture Systems, RAS) gelten als ökologisch verträglicher als traditionelle Netzgehege, da sie eine geringere Auswirkung auf natürliche Gewässer haben. Diese Fischzucht ermöglicht es standortunabhängig, hochwertige Nahrungsmittel in geschlossenen Systemen zu produzieren. Ein Vorteil ist, dass es keinen Futterverlust gibt. Die automatisierte Fütterung führt den Fischen nur die Menge zu, die aufgenommen wird. Ausscheidungen der Tiere werden in mehrstufigen Filteranlagen aus dem Kreislaufwasser gefiltert. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, diese Reststoffe einer Biogasanlage zuzuführen. Die Prozesstechnik des in Hannover präsentierten „Seawater Cube“ basiert auf dieser Kreislauftechnologie und erlaubt die Kopplung mit einer Biogas-Fermentation. Das Prinzip: Das Abwasser aus dem Cube, ein wässriger Schlamm, wird in die Gülle eingeleitet und diese dann in die Biogasanlage eingespeist. Die organischen Substanzen der Fische werden so in einen erneuerbaren Energieträger überführt.
Auch Meeresfischzucht möglich
Meeresfischzucht direkt auf dem Hof: In Sendenhorst rund 20 Kilometer südöstlich von Münster sind Louise und Carl Niehues von dieser Idee überzeugt und im vergangenen Jahr in die Wolfsbarsch-Zucht eingestiegen. „Unser Ziel ist, ein nachhaltiges und gesundes Lebensmittel möglichst nah am Verbraucher zu erzeugen“, sagt Carl Niehues. Inzwischen schwimmen in den fünf Containern seiner Seawater Cube-Anlage rund 12.000 Wolfsbarsche. Die Anlage ist dank Condition Monitoring-Plattform vollautomatisiert und benötigt nur eine geringe Stellfläche, was sie ideal für landwirtschaftliche Betriebe macht, die ihre Aktivitäten mit überschaubarem Ressourceneinsatz erweitern wollen. Für Prof. Dr. Nils Borchard verdeutlicht das Beispiel, dass die Proteinwende Hand in Hand mit der Entwicklung der regenerativen Landwirtschaft gehen muss, denn: „Alternative Proteine sind kein Ersatz, sondern stellen eine Erweiterung des Angebotes dar. Der Landwirtschaft kommt dabei als Lieferant der benötigten Grundstoffe eine neue, wichtige Rolle zu.“