In vielen Automobilen ist heute eine Verschleißanzeige der Bremsbeläge serienmäßig vorhanden. Das hilft rechtzeitig für Ersatz zu sorgen. Wenn die Anzeige denn auch funktioniert. Beim Menschen ist so etwas nicht verbaut. Außer, wir hören genau in uns hinein und können die Signale richtig deuten. Doch, auch wenn wir die Signale wahrnehmen, handeln tun wir nicht. Ach, es geht schon, sagen wir uns. Bis es dann nicht mehr geht.
Arbeitsbelastung
So ist es bei vielen Tätigkeiten, insbesondere in der Bauwirtschaft, üblich auch im Knien zu arbeiten. Doch kann eine arbeitsbedingte Dauerbelastung durch häufiges Knien oder Hocken zur Arthrose des Kniegelenks (Gonarthrose) führen. Sie ist eine häufig auftretende Berufskrankheit des Muskel-Skelett-Systems. Mit verschiedenen Maßnahmen lässt sich jedoch wirksam gegensteuern. Darauf weist die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) hin und gibt Tipps, was konkret getan werden kann. Zu den Unterstützungsangeboten gehört auch das „Kniekolleg“.
Über 7.300 Verdachtsanzeigen auf Gonarthrose verzeichnete die BG BAU in den letzten zehn Jahren. Allein im Jahr 2019 wendete sie für Heilbehandlungen, Reha und Renten mehr als acht Millionen Euro auf. Nach Angabe des wissenschaftlichen Instituts der AOK (WidO) entfielen im Jahr 2019 im Baugewerbe fast ein Drittel aller Arbeitsunfähigkeitstage auf Gelenkerkrankungen.
Verschleiß
Neben genetischen Faktoren und Übergewicht ist vor allem Verschleiß die Ursache für die Gonarthrose. Wird das aus Knochen, Sehnen, Muskeln, Bändern und Nerven bestehende hochkomplexe Kniegelenk bei der Arbeit zu stark belastet, kann es im Laufe der Zeit schleichend erkranken. Besonders beansprucht sind Boden-, Estrich-, Fliesen-, Parkettleger sowie Steinsetzer, Pflasterer, Installateure und Dachdecker.
„Dabei gibt es praktische Maßnahmen, mit denen sich Beanspruchungen verringern lassen“, sagt Bernhard Arenz, Präventionsleiter der BG BAU. Eine ergonomische Arbeitshöhe ist ein wichtiger Faktor. Wenn etwa Vormontagen in einer guten Haltung vorgenommen werden, sind beispielsweise Installateure weniger belastet. Auch sollten Fliesenschneider zum Beispiel auf einem Tisch statt auf dem Boden stehen. Sind Tätigkeiten im Knien und Hocken nicht zu vermeiden, kann durch regelmäßige Abwechslung für Entlastung gesorgt werden.
Hilfsmittel helfen
Zudem helfen ergonomische Hilfsmittel wie Knieschutzhosen mit Einlegepolster oder ein am Unterschenkel angebrachter Kniesitz, auf dem man auch sitzen kann und damit zugleich den Rücken entlastet. Auch Knierollwagen kommen in Frage. Durch Knieschützer entfällt der direkte Kontakt zu kalten und harten Böden, der auf die Schleimbeutel einwirkende Druck wird gleichmäßiger verteilt. Welcher Knieschutz zweckmäßig ist, hängt von der Art der Arbeit und vom Untergrund ab. Auch ein lose auf dem Boden liegender Knieschutz bietet sich bei manchen Arbeiten als Alternative an.
Bei der BG BAU versicherte Beschäftigte können durch sie prüfen lassen, ob ein beginnender Verschleiß des Kniegelenkknorpels vorliegt. Für solche Fälle bietet die BG BAU das Kniekolleg in Kooperation mit berufsgenossenschaftlichen Reha-Zentren an: In diesem kostenlosen Programm lernen Beschäftigte in täglichen Trainings- und Schulungseinheiten, auch auf speziellen Übungsbaustellen, wie sie mit berufsbedingten Belastungen der Knie besser umgehen. Das Kniekolleg hat das Ziel, dass sich Beschwerden bessern oder zumindest nicht weiter verschlimmern.