Lärm macht krank!

Die meisten von uns merken den Lärm schon gar nicht mehr. Zwar wundern sie sich über viele Beschwerden. Doch das die Ursache im Lärm liegen könnte, ist ihnen nicht bewusst. Lärm belastet auch die Tierwelt, wie luckx – das magazin recherchierte.

Bewusstsein

Wie viele Erkrankungen ist die Lärmbelastung ein schleichender Prozess. Beispielsweise stört der Verkehrslärm am Anfang. Doch je länger wir dem ausgesetzt sich, desto weniger nehmen wir ihn bewusst war. Doch er ist weiterhin da. Wichtig ist, dass wir unser Bewusstsein für schädliche Auswirkungen von Lärm auf das Gehör, die Gesundheit und die Lebensqualität schärfen. Aber nicht nur an Land entsteht Lärm. Auch in den Meeren kann er krank machen und mitunter eine tödliche Umweltbelastung werden. Denn im Meerwasser breiten sich Schallwellen 4- bis 5-mal schneller aus als in Luft. Besonders sind vorwiegend akustisch orientierende Meerestiere wie Wale und Delfine vom Lärm im Meer betroffen. Wenig erforscht sind bisher die Auswirkungen von Lärm auf Knochen- und Knorpelfische oder Meeresreptilien wie Meeresschildkröten. Lärmquellen im Ozean sind dabei ebenso vielfältig wie Lärmquellen an Land. Dazu gehören militärische Sonare, Unterwassersprengungen von Altmunition, militärische Übungen oder Gefechte bei kriegerischen Auseinandersetzungen, Lärm von Schiffspropellern und Fahrgeräuschen der internationalen Handelsflotten, von Kreuzfahrtschiffen und Freizeitbooten, 3D-Fächersonare zur Suche von Rohstoffquellen (Öl und Gas) im Meeresboden (Airguns), Rammarbeiten beim Bau von Offshore-Windkraftanlagen.

Mittelmeer und Nord- und Ostsee sind lärmintensive Lebensräume

Das Mittelmeer und die Nord- und Ostsee gehören zu den am stärksten mit Lärm belasteten Meeresgebieten. Wenn Meeressäuger wie Delfine oder Schweinswale Hörschäden erleiden, sind sie weniger erfolgreich bei der Jagd. Zudem können Kälber den Kontakt zur Mutter verlieren, wenn diese schwerhörig ist. „Lärm verursacht Stress, schädigt das Immunsystem der Tiere, vertreibt sie aus ihren Lebensräumen und senkt ihren Fortpflanzungserfolg. In der Folge von militärischen Sonareinsätzen oder Minensprengungen kommt es immer wieder zu Massenstrandungen“, erklärt der Biologe Ulrich Karlowski von der Deutschen Stiftung Meeresschutz. So strandeten im Februar 2023 an der Westküste Zyperns 12 der extrem tief tauchenden Cuvier-Schnabelwale nach einer Marineübung im östlichen Mittelmeer. Im August 2019 strandeten 24 Schweinswale, nachdem die Bundesmarine im Meeresschutzgebiet Fehmarnbelt zu Übungszwecken 42 britische Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg gesprengt hatte.

Eine Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zeigte bereits 2014, dass die impulshaften Schallemissionen von Airguns (Schallkanonen) noch in 2.000 Kilometern Entfernung Meeressäuger stören. Airguns kommen zum Einsatz, um Gas- und Ölfelder im Meeresboden zu lokalisieren. Der Störeffekt kann dabei sowohl die Physis als auch die Psyche der Tiere verschlechtern.

In Entfernungen ab 1.000 km wandeln sich die ursprünglich sehr kurzen Schallimpulse zu einem kontinuierlichen Rauschen. Das kann die Verständigung von Delfinen und Walen auf nur ein Prozent des natürlichen Verständigungsraumes einengen. Es ist, als ob man sich plötzlich ohne künstliche Beleuchtung in ständigem Dämmerlicht zurechtfinden müsste.

Langsamere Schiffe erzeugen weniger Lärm und Klimagase

Im März 2021 legte das belgische Umweltministerium zwei Studien vor, die zeigten, dass bei einer Senkung der Fahrgeschwindigkeit von Frachtschiffen um 25 % nicht nur signifikant weniger Klimagase und Ruß entstehen. Auch das Ausmaß des Unterwasserlärms sinkt deutlich. Zudem hätten große Wale bessere Chancen, den für sie meist tödlich verlaufenden Kollisionen mit Schiffen zu entgehen, wenn Schiffe mit drei Viertel ihrer Maximalgeschwindigkeit, der sogenannten Blue Speed, fahren. Mit dem auch von der Deutschen Stiftung Meeresschutz unterstützten Blauen Manifest fordern 102 Umweltschutzorganisationen eine deutliche Verringerung des Nutzungsdrucks auf europäische Meere bis 2030. Die Organisationen betonen, dass nicht mehr viel Zeit bleibt, um größere, irreversible Schäden abzuwenden.