Ist Wohnen teurer geworden?

Die steigenden Mieten sind ein Schreckgespenst. Nun kommen seit einigen Monaten noch exorbitant steigende Nebenkosten, insbesondere Heizkosten, hinzu. Doch ist Wohnen tatsächlich teurer geworden? Luckx – das magazin sucht nach Gründen.

Große Wohnung

Wir Deutsche mögen es anscheinend groß. Denn unsere Wohnungsgröße (m² pro Person) ist seit 1991 steig angewachsen. Waren es 1991 noch 35 m², auf den jeder Einzelne sich ausbreitete, sind es heute fast 48 m² Wohnfläche. Ein Zuwachs von rund 37 Prozent. Auch die Netto-Kaltmieten stiegen ordentlich an. Betrug 1990 diese bei Erstbezug einer Wohnung im Schnitt etwa 6,79 Euro für den Quadratmeter, wurden 2021 schon 13,07 Euro pro Quadratmeter aufgerufen. Dies entspricht einer Mietpreissteigerung von rund 92,5 Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg der Verbraucherpreisindex von 65 auf rund 109 (inklusive Mieten); also um rund 67 Prozent. Auch wenn diese Zahlen sich nicht so richtig vergleichen lassen, zeigen sie doch eine Tendenz auf: Viele Kostensteigerung sind hausgemacht. Vergleichen lässt sich das mit einem Autokauf, was jeden sofort einleuchtet. Wer bisher mit einem VW Polo unterwegs war und nun einen BMW 5er sein eigen nennt, muss mit höheren Kosten rechnen.

Mietwucher?

Dass vielerorts die Mieten steigen, ist längst nicht mit Wucher verbunden. Für eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) haben Wissenschaftler die Miet- und Lohnentwicklung der vergangenen drei Jahre ausgewertet – in den meisten Kreisen der Republik ist Wohnen teurer geworden. Meist wir mit teuer auch München immer gern angeführt. Eine neue Auswertung zeigt, wie viel Quadratmeter sich ein Single-Haushalt mit mittlerem Einkommen leisten kann, wenn er nicht mehr als 25 Prozent seines Nettoeinkommens dafür ausgeben will. Ein Durchschnittsverdiener kann sich in der bayerischen Hauptstadt 36,2 Quadratmeter Wohnfläche leisten – damit ist die Stadt München bundesweiter Spitzenreiter. Auf dem zweiten Platz folgt der Landkreis München: Hier können sich Durchschnittshaushalte immerhin sieben Quadratmeter mehr leisten. Insgesamt liegen sieben der zehn teuersten Regionen Deutschlands in der Metropolregion München.

Zu den teuersten Kreisen zählen darüber hinaus Freiburg im Breisgau (dritter Platz), Frankfurt am Main (sechster Platz) und Offenbach (siebter Platz). Doch teuer heißt nicht, dass sich die Menschen dort heute weniger leisten können als noch 2018: Bis 2021 sind die Löhne in München stärker gestiegen als die Mieten. Deswegen können sich Durchschnittshaushalte dort rund zwei Prozent mehr Wohnfläche leisten – Wohnen ist für die Münchnerinnen und Münchner also erschwinglicher geworden. Auch die Frankfurter konnten sich 2021 drei Prozent mehr Fläche leisten, in Berlin waren es ganze zwölf Prozent, wobei der zuletzt gekippte Mietendeckel die Ergebnisse verzerrt hat. In Köln (minus zwei Prozent) und Stuttgart (minus ein Prozent) konnten sich die Deutschen weniger Wohnfläche leisten.

Entwicklung

Insgesamt zeigt die Auswertung, so das IW, dass im Zeitraum 2018 bis 2021 die Erschwinglichkeit in 75 Prozent der Kreise gesunken ist. Und dieser Trend könnte sich aufgrund der derzeitigen Krise verfestigen: Die Wohnnebenkosten steigen, allgemein nimmt die Kaufkraft der Haushalte aufgrund der Inflation ab. „Die Politik sollte hier genau anschauen“, sagt Studienautor und Immobilienökonom Michael Voigtländer. „Viele Menschen werden aus finanziellen Gründen nicht mehr umziehen können, insbesondere junge Erwerbstätige, Studenten und Familien mit kleinen Kindern. Viele müssen sich darauf einstellen, den Traum vom großzügigen Wohnen künftig nicht mehr realisieren zu können.“

Natürlich haben wir uns den Luxus des großzügigen Wohnen im Laufe der Jahrzehnte erarbeitet. Das war auch harte Arbeit der Großeltern und Eltern. Und jetzt? Zurück auf Los? Für viele unvorstellbar, aber manchmal unausweichlich.