Fahrradfahren ist wieder in, ist nachhaltig und gesundheitsfördernd. Das Radfahrer darüber hinaus noch die Umwelt schonen, ist bekannt. Doch das Fahrrad hat auch Kulturgeschichte geschrieben, die vor über 200 Jahren begann. Das macht das Fahrrad auch für eine künstlerische Betrachtung interessant, wie luckx – das magazin recherchierte.
Fahrrad als Designobjekt
Im Laufe der Jahre hat sich das Fahrraddesign erheblich gewandelt. Angefangen vom Laufrad über das Hochrad und dem Holland-Rad ist gerade im Radsport eine enormer Wandel festzustellen. Diesem Wandel widmet sich die Pinakothek der Moderne in München mit einer Ausstellung und stellt erstmals das Thema Fahrraddesign in den Mittelpunkt. Im Fokus liegt damit die Gestaltung und nicht Kulturgeschichte dieses Fortbewegungsmittels mit seinen vielfältigen Entwicklungen. Gezeigt werden 70 Beispiele, die zu den ungewöhnlichsten und spannendsten Fahrrädern der Designgeschichte gehören.
Der Fahrradboom heute ist nicht nur vor dem Hintergrund eines wachsenden Bewusstseins für Gesundheit, Nachhaltigkeit und Umweltschutz zu sehen, sondern verkörpert auch ein Lebensgefühl, das für eine neue Freiheit, für Flexibilität, Mobilität, körperlichen Ausgleich, Sport, aber auch – geprägt von den Pandemiezeiten – für Sicherheit steht. Ob schnell, ob langsam, ob mit Muskelkraft oder Elektromotor das Fahrrad bietet Lösungsmöglichkeiten für die Verkehrs- und Mobilitätsprobleme unserer Städte, das Fahrrad verändert unser Freizeitverhalten. Fahrrad ist jedoch nicht gleich Fahrrad, nicht nur reines Gebrauchsobjekt, nicht nur das am weitesten verbreitete Verkehrsmittel der Welt, sondern auch Design- und Kultobjekt, bei dem Technik, Funktion und Ästhetik Hand in Hand gehen.
Von Anfang an
Die Ausstellung streift auch die Anfänge des Fahrrads. 1817 erfand Karl Drais das Laufrad und gab damit den Startschuss für eine rasante Entwicklung. Danach ging es Schlag auf Schlag, von der Tretkurbel über den Kettenantrieb, vom Vollgummireifen bis zum Luftreifen, vom Hoch- zum Niederrad, vom Klapp- und Liegerad bis zum Rennrad und Elektrobike. Die Geschichte des Fahrrads ist auch Kulturgeschichte. Zum ersten Mal konnten sich die Menschen individuell mit eigener Kraft bewegen – und zwar alle, egal ob Männer, Frauen oder Kinder. Elektroräder erweitern heute Reichweiten und Altersgrenzen, Kinder und Lasten können leichter transportiert werden. Das Fahrrad begleitet den Menschen fast ein ganzes Leben lang. Es wird benutzt, gehegt und gepflegt, repariert, geliebt und bewundert, gesammelt, geteilt und – schweren Herzens – entsorgt.
Fahrraddesign ist eng verbunden mit der Geschichte technischer Innovationen, seien es die Antriebe, die Federungen, Bremsen, Schaltwerke oder andere Komponenten. Für die Gestaltung des Rahmens, für das Gewicht oder die Aerodynamik spielt das Material mit seinen unterschiedlichen Eigenschaften (Holz, Eisen, Stahl, Aluminium, Magnesium, Titan, Kunststoff, Karbon etc.) eine entscheidende Rolle, ebenso für die Herstellungstechnik, die vom klassischen Rahmenbau mit Rohren (geschweißt, gelötet, geschraubt, gesteckt, verklebt) über in Form gegossene oder gepresste Rahmen aus Metall oder Kunststoff bis zu 3D-gedruckten Rahmen reicht.
Nicht nur Handwerk
Dass Fahrraddesign jedoch nicht nur Handwerks- und Rahmenbauerkunst, nicht nur das Werk von genialen Erfindern, Tüftlern, Besessenen und Enthusiasten ist, belegen die zahlreichen Entwürfe von Flugzeug- und Automobilingenieuren wie Paul Jaray, Hermann Klaue oder Alex Moulton sowie von Industrie-Designern, darunter Luigi Colani, Richard Sapper, Michael Conrad, Giorgetto Giugiaro, Marc Newson, Christian Zanzotti oder Ross Lovegrove. Die Ausstellung läuft vom 11.11.2022 – 22.09.2024.