Was bleibt vom Outdoor-Tourismus?

Befinden wir uns tatsächlich schon in einer Freizeitgesellschaft? Mit der Demokratisierung der Arbeitswelt begann ein immer stärkerer Tourismusboom. Durch weniger Wochenarbeitszeit, mehr Urlaubstage und geringere Reisekosten konnten wir wie „die Reichen“ unsere Welt entdecken. Was damit verbunden ist, zeigt luckx – das magazin im zweiten Teil. Hier geht es zum ersten Teil.

Geht den Bergen die Luft aus?

Manche Kanugruppen machen Party auf den Inseln und hinterlassen Müll und Fäkalien. Die Bushcraftszene fällt Bäume für Nachtlager oder Flöße und trägt Felsbrocken zusammen. Motorisierte Offroader durchpflügen die Natur. Wohnmobile parken auf Wegen und im Wald. Das ist die andere Seite des Outdoor-Sports. Und immer mehr Nutzer vergessen auch ein entsprechendes Entgelt für die Nutzung zu bezahlen. Dazu einige Beispiel.

Glaskogen

Der Glaskogen misst 28.000 Hektar Fläche. Das größte Naturreservat Värmlands (Schweden) umfasst Wald und rund 80 Seen. Es wurde 1970 gegründet und soll ausdrücklich dem Friluftliv, also der Erholung, dienen. Das Wegenetz zum Wandern und Biken ist 300 Kilometer lang. Kanutouren sind auf rund 150 Kilometern Streckenlänge ausgewiesen. Am Parkzentrum in Lenungshammar befindet sich ein idyllischer Naturcamping- und Wohnmobilstellplatz. Der Glaskogen ist auch mit dem ÖPNV erreichbar.Viele Gäste lösen keine für den Zutritt obligatorische Glaskogencard, deren Erlös der Pflege und dem Erhalt des Naturreservats dienen. Auch wünscht sich die Parkleiterin eine stärkere finanzielle Beteiligung von Reiseveranstaltern, die schließlich von der Schönheit der Destination profitieren. Katrin Steverding und ihr Team jedenfalls kämpfen für den Bestand des Naturreservates – mit Aufklärung, nur in begrenztem Umfang möglichen Kontrollen und bald vielleicht auch weiteren notwendigen Restriktionen.

Slow Travel – Konsequent Richtung Nachhaltigkeit

So wie die Glaskogen-Stiftung Overtourism begrenzt, marschiert die skandinavische Outdoor-Branche konsequent in Richtung Nachhaltigkeit. In allen Ländern gibt es mittlerweile grüne Label mit strengen Vorgaben, die nur nach eingehender Prüfung vergeben werden und Touristen eine bewusste Entscheidung für nachhaltige Angebote ermöglichen.

Nature’s Best ist ein Zertifikat für hochwertige ethische Naturreisen in Schweden. Es wurde von Reiseverbänden, Landbesitzern, Naturschutzverbänden, gemeinnützigen Organisationen, Behörden, Tourismusunternehmen und -einrichtungen entwickelt. Die Region Westschweden betreibt eine eigene, vorbildliche Nachhaltigkeitsinitiative.

Finnland etwa hat drei Grundkriterien für die touristische Weiterentwicklung der Region Helsinki, der 1000 Seen, der Schärenküste und Lapplands definiert: Klima und Natur schützen, kulturelles Erbe respektvoll bewahren und die lokale Wirtschaft unterstützen.

Norwegen leitet mit dem nationalen Gütesiegel für seine spektakulären Reiseziele einen Prozess kontinuierlicher Prüfung und Verbesserung ein. Die Weltmeister der E-Mobilität spielen natürlich auch die Karte des nachhaltigen Reisens vom E-Auto über Hybridfähren bis zur Bahn. Einige Bahnlinien zählen zu den spektakulärsten in Europa und machen den Weg in die Natur schon zu einem entspannten Naturerlebnis. Eines von vielen Highlights ist die Raumabahn zum bekannten Fjorddorf Åndalsnes. Der Bergsteiger-Hotspot ist Ausgangspunkt für Touren – u. a. auf dem legendären Berggrat Romsdalseggen – und Wanderungen auf der Landschaftsroute Geiranger-Trollstigen sowie für Skiaktivitäten im Winter.

In Dänemark macht die Outdoor-Hauptstadt Silkeborg vor, wie die Natur als Ressource Wohlergehen, Wohlbefinden und Wachstum einer ganzen Gemeinde stärken kann. Das ehrgeizige Silkeborg-Modell beteiligt in einem einzigartigen 360-Grad-Modell alle relevanten Interessengruppen. Mehr als 175 örtliche Initiativen machen mit. Die Natur wird in jeden Aspekt des Lebens und auf jeder Ebene einbezogen, um das körperliche, geistige und soziale Wohlbefinden der Bürger zu verbessern.

Projekte in ganz Europa

Skandinavien erscheint als ein Hotspot für Nachhaltigkeitsstrategien, doch die Entwicklung grüner Outdoor-Projekte schreitet längst in ganz Europa voran. So braucht der Alpenraum die touristische Wertschöpfung fürs wirtschaftliche Überleben, ächzt aber gleichzeitig unter der starken Last für Natur, Landschaft und soziale Gemeinschaft. Wohin die zukünftige Reise gehen kann, zeigen Initiativen wie die Gemeinschaft der Bergsteigerdörfer. Seit 15 Jahren gibt es dieses Siegel. Statt Massentourismus setzen sich die Dörfer mit sanftem Tourismus in Szene, einfachem und bodenständigem Komfort, problemloser Bahnanreise und vor allem entspannender Erholung in grandioser Natur. Genau das, was viele gestresste Städter suchen.

Sanfte Mobilität als Aspekt der Nachhaltigkeit haben sich 19 Urlaubsorte im gesamten Alpenbogen in Deutschland, Österreich, Italien, Slowenien und der Schweiz auf die Fahne geschrieben. In den „Alpine Pearls“ kommen Urlauber ohne Auto aus. Bekannte Winter- und Sommersportorte wechseln sich ab mit kleinen Destinationen, in denen ein aktiver und naturnaher Outdoor-Urlaub an der frischen Bergluft ebenso möglich ist wie entspannte Wellness.

Wenn es im Mittelmeerraum einen Inbegriff für Massentourismus gibt, dann ist es sicherlich Mallorca. Doch die Insel hat das Ziel, eine Ökotourismus-Region zu werden, unterstützt von der EU mit 55 Millionen Euro Fördergeldern für Klimaschutz. Das Tourismusgesetz der balearische Regierung zielt auf höherwertige touristische Angebote, bessere Energieeffizienz und CO2-Reduzierung in Hotels, Kreislaufwirtschaft sowie soziale Nachhaltigkeit für Beschäftigte der Urlaubsindustrie. Ökotourismus im Naturparadies Mallorca soll ein Beispiel für ganz Spanien werden. Ob die Küsten, das Tramuntana-Bergland oder die zentralen Ebenen – Mallorca setzt auf sportliche Herausforderungen für Wandernde und Biker und seine wunderschönen Landschaften, die es im Einklang mit der Natur zu erkunden gilt.

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