2009 hatte die Wohnmobilbranche ihren absoluten Tiefpunkt erreicht. Die Finanzkrise schüttelte Deutschland und die Welt durcheinander. Doch kann ging es langsam wieder bergauf. Wie die Situation heute ist, hat luckx – das magazin recherchiert.
Stockende Lieferketten und Fachkräftemangel
Bis 2019 eilte die Freizeitfahrzeugbranche von einem Absatzrekord zum nächsten. Immer mehr Fahrzeuge wurden im wahrsten Sinne des Wortes auf den Markt geschmissen. Das Problem war, dass es gar nicht so hohe Produktionskapazitäten wie Nachfrage gab. Trotzdem gab es Sondermodelle, Ausstattungsvarianten und vieles mehr. Also wurde alles, was auf Rädern stand, an die Kunden ausgeliefert. Das diese Fahrzeug fast alle mit Mängeln behaftet waren und sind, blieb nicht aus. Reklamationen bearbeiten? Wollen Sie ihr Fahrzeug nicht? Der Nächste wartet schon. Mängel? Na und. Mit Beginn der Corona-Pandemie verschärfte sich das Problem. Lockdown, unterbrochene Lieferketten, fehlende Fachkräfte verschoben Fertigungstermine auf unbekannte Zeit. Die Branche kriegt das Problem bis heute nicht in den Griff.
Die aktuellen Zulassungszahlen, die der Caravaning Industrie Verbandes (CIVD) mitteilt, werden als das drittbeste Ergebnis der Branchengeschichte herausgehoben. Damit liegen die Neuzulassungen zwar rund 13,6 Prozent unter dem Vorjahresniveau, toppen aber immer noch deutlich die Vor-Corona-Jahre. Mit 21.110 Einheiten verzeichnet die Caravan-Sparte im bisherigen Jahresverlauf ein leichtes Minus von 2,7 Prozent. 56.901 neu zugelassene Reisemobile bedeuten ein Minus von 17 Prozent im Vergleich zum Rekordwert aus 2021. Der Industrie fehlt es aufgrund stockender Lieferketten an Material und Komponenten, insbesondere bei den Fahrzeugchassis. Hinzu kommt der branchenweite Personalmangel.
Urlaubstrend
Der Trend zum mobilen, individuellen und naturnahen Urlaub hat lange vor der Pandemie begonnen und setzt sich weiter fort: Viele Menschen verbringen ihre Freizeit mit Reisemobil oder Caravan – Tendenz steigend. „Reisemobile und Caravans sind weiterhin sehr nachgefragt und die Auftragsbücher der Hersteller gut gefüllt. Die Pandemie hat diesem langfristigen Trend einen weiteren Schub gegeben“, erklärt Daniel Onggowinarso, Geschäftsführer des CIVD. Trotz der großen Beliebtheit der Urlaubsform meldet die Caravaning-Branche im Vergleich zum Vorjahr für die ersten drei Quartale weniger Neuzulassungen: Die Caravan-Neuzulassungen liegen mit 21.110 Fahrzeugen rund 2,7 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres. Auch die Reisemobilsparte meldet mit 56.901 Einheiten ein Minus von 17 Prozent im Vergleich zum Rekordjahr 2021. Mit insgesamt 78.011 Freizeitfahrzeugen erzielt die Branche trotzdem das drittbeste Ergebnis der Branchengeschichte für die ersten drei Quartale.
Probleme über Probleme
Der hohen Nachfrage nach Fahrzeugen stehen Probleme in der Produktion und Auslieferung gegenüber. Hierfür sind mehrere Entwicklungen verantwortlich: Stockende Lieferketten belasten auch die Caravaning-Industrie seit über einem Jahr. Es fehlt branchenübergreifend an Material und Bauteilen. Oft können Fahrzeuge nicht ausgeliefert werden, weil einzelne Komponenten fehlen. Preise und Verfügbarkeit zahlreicher Materialen und Bauteile ändern sich fortlaufend. Es fehlt den Betrieben an Planungssicherheit. In der Reisemobilproduktion spiegelt sich der Mangel an Fahrzeugchassis deutlich in den Neuzulassungszahlen wider: Den Betrieben fehlt es an Basisfahrzeugen, weshalb bestellte Reisemobile erst gar nicht in die Produktion gehen können. Dies betrifft vor allem die klassischen Reisemobiltypen und Kastenwagen. Nur bei den ultrakompakten Campervans sieht die Versorgungslage etwas positiver aus. Um mehr Fahrzeugchassis zur Verfügung zu haben, setzen immer mehr Unternehmen auf neue Kooperationen mit Basisfahrzeugherstellern, daher vergrößert sich die Markenvielfalt in diesem Bereich. Hersteller, die beide Fahrzeugtypen produzieren, haben in den vergangenen Monaten vermehrt auf die Fertigung von Caravans gesetzt, um Produktionslücken zu vermeiden.
„Es ist eine frustrierende Situation für alle Beteiligten. Die Industrie könnte unter normalen Bedingungen deutlich mehr Fahrzeuge bauen und liefern. Doch angesichts der Probleme in der Produktion müssen Händler und Kunden leider länger als üblich auf ihre Reisemobile und Caravans warten“, zieht Daniel Onggowinarso Bilanz.
Doch nicht nur für die Hersteller ist die Situation angespannt. Wer einmal die Fahrzeugnutzer, also die Camper, befragt wird noch ganz andere Töne hören. Hier ist von Abzocke, Übervorteilung und vielem mehr die Rede. Eine Stimme sollte jeder potentielle Interessent als Vorbereitung für anstehende Kaufgespräche und Reisen sich anhören: