Gesundheit im Unternehmen

Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich, freie Getränke, Fitness während der Arbeitszeit: Mit all diesen Goodys versuchen Unternehmen Mitarbeiter zu gewinnen – und besonders wichtig, auch zum Bleiben zu animieren. Was als Wohltat verstanden werden kann, hat einen gesundheitlichen Hintergrund, wie luckx – das magazin recherchierte.

Yoga und Klettern

Schon im ersten Teil haben wir über das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) berichtet. Doch mit Vorsorgeuntersuchungen und freien Getränken ist es nicht getan. Auch der Wohlfühlcharakter ist nur ein Grund. Wichtig für Unternehmen ist, dass die Mitarbeiter gesund bleiben. Denn durch den Ausfall von Fachkräften können Unternehmen nicht die abgefragte Leistung erbringen. Wenn Kunden einen großen Auftrag kündigen, kann das schon einmal das Ende eines Unternehmen bedeuten. Deshalb wird viel Wert auf die Gesundheit gelegt. So treiben viele Angestellte entweder während der Arbeitszeit oder in der Freizeit Sport und werden dabei von den Unternehmen angeregt. Auch bei Adidas. Mitarbeiter können aus 300 Kursen wie Zirkeltraining, Yoga, Klettern, Schwimmen, Boxen oder Tanzen wählen und powern sich morgens, mittags oder nach Feierabend aus. Anfang 2014 eröffnete der Sportartikelhersteller in Herzogenaurach ein fast 4.000 Quadratmeter großes Fitnessstudio.

Darüber hinaus können die Angestellten an Skiwochenenden, Bike-, Golf- und Kajak-Camps teilnehmen, an Reittouren in Island oder Segeltörns in Kroatien. 2012 wurde eine eigene Abteilung für Gesundheitsmanagement geschaffen, dabei schickte schon Unternehmensgründer Adi Dassler seine Arbeiter zum Testen der neuen Trikots auf den Fußballplatz.

Nachholbedarf

Ich halte grundsätzlich sehr viel von Betriebssport, wenn die Inhalte stimmen“, meint Klaus-Michael Braumann, Professor für Sportmedizin an der Universität Hamburg. Es sollte dabei „aber vielleicht weniger um den perfekten Staffellauf oder um Fußballturniere“ gehen, sondern vielmehr um softe Angebote zur Gesundheitsförderung wie Fitnessgymnastik, Yoga oder die Vermittlung von Entspannungstechniken, die besser zum modernen Arbeitsalltag passten. „Viele Unternehmen haben noch großen Nachholbedarf“, urteilt Braumann, dessen Institut Firmen berät, wie sie Mitarbeiter zum Gesundheitssport motivieren. Als „tickende Zeitbombe“ bezeichnet der Experte die Situation in kleineren Handwerksbetrieben. „In der Regel ist der Meister heute so um die 50 und älter. Wenn er aus gesundheitlichen Gründen ausfällt, bricht der Laden zusammen, weil es keinen qualifizierten Nachwuchs gibt.“ Kleine und mittlere Unternehmen, die keine eigenen Angebote stemmen könnten, müssten dringend aktiv werden. Für sie böten sich Partnerschaften mit Krankenkassen oder anderen Firmen an.

Anreize schaffen

Ohne Belohnungssysteme funktioniert Gesundheitsförderung nicht, da ist sich auch Braumann sicher. Um Mitarbeiter zum Sport zu bewegen, könne man etwa Cholesterinwerte oder den Blutdruck im Unternehmen messen lassen. „Die meisten Leute kennen ihre Werte nicht. Wenn dann jemand damit konfrontiert wird, dass er einen Cholesterinspiegel von 280 und einen Blutdruck von 160 hat, dann wird er sich schon fragen, wo es hakt, und aus der Betroffenheit heraus aktiv werden.“ Damit der Mitarbeiter durchhalte, könne er für die Verbesserung seiner Werte eine „kleine Belohnung“ wie einen Tag Extraurlaub bekommen. „Ich glaube, dass die menschliche Trägheit nur durch den Faktor Gier getoppt wird.“

Auch für Firmen zahlt sich BGM aus, und zwar in mehrfacher Hinsicht. „Bereits heute scheiden rund 28 Prozent der Erwerbstätigen frühzeitig aus gesundheitlichen Gründen aus. Sie sind im Schnitt 55 Jahre alt. Ein Trend, der sich in den kommenden Jahren weiter zuspitzen wird“, heißt es in einer Studie der Unternehmensberatungsgesellschaft Roland Berger. Krankheitsbedingte Ausfälle kosten die deutschen Unternehmen jährlich rund 60 Milliarden Euro.

Gesundheit am Arbeitsplatz aber sichert die Leistungsfähigkeit der Belegschaft: Mithilfe von stressfreieren Arbeitsbedingungen und einer passenden Gesundheitsvorsorge sollen sich laut Roland Berger Mitarbeiterausfälle um bis zu 40 Prozent verringern lassen. Finnische Studien gehen noch weiter: Während die Arbeitsfähigkeit bei Mitarbeitern zwischen 55 und 65 Jahren ohne fördernde Maßnahmen deutlich abnimmt, kann sie sich langfristig sogar erhöhen. „Das Problem ist die Arbeit – und nicht das Alter“, resümiert der finnische Sozialexperte Professor Juhani Ilmarinen.

Return on Invest durch Gesundheit

Motorola etwa hat mit einem Gesundheits- und Wellnessprogramm einen Return on Investment (ROI) von 3,93 Dollar für jeden Dollar erzielen. Jeder Dollar, der in betriebliche Gesundheitsförderung investiert wird, bringt innerhalb von fünf Jahren sogar drei bis acht Dollar zurück, fanden amerikanische Wissenschaftler heraus. Dazu kommt, gesunde und zufriedene Mitarbeiter bleiben ihrem Betrieben länger treu, wie wiederum eine Studie der Unternehmensberatung Towers Watson belegt. Die Kündigungsrate in Unternehmen mit Gesundheitsangeboten betrug nur neun Prozent und war so deutlich niedriger als in anderen Firmen.