Statt E-Mobilität

Alle Automobilhersteller setzen auf die Elektromobilität. Dabei ist ihnen bekannt, dass die Fahrzeuge zum Beispiel aufgrund der Batterien zu schwer und nicht umweltschonend herzustellen sind. Mehr als Nischensegment gilt weiterhin der Wasserstoffantrieb. Doch anscheinend wird er in den nächsten Jahren die Führungsrolle übernehmen, wie luckx – das magazin recherchierte.

Rohstoffe

Seltene Erden, schwieriges Recyclingverfahren und vieles mehr spricht gegen den Elektroantrieb. Und die Ladeinfrastruktur lässt weiter auf sich warten. Wenn zum Beispiel in jedem Haushalt ein E-Fahrzeug vorhanden wäre, müssten wahrscheinlich die Stromleitungen zu den Häusern erneuert werden. Und vor allem einen Durchmesser erhalten, der alles bisherige in den Schatten stellt. Auch die zur Verfügung stehenden kleinen Dachflächen für Photovoltaik in Mietshäusern reichen zur Versorgung der vielen E-Fahrzeuge nicht aus. Woher dann die viele Energie kommen sollte, ist auch weiterhin ungeklärt. Doch nachhaltig erzeugte Energie steht zur Verfügung, muss aber der Grundlast von Kohle, Erdgas und Atomkraft weichen. Dabei könnte dieser Strom in Wasserstoff gespeichert werden. Aber auch hier ist die Infrastruktur das größte Problem. Eine Lösung ist sicherlich die Speicherverfahren zu verbessern. Da gibt es viele Entwicklungen, die in einigen Jahren auf den Markt kommen.

Wasserstoff

Doch es muss deutlicher schneller gehen. Daher steigt Bosch jetzt in die Entwicklung von Komponenten für Elektrolyseure ein. In diesen Anlagen wird Wasser mithilfe von Strom bevorzugt aus den erneuerbaren Quellen Windkraft oder Photovoltaik per Elektrolyse in sogenannten grünen Wasserstoff und Sauerstoff umgewandelt. „Der Klimaschutz kann nicht warten. Wir wollen den raschen Aufbau einer Produktion von Wasserstoff in Europa mit Bosch-Technik unterstützen“, kündigte Dr. Stefan Hartung, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH. „Dafür nutzen wir unser Brennstoffzellen-Know-how“, ergänzte Dr. Markus Heyn, Bosch-Geschäftsführer und Vorsitzender des Unternehmensbereichs Mobility Solutions. Das Unternehmen siedelt die Elektrolyse-Komponenten aufgrund der bestehenden Kompetenzen im Bereich Mobility an und investiert hierfür bis Ende des Jahrzehnts bis zu 500 Millionen Euro. Im Zuge von Defossilisierung, Diversifizierung von Energiequellen und CO2-Reduzierung steigt der Bedarf an regenerativem H2 rasant, nicht nur in energieintensiven Branchen wie der Stahl- und Chemieindustrie oder dem Schwerlastverkehr, sondern auch in privaten Gebäuden – laut EU bis 2030 auf rund zehn Millionen Tonnen jährlich. Für den Elektrolyseur-Komponentenmarkt insgesamt erwartet Bosch zu diesem Zeitpunkt weltweit ein Volumen von rund 14 Milliarden Euro, mit den größten Wachstumsraten in Europa. Damit Wirtschaft und Gesellschaft unabhängiger von fossilen Energieträgern werden und neue Energien erschließen können, will Bosch insgesamt in den nächsten drei Jahren gut drei Milliarden Euro in klimaneutrale Technik wie Elektrifizierung und Wasserstoff investieren.

Herzstück

Wie in der Brennstoffzelle bildet der Stack, also der Stapel mehrerer Hundert einzelner Zellen, auch im Elektrolyseur das zentrale Element. In jeder der in Serie geschalteten Zellen wird Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff umgewandelt – umgekehrt zur Brennstoffzelle, in der aus Wasserstoff und Sauerstoff elektrische Energie entsteht. In beiden Systemen erfolgt die chemische Reaktion jeweils über eine Proton-Exchange-Membran (PEM). Bosch kombiniert den Elektrolyseur-Stack mit Steuergerät, Leistungselektronik und Sensoren zum sogenannten Smart Module. Bei der Entwicklung wird Bosch auch mit Partnern zusammenarbeiten. Von 2025 an will das Unternehmen Smart Modules an Hersteller von Elektrolyse-Anlagen sowie Industrie-Dienstleister liefern. Erste Pilotanlagen sollen bereits kommendes Jahr in Betrieb gehen.

Bosch wird kompakte Module kombinieren und mit geringem Aufwand integrieren. Zum Einsatz kommen sollen sie sowohl in kleinen Anlagen bis zehn Megawatt Leistung als auch in gigawattstarken Großanlagen im On- und Offshore-Bereich – sei es im Neubau oder wenn bereits bestehende Anlagen zur H2-Gewinnung auf grünen Wasserstoff umgestellt werden. Um die Wasserstoff-Produktion so effizient wie möglich zu gestalten und gleichzeitig die Lebensdauer des Stacks zu verlängern, sollen die Smart Modules darüber hinaus über die Bosch-Cloud vernetzt werden. Ziel ist es auch, durch modular aufgebaute Elektrolyseure die Wartung an den Anlagen flexibler zu machen – indem beispielsweise bei anstehenden Arbeiten nicht die komplette Anlage, sondern nur Teilbereiche abgeschaltet werden müssen. Bosch erarbeitet Servicekonzepte, die im Sinne der Kreislaufwirtschaft auch das Recycling der Komponenten umfassen.

Massenfertigung geplant

Im Gegensatz zu vielen Elektrolyse-Komponenten auf dem Markt werden sich die Bosch Smart Modules in Masse fertigen und dadurch nicht zuletzt Skaleneffekte erzielen lassen. „Neben der Geschwindigkeit bilden die Kosten einen entscheidenden Faktor beim Hochlauf der Wasserstoff-Produktion. Hier können wir mit unserer Industrialisierungskompetenz und unserem Automotive-Know-how punkten“, sagte Heyn. An mehreren europäischen Standorten will Bosch möglichst rasch mit der Industrialisierung beginnen. Dazu zählen Bamberg und Feuerbach in Deutschland, Tilburg in den Niederlanden, Linz in Österreich sowie Budweis in Tschechien.

Mobile und stationäre Brennstoffzelle

Bosch ist vom Energieträger Wasserstoff überzeugt und arbeitet auch an der stationären wie an der mobilen Brennstoffzelle. Erstere soll unter anderem in Form kleiner dezentraler Kraftwerke in Städten, Rechenzentren, Handel, Gewerbe, im maritimen Bereich und beim Betreiben von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge zum Einsatz kommen. Mit der mobilen Brennstoffzelle will Bosch den klimaneutralen Transport von Waren und Gütern zunächst in Lkw ermöglichen. Das Portfolio für Fahrzeuge reicht dabei von einzelnen Sensoren über Kernkomponenten wie dem elektrischen Luftverdichter und dem Stack bis zum kompletten Brennstoffzellen-Modul. Der Serienstart soll noch in diesem Jahr erfolgen.