Bei der Müllentsorgung im Meer lässt sich der Eindruck nicht vermeiden, ob wir noch im Mittelalter wären. Denn auch zu jener Zeit wurde der Müll – also Essensreste und Fäkalien – einfach aus dem Fenster gekippt. Doch seit 1972 gibt es ein Abfallbeseitigungsgesetz zum Schutz von Grundwasser und Luft. Was auf dem Land gilt, scheint im Meer zwar anzukommen, aber nicht beachtet werden wie luckx – das magazin recherchierte.
Abfallentsorgung
In Deutschland müssen alle Abfälle und Abfallgemische mit einem organischen Anteil von über fünf Prozent nach den Regelungen der Deponieverordnung vor der Ablagerung behandelt werden. Das geschieht meist thermisch; wird also verbrannt. So dürfen Hausmülldeponien seit Mitte 2005 nur noch vorbehandelte Abfälle aufnehmen, bei denen organische Bestandteile nahezu völlig entfernt sind. Diese Deponien verfügen über eine mineralische Basisabdichtung und ein Sickerwasser-Drainagesystem. Dabei hat die Anzahl der Mülldeponien in Deutschland in den letzten Jahren abgenommen. Im Jahr 2005 gab es 1948 Deponien. Im Jahr 2018 waren es nur noch 1050. Gleichzeitig ist das Abfallaufkommen von 386 Millionen Tonnen im Jahr 2011 auf 411 Millionen Tonnen im Jahr 2016 gestiegen. Bauabfälle machen mehr als die Hälfte des Abfalls aus.
Doch was an Land geregelt ist, gilt wohl immer noch nicht umfassend für unsere Meere. Denn diese werden immer mehr zu Müllhalden. Anstatt Muscheln und Schnecken findet man heute immer häufiger Plastik, Metall, Zigarettenstummel, ausgediente Reifen und andere Materialien als Strandgut. Die katastrophalen Auswirkungen dieser Verschmutzung erstrecken sich über verendende Meerestiere bis hin zu ökonomischen Schäden für den Tourismus. Die internationale Meeresschutzorganisation OceanCare empfiehlt das nun auch auf Deutsch erschienene Buch „Mülleimer Strand“ des renommierten Meeresbiologen, Michael Stachowitsch, als lehrreiche und unterhaltsame Weihnachtslektüre.
Meeresverschmutzung
Der Autor, Michael Stachowitsch, Meeresbiologe an der Universität Wien und seit zwei Jahrzehnten Vertreter Österreichs am Wissenschaftsausschuss der Internationalen Walfangkommission (IWC), hat mit „Mülleimer Strand“ eine eindringliche Visualisierung der Meeresverschmutzung geschaffen. Während der letzten Jahrzehnte hat der Autor diese Strandverunreinigungen dokumentiert, fotografiert und analysiert. Dabei entwickelte er einen Leitfaden, wie man selbst zum Strandmüllexperten oder „Strand-Detektiv“ wird. Mehr als 600 Farbfotos dokumentieren verschiedene Arten von Strandabfällen, von Plastik über Glas bis hin zu Metall. Doch dieses Buch geht weit über eine bloße Bestandsaufnahme hinaus. Der Autor bietet nicht nur detaillierte Informationen zu Herkunft und Zersetzungsstadien der Gegenstände, sondern sensibilisiert auch für die Bedrohungen, die sie für die Umwelt (und uns als «Barfuß-Strandbesucher») darstellen. „Mülleimer Strand“ verbindet ernsthafte Erkenntnisse mit einer Prise Humor, die den Leser dazu inspiriert, selbst aktiv zu werden. Das Buch ist nicht nur ein Aufruf, die atemberaubende Schönheit der Strände zu bewundern, sondern auch ein Weckruf zum Handeln.
„Der Schutz unserer Ozeane erfordert kollektive Anstrengungen. ‚Mülleimer Strand‘ ist mehr als nur ein Buch, es ist eine Einladung an jeden Einzelnen, gegen die Meeresverschmutzung aktiv zu werden. Als aufmerksame Strand-Detektive können wir gemeinsam einen positiven Einfluss auf unsere Umwelt nehmen“, sagt Fabienne McLellan, Geschäftsführerin der internationalen Meeresschutzorganisation OceanCare über ‘Mülleimer Strand’ und fügt hinzu: „Eigentlich sollte das Buch Pflichtlektüre für alle Teilnehmenden an den Verhandlungen über ein globales Plastikabkommen im Rahmen der Vereinten Nationen sein und sie dazu motivieren, das Problem an der Quelle anzugehen“.
Über den Autor: Dr. Michael Stachowitsch
Nach einem B.Sc.-Titel an der Universität Pittsburgh (USA) machte Michael Stachowitsch sein Doktorat und seine Habilitation an der Universität Wien. Hier schaffte er es, in einem Binnenland als Meeresbiologe Karriere zu machen. Er forscht insbesondere in der Adria und im Roten Meer und hält auch zahlreiche Lehrveranstaltungen. Er fungierte lang als österreichischer Koordinator eines Projektes zum Schutz von Meeresschildkröten in der Türkei und ist Teil der österreichischen Delegation bei der Internationalen Walfangkommission. Michael Stachowitschs vielseitige Aktivitäten als Wissenschaftler, Autor, Übersetzer und Herausgeber haben ihn an die Küsten aller Weltgegenden geführt. Und während sich die Tier- und Pflanzenwelt von Strand zu Strand unterscheidet, ist der Müll verblüffend einheitlich – und in rauen Mengen vorhanden.