Die meisten Heizungen in Deutschland nutzen als Brennstoff Öl oder Gas. Dazu gesellen sich noch feste Brennstoffe wie Holz und Kohle. Exoten sind weiterhin Solarkollektoren, mit denen die Wärme im Haus erzeugt wird. Wenn die Kollektoren an Wand und Dach montiert wurden, wird entweder Strom produziert oder die Heizungsanlage unterstützt. Jetzt wurde ein Pilotprojekt vorgestellt, bei dem eine Brennstoffzellen-Heizung Strom und Wärme erzeugt.
Erste Zwischenbilanz
Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte Wohnstadt (NHW) und der Heizungsbauer Viessmann testen gemeinsam nachhaltige effiziente Heizsysteme für die Wohnungswirtschaft. Auftakt der Kooperation ist ein auf zwei Jahre angelegter Feldversuch mit Brennstoffzellen-Heizgeräten in Kassel. Seit rund drei Monaten läuft das Pilotprojekt in zwei für den Bestand des Wohnungsunternehmens typischen Wohngebäuden mit je zwölf Mietparteien in der Heinrich-Pierson-Straße in Oberzwehren. Hier wurde jeweils ein Prototyp einer speziellen Brennstoffzellen-Heizung installiert, die seither höchst effizient Wärme und Strom produziert.Die Projektpartner zogen eine erste Zwischenbilanz. „Wir arbeiten kontinuierlich an kosten- und energieeffizienten Lösungen, die unseren Mietern und unserer Umwelt zugutekommen“, sagte Jürgen Bluhm, Leiter des Regionalcenters Kassel. „Dieser Feldversuch ist ein weiterer wichtiger Baustein in unserer Nachhaltigkeitsstrategie, mit der wir den Energieverbrauch und den Ausstoß an CO2 in unseren Quartieren senken wollen.“ Als Produkt-Linien-Verantwortlicher bei Viessmann zeigte sich Alexander Dauensteiner ebenfalls sehr zufrieden. „Die Anlagen und das technische Prinzip funktionieren bestens.“
Weniger Energieverbrauch
Die Innovation im Bereich Brennstoffzellenheizung hat sich bereits für Ein- und Zweifamilienhäuser bewährt. Jetzt kommt sie erstmals auch für Mehrfamilienhäuser unter Realbedingungen auf den Prüfstand. Die zwei Brennstoffzellen laufen praktisch rund um die Uhr im Volllastbetrieb. Sie erzeugen Warmwasser und Wärme für Gebäude sowie Strom zur Deckung des eigenen Bedarfs der Mieter. Durch ihren extrem geringen Energieverbrauch überzeugt die Technologie nach dem Funktionsprinzip der Kraft-Wärme-Kopplung darüber hinaus mit geringen Energiekosten. In zehn Wochen produzierte jede der beiden Anlagen etwa 3.000 Kilowattstunden (kWh) Wärme und 2.000 kWh Strom.
Höhere Betriebstemperatur
Die neue Brennstoffzelle ist besonders für Bestandsbauten geeignet. Der Prototyp in Kassel spaltet aus Erdgas, das hauptsächlich aus Methan besteht, den Wasserstoff ab. In der Zelle reagiert Wasserstoff mit Sauerstoff in einer Art umgekehrter Elektrolyse, ähnlich wie in einer Batterie. Bei dieser so genannten kalten Verbrennung entstehen Strom, Abwärme und als Abfallprodukt Wasser. Das Gerät arbeitet mit 800 Grad interner Arbeitstemperatur, Niedertemperaturmodelle hingegen nur mit 70 Grad. „Dadurch können wir jedes geforderte Wärmeniveau bedienen – selbst Systeme älterer Häuser mit hohen Vorlauftemperaturen stellen kein Problem dar“, erläuterte Dauensteiner. Aus den höheren Betriebstemperaturen resultieren zudem bessere Heizleistungen. In Oberzwehren wurden die Brennstoffzellen in die Heizkreisläufe eingekoppelt und speisen über einen Pufferspeicher warmes Wasser in den Massenspeicher. Das Kraftwerk liefert modulierend bis zu 1,9 Kilowatt (kW) Wärmeleistung und 1,5 kW Strom. Den nutzt die NHW vordringlich für den Allgemeinstrom, Überschüsse fließen ins allgemeine Netz. Der bisher verwendete Niedertemperaturkessel ist nur noch für die Spitzenlast zuständig – falls die Mieter sehr viel Wärme anfordern, springt er unterstützend an. Der Vorteil laut Haustechniker Jürgen Schaumburg: „Heizkörper, Anlagen, Ventile, sogar der Warmwasser-Speicher und die alten Kessel können im System bleiben.“ In Kassel läuft das Gerät unter der Prämisse, möglichst viel Strom zu produzieren und den geforderten Wärmekomfort aufrecht zu erhalten. Die Anlage lernt dabei das Kundenverhalten. An einem Sonntag beispielsweise, an dem mehr Menschen zuhause sind, steigt der Wärmebedarf. Der Algorithmus stellt sich auf solche Schwankungen ein und steuert die Anlage entsprechend.
30 Prozent weniger Emissionen
Die Vorteile einer Brennstoffzelle gegenüber einem herkömmlichen Blockheizkraftwerk sind immens. Der Wirkungsgrad liegt deutlich höher, gleichzeitig sind die Emissionen um bis zu 30 Prozent geringer als bei einem Verbrennungsmotor oder einem Brennwert-Heizkessel. Außerdem erreichen Brennstoffzellen mittlerweile Laufzeiten von 80.000 Betriebsstunden und mehr, die Installationskosten dagegen sind gering – etwa so hoch wie bei einer Wärmepumpe. Ein solches Kleinkraftwerk schneidet vor allem bei der Gesamt-Lebenskostenberechnung besonders gut ab. Das liege vor allem daran, so Alexander Dauensteiner, dass sie aus „preiswertem Gas wertvollen Strom“ mache – und dabei gleichzeitig Wärme zur Verfügung stellt.
Doch diese Technik kann nur ein Zwischenschritt zur weiteren Energieeinsparung sein. Denn auch hier wird Erdgas verbrannt und erzeugt schädliches Klimagas. So bleibt zu hoffen, dass die Systempartner aus dem Pilotprojekt neue Erkenntnisse für eine emmisionsneutrale Energieerzeugung finden.