Wer möchte schon um Mitternacht aufstehen, wenn andere gerade von der Party kommen? Das ist weiterhin das Problem im Bäckerhandwerk. Für andere frische Brötchen backen? Oder doch lieber Teiglinge aufwärmen? Diese Fragen stellten sich viele Bäcker und am Ende gaben sie ihren kleinen Laden auf. Nun fehlt ein Stück Genuss und Essenskultur in Deutschland. Doch es gibt weiterhin viele kleine, kreative Bäckereien und Konditoreien, wie luckx – das magazin auf der Messe Internorga erfuhr.
Auftrieb dank Corona
Die Corona-Pandemie hat gerade im Lebensmittelhandel und den Bäckereien für große Nachfrage gesorgt. Zwar ging der Umsatz beim belegten Brötchen zurück, weil das Frühstück nun aufgrund Homeoffice zuhause eingenommen wurde. Doch Brot und Brötchen waren genauso gefragt wie Konditorwaren. Fein- und Süßgebäck haben stark an Beliebtheit gewonnen. Neben all der Tristesse wollten sich viele belohnen und heiterten sich mit Torten, Törtchen oder Tartes auf. Insbesondere die Kreativität und das Angebot der Fein- und Süßbackwaren haben zugenommen. Für die Kunden wurden neue Leckereien und Geschmackserlebnisse entwickelt. So haben Gemüse, Kräuter und Gewürze Torten, Schokolade und Pralinen verfeinert. Das bekannte Food-Pairing ist inzwischen auch in der Konditorei zum Einsatz gekommen. Die bekanntesten Kombinationen sind Schokolade und Chili oder Karamell und Salz.
Weniger ist mehr
Weniger Süße ist gefragt. So ist der Genuss-Trend weniger Zucker oder alternative Süßungsmittel zu benutzen, um mehr Raum für den Geschmack der anderen Zutaten zu lassen. Kleine Portionen und dafür mehr Vielfalt ist gewünscht. Süßgebäck wird häufig in Gemeinschaft genossen. Jeder möchte dann von allem probieren. Einfacher wird dies, mit kleineren oder vorportionierten Stücken, die zum Teilen gedacht sind.
Die Herkunft der Zutaten ist auch in der Konditorei ein Thema. Regionalität ist gewünscht. Woher kommen Mehl und die Äpfel auf dem Apfelkuchen? Angaben über Lieferanten und Region sorgen für Authentizität. Gefragt sind Vielfalt und Abwechslung sowie Alternativen für Menschen, die sich glutenfrei oder vegan ernähren wollen oder müssen. Hier nimmt das Angebot stetig zu – nicht zuletzt aufgrund der großen Kreativität der Konditorinnen und Konditoren.
Frisch aus der Backstube
Brot, Brötchen, Brezel? Vegetarisch oder vegan? Frühstück, Abendbrot, Brotzeit oder Snack für Zwischendurch – Bäckereien liefern seit jeher für jede Tageszeit das richtige Angebot. Doch Ernährungsgewohnheiten haben sich über dem Laufe der Jahrzehnte geändert. Internationale Spezialitäten, wie französisches Baguette oder italienisches Ciabatta, werden immer beliebter. Am liebsten mit Vollkorn- oder aus Urkorn, wie Dinkel oder Emmer. Ebenso gefragt ist Brot aus Sauerteig. Und Nachhaltigkeit und Herkunft der Produkte sind auch in Bäckereien und Backshops ein großes Thema.
Ein Megatrend, der den Außer-Haus-Markt beeinflusst und verändert hat, ist Snacking. Für Bäckereien und Konditoreien ist Snacking ein Mehrgewinn und sorgt für Zusatzgeschäft, auch wenn Snacking von Bäckern und Konditoren neue Konzepte erfordert, um den aktuellen Bedürfnissen der Gäste gerecht zu werden. In den Krisenmonaten erlebte der Bereich allerdings eine kleine Delle. Doch auch hier erholt sich die Nachfrage nach belegten Brötchen, Bagels oder Ciabatta wieder. Längst sind Bäcker mehr als nur Brotexperten, sie sind Backgastronomen, die den Blick weiten und die Vielfalt des gesamten Bereichs erkannt haben.
Technik hilft
Technik und Digitalisierung haben in den Backstuben Einzug gehalten. Kneten, Abwiegen oder Wirken, all das ist vielerorts schon EDV-gesteuert. Die Nutzung von innovativer Technik erhöht die Produktionssicherheit, verringert Qualitätsschwankungen und nimmt Bäckerinnen und Bäckern Routinearbeiten ab. Zukunftsorientiert ist die Vernetzung der einzelnen Geräte in den Backstuben. Dies erlaubt prozessoptimiertes Arbeiten und erhöht dadurch die Wirtschaftlichkeit. Digitalisierung findet sich auch im Verkaufsraum wieder. Ohne moderne und schnelle Kassensysteme geht hier nichts mehr.