Wo wollen wir wohnen?

Je nachdem welche Statistik oder Befragung wir zurate ziehen, bekommen wir die unterschiedlichsten Aussagen. Aber auch der Auftraggeber einer Studie ist natürlich nicht abgeneigt genau das Ergebnis zu erhalten, welches er sich wünscht. Okay, das gelingt nicht immer. Uns von luckx – das magazin ist dies gerade bei unserem zukünftigen Wohnen aufgefallen. Da gibt es Studienergebnis, die eine Stadtflucht feststellen. Dann gibt es Befragungen, die eher eine Nachfrage nach städtischem Wohnen feststellen. Auch wollen immer mehr Menschen zuhause arbeiten und ebenso stellen Untersuchungen fest, die Büronutzung mit vielen Kolleginnen und Kollegen weiterhin das Beste wäre. Was also nun ist richtig?

Sicherlich, Unternehmer, die ihre Mitarbeitenden kontrollieren wollen, werden Homeoffice ablehnen. Immobiliengesellschaften und Makler, die Gewerbeimmobilien vermieten oder verkaufen, sind an deren Nutzung interessiert. Eher ist es wohl so, dass je nach Lebenssituation die eine oder andere Interessenlage ausschlaggebend ist. Aber klar ist: Die Arbeitswelt ändert sich dramatisch und damit auch unsere private und persönliche Welt. Das haben wir in einem Jahr während der Corona-Pandenmie erfahren.

Preissteigerungen

Schon seit vielen Jahren steigen die Preise für Häuser und Bauland ist vielerorts sehr rar. Für Familien bleibt daher oftmals nur noch der Weg raus aus der Stadt. Eine Analyse zeigt, dass in den Speckgürteln der vier Metropolen Berlin, Hamburg, München und Köln die Anfragen pro Objekt innerhalb der letzten 5 Jahre stärker gestiegen sind als in den Städten selbst. Die Corona-Krise hat diesen Trend nochmal verstärken. Wer nicht jeden Tag in die Stadt zum Arbeiten muss, nimmt eine längere Anfahrt aus dem Umland in Kauf. Für die Analyse wurde die Entwicklung der Nachfrage nach Häusern in 11 ausgewählten Großstädten und deren 40 Minuten entfernten Umland untersucht.

Nachfragesteigerung

Besonders in München und Köln zeigt sich dieser Trend bereits deutlich: In beiden Städten sind die Anfragen pro Objekt (Anfragenquotient) innerhalb des 40-Minuten-Radiuses in etwa doppelt so stark gestiegen wie im Stadtgebiet. In München hat sich der Anfragenquotient in der Stadt um 31 Prozent erhöht, im Umland um 57 Prozent. Die erhöhte Nachfrage hat dazu geführt, dass bereits im Speckgürtel ein Haus im Median 1,1 Millionen kostet. In München selbst sind es sogar 1,3 Millionen. In Zukunft könnten aufgrund der Preisrallye sogar noch weiter entfernte Gemeinden in den Fokus der Münchner rücken. In Köln ist die Spanne sogar noch etwas größer: +74 Prozent im Stadtgebiet stehen +156 Prozent im Speckgürtel gegenüber. Das Preisniveau ist allerdings deutlich niedriger als in München: Häuser in Köln werden im Median für 650.000 Euro angeboten, außerhalb für 450.000 Euro. Da sich rund um Köln auch andere Großstädte befinden, sind große Teile des Umlandes urban geprägt. Obwohl die Städte von der Strahlkraft der Rheinmetropole profitieren, sind sie mit Ausnahme von Düsseldorf aber deutlich günstiger.

Berlin und Hamburg: Leichte Tendenz erkennbar

Wir beobachten bereits seit einigen Jahren den Trend, dass die Nachfrage in den Speckgürteln rings um große deutsche Städte stark ansteigt – teils wegen der Preisentwicklung in den Städten selbst, teils wegen höherer Ansprüche an das eigene Wohnumfeld“, sagt Prof. Dr. Cai-Nicolas Ziegler, CEO von immowelt. „Im Zuge der Corona-Krise hat sich dieser Trend weiter verfestigt, da neue Arbeitsmodelle auch die Möglichkeit bieten, den Wohnort flexibler zu wählen.“

Auch in Berlin (Stadt: +24 Prozent; Umland: +25 Prozent) und Hamburg (+71 Prozent; +75 Prozent) lässt sich bereits ein vorsichtiger Trend erkennen, wenngleich die Unterschiede noch gering sind. Das kann auch daran liegen, dass beide Städte sehr großflächig sind und viele Randbezirke bereits deutlich weniger dicht besiedelt sind.

Noch kein flächendeckender Trend

Bisher zeichnet sich der Trend zur Stadtflucht besonders in teuren Großstädten ab, in denen der Immobilienmarkt sehr eng ist und Familien immer größere Schwierigkeiten haben, Wohneigentum zu erwerben. Ob sich dieser Trend in Deutschland flächendeckend abzeichnet, muss weiter beobachtet werden. In Städten wie Frankfurt und Düsseldorf ist zum Beispiel trotz hoher Preise bisher noch keine Ausweichbewegung wahrnehmbar. Im Gegenteil: Das Frankfurter Stadtgebiet verzeichnet in den vergangenen 5 Jahren ein Plus von 203 Prozent bei den Anfragen pro Objekt, das Umland einen Anstieg von 69 Prozent. Ein Grund kann sein, dass Häuser im Umland – insbesondere im Taunus – teils sogar teurer sind als in der Stadt. In Düsseldorf (+262 Prozent) wachsen die Anfragen auf Kaufimmobilien ebenfalls noch deutlich häufiger als im Speckgürtel (+110 Prozent).

Gleiches gilt auch in den relativ preiswerten deutschen Großstädten: Sowohl in Dresden als auch in Leipzig ist die Nachfrage in der Stadt stärker angestiegen als im 40-Minuten-Gürtel. Mit Medianpreisen von 450.000 Euro sind Häuser in beiden Oststädten noch vergleichsweise günstig, wenngleich die Preise im Umland nochmals deutlich niedriger sind.

Zur Studie

Der Anfragenquotient beschreibt das Verhältnis von Angeboten zu abgegebenen Kontaktanfragen auf immowelt.de. Also, wie viele Anfragen erhält ein Anbieter im Durchschnitt für sein Objekt. Durch die Entwicklung des Anfragequotienten kann somit dargestellt werden, wie sich die Nachfrage nach Immobilien in einer bestimmten Region innerhalb eines bestimmten Zeitraumes verändert hat.

Datenbasis für die Berechnung der Kaufpreise waren auf immowelt.de inserierte Angebote. Dabei wurden ausschließlich Angebote berücksichtigt, die vermehrt nachgefragt wurden. Die Preise sind jeweils Angebots-, keine Abschlusspreise. Die Preise geben den Median der im Jahr 2020 auf immowelt.de angebotenen Häuser wieder. Der Median ist der mittlere Wert der Angebotspreise.