Das Thema ist erst einmal entschärft. Doch über kurz oder lang kommen wir in Mitteleuropa nicht um die Immobiliensanierung herum. Der Einstieg ist sicherlich mit der Modernisierung der Heizungsanlagen richtig, wie luckx – das magazin recherchierte.
Politisches Desaster
Vermieter und Immobilienbesitzer kennen das Problem: In ihren Immobilien sind noch millionenfach athmosphärische Brenner verbaut. Eigentlich ein stabil laufendes Heizungssystem. Doch diese Brenner kennen nur zwei Stellungen: entweder aus oder volle Pulle heizen. Dabei ist es fast unglaublich: Bei Belastung kann dieser Wechsel bis zu 120 Mal pro Minute erfolgen. Und hier liegt das Problem, denn durch das ständige Ein- und Ausschaltung kommt der Brenner nicht in einen kontinuierlichen Betrieb und damit nicht in einen optimalen Verbrennungsprozess. Das ist wie beim Autofahren: Kavalierstart an der Ampel und Vollbremsung vor der nächsten. Das kostet Energie und verursacht höheren Schadstoffausstoß.
Abhilfe schafft hier die Brennwerttechnik. Dabei modulieren die Brenner die Leistung von etwa 20 bis 100 Prozent in Abhängigkeit von der angeforderten Wärme. Geringerer Schadstoffausstoß und geringerer Verbrauch zeichnen dieses System aus.
In Deutschland gibt es rund 20 Millionen Wohngebäude mit über 40 Millionen Wohnungen. Nun ist nicht in jeder Wohnung eine eigene Heizung verbaut. Doch allein die Erneuerung der vielleicht 20 Millionen Heizung ist eine Mammutaufgabe. Denn jährlich schafft das Handwerk fast eine Millionen Heizung einzubauen. Wenn die politisch gewünscht Wärmewende mit der Wärmepumpe umgesetzt werden soll, müssen Handwerker fortgebildet, Stromleitungen verstärkt und rund eine Million Wärmepumpen produziert werden. Es ist aber absehbar, dass erst 2025 eine halbe Millionen Wärmepumpen dem Markt zur Verfügung stehen. Es lässt sich also auch für Politisch Verantwortliche leicht ausrechnen, wie lang so ein Umbau der Wärmewende dauern könnte. Das was die Politik in den letzten Wochen geliefert hat, stärkt nicht das Vertrauen in die Akteure. Grundrechenarten und die Anwendung des Dreisatz helfen aber weiter.
Sanierungskosten
Nehmen wir einmal an, es werden deutlich mehr Wärmepumpen als in unserem Beispiel angenommen, produziert. Dann ist immer noch nicht geklärt, wie die Kosten gestemmt werden könnten. So hat die Deutsche Bank berechnet, das bis 2045 mit einem Investitionsbedarf von rund 600 Milliarden Euro zu rechnen ist, um Wohnungen und Einfamilienhäuser in Deutschland energieeffizient zu machen. Dabei schätzt sie, dass ein Drittel ihrer privaten Immobilienkunden nicht über die finanziellen Mittel verfügt, um ihr Haus auf Energieeffizienzklasse A oder Nullemissionshaus umzurüsten. Das Volumen der von der Bank vergebenen Wohnungsbaudarlehen lag im Vergleich dazu Ende des Jahres bei 175 Milliarden Euro. Mit dem Portfolio sind laut Deutscher Bank jährlich 3,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent an finanzierten Emissionen verbunden.
Analyse
Der Wohnungssektor wird für die europäischen Bemühungen zur Erreichung der Klimaziele ein immer wichtigerer Bereich. Die Europäische Union will bis zum Jahr 2030 35 Millionen Wohnungen, Büros, Schulen und andere Gebäude dekarbonisieren. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur ist der Gebäude- und Bausektor weltweit für 30% des gesamten Endenergieverbrauchs verantwortlich. Nach Angaben der Deutschen Bank kann es mehr als 100.000 Euro kosten, ein Haus zu renovieren, um die höchste europäische Energieeffizienzklasse A zu erreichen. Das entspricht Gesamtkosten von etwa 80 Milliarden Euro allein für die Wohnimmobilienkunden der Bank. Sie will – natürlich nicht uneigennützig – Eigentümern dabei helfen, die Energieeffizienz bestehender Häuser zu verbessern und gleichzeitig den Bau neuer emissionsarmer Häuser zu unterstützen.
„Privatkunden müssen Teil der Diskussion sein”, sagte Tobias Horn, Leiter des Portfoliomanagements für das Private Banking in der Risikoabteilung der Deutschen Bank. Der CO2-Ausstoß der Wohnimmobilien in Deutschland könnte ein Hindernis für die Erreichung des Netto-Null-Ziels im Jahr 2045 werden. „Wir als Gesellschaft müssen wirklich handeln”, sagte Jörg Eigendorf, der inzwischen als Chief Sustainability Officer der Bank fungiert, in einem Interview. „Je länger wir warten, desto schwieriger wird es werden” und die Kosten für den Übergang “werden mit der Zeit erheblich steigen”, so Eigendorf.
Die Analyse bestärke die Bank in ihrer Ansicht, dass Finanzsektor und Politik zusammenarbeiten sollten, um Hausbesitzern die Sanierung von Bestandsobjekten zu ermöglichen, heißt es. Die finanzielle Unterstützung soll durch maßgeschneiderte Kreditprodukte und Zugang zu Zuschüssen, Investitionsanreizen und Subventionen angeboten werden. Die Bank plant auch, mit Firmenkunden wie Versorgern und Herstellern von Baumaterialien zusammenzuarbeiten, um die assoziierten Emissionen zu senken.