Toleranz

Auch die Jugend ist nicht frei von Sorgen um ihre Zukunft. Doch trotz aller Sorgen und Krisen zum Trotz blickt sie gesellschaftlich und persönlich optimistisch nach vorn. Zukunftsvertrauen und der positive Blick auf die Möglichkeiten, die ihnen durch Staat und Gesellschaft geboten werden. Luckx – das magazin setzt den ersten Teil fort.

Mehr Sicherheit

Die Ko-Autorin der Studie, Prof. Dr. Gudrun Quenzel meint: „Der Zusammenhang zu den Erfolgen im Bildungssystem liegt auf der Hand.“ Die Schülerinnen und Schüler werden von Generation zu Generation sicherer, die von ihnen angestrebten Abschlüsse zu erreichen. Des Weiteren zeichnet die Jugendlichen in Deutschland ganz überwiegend Toleranz gegenüber anderen Lebensformen und sozialen Gruppen aus. Die abgefragte Toleranz gegenüber verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen bzw. Minderheiten zeigt Toleranzquoten von 80 bis 95 %. Ablehnungswerte liegen unter 20 %; etwa gegenüber syrischen (18 %), türkischen (14 %) oder homosexuellen (14 %) Nachbarn.

Die Shell Jugendstudie wird seit 1953 durchgeführt. Sie widmet sich in diesem Jahr den Lebenswelten von 12- bis 25-Jährigen – angefangen von Familie und Freizeit über Bildungswelten und Berufswünschen bis hin zu Werten und politischen Einstellungen. Erstmals dabei auch Abschnitte etwa zu sexuellen Identitäten und zur Frage des Genderns. Befragt wurden 2.509 junge Menschen der Jahrgänge 1998 bis 2012; Geschlechter, Jahrgänge, Migrationshintergründe, soziale Herkunft, Bildungsstand und weiteres wurden repräsentativ berücksichtigt. Die Studie wurde erstellt vom Autorenteam um Prof. Dr. Mathias Albert (Universität Bielefeld), Prof. Dr. Gudrun Quenzel (Universität PH Vorarlberg), Prof. Dr. Frederick de Moll (Universität Bielefeld) und dem demoskopischen Institut Verian. Die Shell Jugendstudie wird seit mehr als 70 Jahren durch das Energieunternehmen Shell ermöglicht. Felix Faber, Vorsitzender der Geschäftsführung der Shell in Deutschland: „Wir finanzieren diese wissenschaftliche Studie, nehmen aber keinen Einfluss auf Inhalte und Ergebnisse. Für uns ist das schlicht ein Zeichen gesellschaftlichen Engagements.“

Weitere Einzelergebnisse der Shell Jugendstudie 2024

50 % der jungen Menschen bezeichnen sich aktuell als politisch interessiert. Noch 2002 sagten dies nur 34 %. Im Durchschnitt stufen sich Jugendliche mit einem Mittelwert von 5.3 auf einer Skala von 1-11 (1 = Links bis 11 = Rechts. Skalenmittelpunkt = 6) als leicht links ein. Damit ist die Selbstpositionierung insgesamt stabil (2019: 5.1).

Seit 2019 ist vor allem der Anteil männlicher Jugendlicher, die sich als eher rechts bezeichnen, angestiegen, jeder vierte ordnet sich als eher rechts oder rechts ein, 2019 weniger als jeder fünfte. Bei den weiblichen Jugendlichen bezeichnen sich 11 % als eher rechts oder rechts. Hier ist kein Anstieg zu verzeichnen.

Junge Leute zeigen ein grundsätzlich hohes Staatsvertrauen. 75 % sind mit der Demokratie eher oder sogar sehr zufrieden.

Während die Demokratiezufriedenheit bei Jugendlichen im Westen mit 77 % stabil ist, geht sie bei den Jugendlichen im Osten derzeit etwas zurück (aktuell 60 %).

Generelle Haltung zu Staat und Gesellschaft: 38 % der Jugendlichen bilden den modernisierungsorientierten Mainstream, 15 % gehören zu den Progressiven, 18 % zu den Verunsicherten, 17 % zu den vorrangig Selbstbezogenen und 12 % zu den durchgängig Verdrossenen.

Nur noch die Hälfte der Jugendlichen gehört einer der beiden großen christlichen Kirchen an. Auch im Alltag verliert der Glaube an Bedeutung. Von allen 12- bis 25-Jährigen beten 18 % mindestens einmal in der Woche, 31 % seltener. 49 % beten laut eigener Aussage nie – letzteres sagten im Jahr 2002 nur 29 %.

Jeweils sehr deutlich über 90 % der Mädchen und Jungen nennen als wichtigste Lebensziele „Gute Freunde haben, die einen anerkennen und akzeptieren“, „Einen Partner haben, dem man vertrauen kann“ oder „Ein gutes Familienleben führen“. Daran hat sich in den letzten 30 Jahren nichts geändert.

Mehr als 40 % lehnen Gendern ab, gut 20 % sind dafür, mehr als jeder Dritte sagt: „Ist mir egal“. Junge Frauen vertreten häufiger postmaterialistische Werte als junge Männer, etwa bei Feminismus oder Gendern. Ein großer Teil, männlich wie auch weiblich, hält die sogenannten woken Themen nicht für dringlich.

7 % der jungen Männer und 18 % der Frauen beschreiben sich als nicht ausschließlich heterosexuell, verorten sich aber nur jeweils zu 1 % als ausschließlich homosexuell. Entsprechend groß ist der Anteil derer, die sich zwischen den beiden Polen einordnen: Sexuelle Orientierung scheint – besonders bei jungen Frauen – zunehmend als Kontinuum verstanden zu werden.

Junge Männer wünschen sich zunehmend, in Teilzeit arbeiten zu können, wenn sie Kinder haben: Eine 30-Stunden-Woche eines Vaters finden viele attraktiver als eine Vollzeitstelle – darin sind sich junge Männer (42 %) und Frauen (41 %) einig.

Auch wenn Jugendliche viel Zeit digital verbringen, trauen sie den Online-Kanälen nicht durchweg. Junge Menschen halten Informationen in den klassischen Medien wie ARD- oder ZDF-Fernsehnachrichten (83 %) und überregionale Zeitungen (80 %) überwiegend für (sehr) vertrauenswürdig. Deutlich geringer fällt das Vertrauen in Online-Informationskanäle aus, die allerdings durchaus zugelegt haben.

Ein knappes Drittel fühlt sich beim Thema Künstliche Intelligenz (KI) überfordert. 90 % der Jugendlichen finden es (sehr) wichtig, dass der Umgang mit digitalen Medien und das Erkennen von Fakenews in der Schule verpflichtend unterrichtet wird. 60 % wünschen sich, dass der Umgang mit KI in der Schule unterrichtet wird.

Soziale Herkunft entscheidet nach wie vor über Bildungsgänge: Nur 27 % der Jugendlichen, deren Eltern (höchstens) einen einfachen Schulabschluss haben, erreichen oder streben das Abitur an. Hat mindestens ein Elternteil Abitur, sind es 80 %.

Trotz hoher Zuversicht, einen Arbeitsplatz zu finden, dominiert das Bedürfnis nach Sicherheit: Für 91% der Jugendlichen ist ein sicherer Arbeitsplatz (sehr) wichtig.

Im Vergleich zu 2019 haben bei Jugendlichen vor allem ein hohes Einkommen (83 % zu 76 %) und gute Aufstiegsmöglichkeiten (80 % zu 74 %) an Bedeutung gewonnen; genügend Freizeit leicht (85 % zu 82 %) an Bedeutung verloren.