Dann renn´ doch durch den Park!

Wenn erst der Waschbärbauch angefuttert ist, ist das Gejammer groß. Doch wie gelingt es, ohne Fitnessstudio und anderen Bewegungsmöglichkeiten, den Körper (und Geist) fit zu halten? Gerade im Homeoffice scheint dies unter anderem ein großes Problem zu sein, wie luckx – das magazin erfuhr.

Homeoffice

Viele Beschäftigte leiden im Homeoffice unter psychischen Belastungen. Dazu kommt noch, dass jeder Dritte im Homeoffice wegen Bewegungsmangel an Gewicht zulegt. So fühlen sich derzeit im Homeoffice bzw. mobil arbeitende Erwerbstätige oft allein oder isoliert (30 Prozent). Und jeder Achte empfindet die Arbeit im Homeoffice häufig als psychische Belastung (12 Prozent). Das hat eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 1.507 Erwerbstätigen ergeben. „Eng getaktete Videokonferenzen, kaum Pausen und die fehlenden persönlichen Kontakte führen bei vielen Beschäftigten im Homeoffice zu Erschöpfung, Gereiztheit oder Gefühlen der Isolation. Die Arbeitszeit nimmt zudem zu, da Laptop und Diensttelefon oft bis in die späten Abendstunden eingeschaltet sind. Das klassische Ausstempeln an der Stechuhr gibt es nicht mehr “, sagt André Siegl, Arbeitsschutzexperte des TÜV-Verbands. „Verschärfend kommen ergonomisch unzureichend eingerichtete Arbeitsplätze und der Bewegungsmangel hinzu.“ Zwei von drei Arbeitnehmern geben an, dass sie sich bei häufiger Arbeit im Homeoffice zu wenig körperlich bewegen (65 Prozent). Und mehr als jeder Dritte hat laut Umfrage während längerer Phasen im Homeoffice an Körpergewicht zugelegt (37 Prozent). „Wenn tägliche Arbeitswege wie der Gang oder die Fahrt mit dem Rad zur Arbeit wegfallen, macht Homeoffice dick“, sagt Siegl. Nur jeder zweite Befragte verfügt im Homeoffice über einen ergonomisch eingerichteten Arbeitsplatz mit Bürostuhl, Schreibtisch, externer Tastatur und großem Bildschirm (51 Prozent). Die Folge sind Kopf- und Rückenschmerzen, muskuläre Verspannungen oder brennende Augen. „Nach zwei Jahren Pandemie mit langen Homeoffice-Zeiten sind viele Arbeitnehmer körperlich und mental angeschlagen“, sagt Siegl. Gerade die Kombination aus psychischen und physischen Belastungen erhöhe die Gefahr von langwierigen Krankheiten und Burnout.

Arbeitsorganisation

Nach dem Auslaufen der Homeoffice-Pflicht sollten Arbeitgeber jetzt die Arbeitsorganisation an die neuen Gegebenheiten anpassen. Das betrifft unter anderem die arbeitsrechtlichen Regelungen zum mobilen Arbeiten, die Ausstattung der Homeoffice-Arbeitsplätze und die Gestaltung der Arbeit in den Büroräumen. „In den Büroräumen wird neben der Arbeit das soziale Miteinander der Kolleginnen und Kollegen immer wichtiger“, sagt Siegl. Dafür müssten Unternehmen jetzt Anreize schaffen und auch eine Neugestaltung der Büroflächen mit Sitzecken, großzügigen Kaffee-Küchen oder flexiblen Workshop-Räumen in Betracht ziehen, um Begegnungen und kreatives Arbeiten im Team zu ermöglichen. Entscheidend sei aber eine gesundheitsfördernde Unternehmenskultur. Dazu gehören an erster Stelle Vorgesetzte, die Mitarbeiter:innen fürsorglich behandeln, sie bei ihrer Arbeit unterstützen und in Entscheidungen einbeziehen. Arbeitgeber sollten Fortbildungen zum Zeit- und Selbstmanagement, Stressbewältigung oder Gesundheitsförderung anbieten und Regeln für eine effiziente und rücksichtsvolle interne Kommunikation festlegen. „Arbeitspsychologische Angebote sollten selbstverständlich sein und von den Arbeitnehmern jederzeit anonym in Anspruch genommen werden können“, betont Siegl. So könnten Unternehmen und Beschäftigte besser mit Krisensituationen umgehen.

Fehlende Erkenntnis?

Doch was ist nun die Erkenntnis aus der Studie? So richtige Schlüsse wurden nicht kommuniziert. Sicherlich hat die Arbeitsbelastung stark zugenommen. Denn gerade wer im Homeoffice arbeitet, findet meist nicht den Weg in den Feierarbeit. Denn das ist hier und dort noch etwas zu erledigen und die eine oder andere eMail zu beantworten.

Doch wer ist dafür verantwortlich? Haben Arbeitgeber ihre Fürsorgepflicht wahrgenommen oder sich eher über die Mehrleistung gefreut? Verantwortliche Arbeitgeber und Vorgesetzte sprechen regelmäßig mit ihren Mitarbeitern. Und wenn der direkte Kontakt nicht möglich ist, dann eben in einem eins zu eins Online-Meeting. Dabei lässt sich auch abstimmen, wann mehr Pausen eingeschoben werden müssen und Bewegung verordnet wird. Dann sollte es von verantwortlicher Seite auch einmal heißen: „Dann renn´ doch durch den Park! Fahr mit dem Rad. Geh´ spazieren“. Das gehört zur Verantwortung des Arbeitgebers und zur Fürsorgepflicht. Aber anscheinend ist es einfacher, die Homeoffice-Pflicht zu kritisieren als sein Aufgaben wahrzunehmen.

Methodik-Hinweis: Grundlage der Angaben ist eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 1.507 Erwerbstätigen ab 18 Jahren, die im Januar 2022 durchgeführt wurde.