Nachhaltigkeit und Verantwortung

Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Umweltschutz sind Themen, die anscheinend in unserem täglichen Leben verankert sind. Doch wenn es dann zum Schur kommt, dann sieht die Sache schon wieder etwas anders aus. Wie Nachhaltigkeit im Tourismus angekommen ist, hat luckx – das magazin recherchiert.

Reden und handeln

Vielleicht ist einigen Leserinnen und Lesern noch der Fall eines Klimaklebers der letzten Generation in erinnern, der den Richter bei der Verhandlung seines Falls um schnellstmögliche Beendigung der Sitzung bat, weil er seinen Flug nach Thailand noch erreichen wollte. Auf der einen Seite Autofahrer auf dem Weg zur Arbeit hindern und andererseits Tonnenweise CO2 während des Flugs produzieren. Das ist sicherlich ein Einzelfall. Doch zeigt dieser, wie die tägliche Realität aussieht. Urlaubern geht es da nicht anders. Zwar ist der Wunsch nach Umweltschutz – auch im Urlaub – vorhanden. Doch der Geldbeutel lässt dann diese Option nicht zu. Da wirkt die aktuelle finanzielle Situation stärker als der Nachhaltigkeitswunsch.

Dabei sind im Tourismus große Veränderungen möglich. Er ist eine der größten und am schnellsten wachsenden Branchen weltweit. Trotz des steigenden Bewusstseins für Umwelt- und Klimaschutz bleibt der Tourismus jedoch in vielen Fällen hinter den Erwartungen zurück, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht. Ein Großteil der Bevölkerung gibt an, sich ein nachhaltigeres Reisen zu wünschen, doch die Realität sieht anders aus: Die Zahl der Flugreisen steigt, CO₂-Kompensation ist umstritten, und nachhaltige Buchungsangebote, wenn es sie denn gibt, werden zu selten genutzt. Doch liegt es allein an den Reisenden und ihren Entscheidungen? Gibt es zu wenig Anbieter und Unterkünfte, die nachhaltig agieren? Oder ist es nicht vielmehr ein strukturelles und politisches Problem? Wer ist schuld daran, dass der Tourismus nicht nachhaltiger wird?

Wachsende Diskrepanz

Im Jahr 2024 erreichte das Reiseaufkommen mit über 56 Millionen Personen (bei Aufenthalten von fünf Tagen und mehr) einen historischen Höchststand. Auch die Ausgaben für Ferienreisen stiegen auf einen Rekordwert von über 90 Milliarden Euro. Insgesamt wurden 68 Millionen längere Reisen gezählt, wobei das Ausland mit einem Marktanteil von 76 % weiterhin das beliebteste Ziel blieb. Gleichzeitig zeigt die FUR-Reiseanalyse 2024 ein wachsendes Bewusstsein für nachhaltige Mobilität im Urlaub:

48 % der Deutschen wünschen sich umweltfreundliche Angebote, 62 % legen Wert auf sozialverträgliche Erlebnisse.

Zwischen diesen Ansprüchen und dem tatsächlichen Verhalten klafft eine deutliche Lücke:

Nur 11 % der gebuchten Reisen entfielen auf Angebote mit einer Nachhaltigkeitskennzeichnung.

CO₂-Kompensation wurde bei lediglich fünf Prozent der Reisen genutzt.

In nur drei Prozent der Fälle war Nachhaltigkeit das ausschlaggebende Entscheidungskriterium.

Flugreisen erreichten 2023 mit einem Anteil von 47 % einen neuen Höchstwert.

Umweltfreundlichere Alternativen wie Bahn und Bus kamen gemeinsam auf vier Milliarden Kilometer. Dem gegenüber stehen über 95 Milliarden Kilometern per Flugzeug.

Verantwortung

Eins ist sicher: Nachhaltiger Tourismus scheitert nicht an einem einzelnen Akteur. Dafür ist das System zu komplex, zu viele Entscheider haben Einfluss und zu viele Faktoren spielen eine Rolle – angefangen bei den Tourismusunternehmen über die Gäste bis hin zu politischen Vorgaben und industriellen Praktiken. Reiseveranstalter und Hoteliers sind sich ihrer Verantwortung bewusst, doch der Druck, wirtschaftlich bestehen zu müssen, bleibt hoch. Alexandra Huber, Inhaberin und Geschäftsführerin im Hotel My Arbor in Brixen, Südtirol, bringt es auf den Punkt: „Tourismusunternehmen haben eine große Verantwortung. Wirtschaftlicher Druck oder die Erwartung hoher Gewinne verhindern oft die vollständige Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen.“ So fehlen klare Vorgaben und Anreize. Nachhaltigkeit darf nicht länger optional sein. Es besteht eine gemeinsame Verantwortung. Seit fast fünfzig Jahren wird gezeigt, dass naturnaher Tourismus und Komfort sich nicht ausschließen.

Nachhaltig geführte Hotels wie die Green Pearls profitieren zunehmend von der vorherrschenden positiven Wahrnehmung. Sie gelten als verantwortungsvoll, zukunftsorientiert und innovativ. Das stärkt ihr Profil und verschafft ihnen zugleich einen Wettbewerbsvorteil. Doch deutlich wird auch: Ohne verbindliche Vorgaben, eine stärkere Nachfrage der Reisenden und gezielte Anreize bleibt nachhaltiger Tourismus ein Ideal einiger weniger statt breiter Realität. Wird fortgesetzt.