Heute was verpasst?

Die Angst ist groß, etwas zu verpassen. Jedenfalls erscheint es so, wenn wir uns in der Bahn, im Restaurant oder auf der Straße umschauen. Alle hängen an ihrem Mobiltelefon. Denn es könnte gerade in diesem Moment eine lebenswichtige Nachricht aufploppen. Sicher?

FOMO

Wie wär‘s mit einer Pause? Du verwendest Instagram schon seit XX Minuten. Mach jetzt eine Pause und schließe die App.“ Diese Nachricht ploppt täglich bei Millionen von Menschen auf, die diese Funktion eingestellt haben. A friendly reminder… Es ist Zeit, das Handy zur Seite zu legen und etwas Sinnvolles zu tun. Doch der Großteil klickt trotzdem auf „Jetzt nicht“ und scrollt weiter durch nie enden wollende Fotos, Videos und Produkte.. Die Fear of missing out (FOMO), also die Angst, etwas zu verpassen, ist zu groß. Dieser (Ein-)Druck, zu Hause auf dem Sofa das eigentliche Leben zu verpassen, während einem der Newsfeed von Instagram, Snapchat und andere zeigt, was Freunde und Familie alles erleben oder erreichen, löst Stress aus. So ist es nicht verwunderlich, dass Millennials und die GenZ die Generationen sind, die am gestresstesten und ängstlichsten sind. Diese Altersgruppe leidet besonders unter FOMO, Stress, Schlafstörungen und depressiven Verstimmungen. Um dies zu lösen, wird die Verbindung und der Austausch mit Gleichgesinnten ständig aufrechterhalten. Sei es im Alltag oder auf Reisen. Das ist für viele Millennials der Schlüssel zum Erfolg, um ihre mentale Gesundheit zu schonen und ein erfülltes Leben zu führen.

Sicherheit und Individualität

Auto, Haus, Familie. Was in der Generation der Baby Boomer noch als oberstes Gebot galt, hat sich in den letzten Jahren stark verändert. „Die Nachkriegsgeneration strebte noch stark nach finanzieller Sicherheit und sozialer Anerkennung. Sie lassen sich anhand der Bedürfnispyramide von Maslow gut in der zweiten und dritten Stufe einordnen. Im Gegensatz dazu sind die Millennials, also Menschen, die zwischen 1980 und 1999 geboren sind, in einem weitaus sichereren Umfeld aufgewachsen und befinden sich daher eher im Bereich der Individualbedürfnisse“, erklärt Nathalie Simenic, Psychosomatische Gesundheitsberaterin. Geltung, Anerkennung sowie Erfahrungen und Erlebnisse sammeln stehen hier im Fokus. Die Konsequenz daraus ist, dass es wesentlich mehr kinderlose Haushalte und Singles als in der Elterngeneration gibt. „Durch das Leben in einer immer stärker individualisierten Welt gehen zwischenmenschliche Beziehungen verloren“, ergänzt die Gesundheitsberaterin.

Kontakt halten

Wer kennt heute noch seinen Nachbar? Wer knüpft Kontakte bei einem Teamsport? Millennials tendenziell nicht. Der Alltag wird vom Job dominiert. Nach der Arbeit geht es maximal noch aufs Laufband oder an die Hantelbank im Fitnessstudio, wenn nicht gerade der Einkauf oder ein Essen mit der besten Freundin ansteht. Die To-Do-Liste ist lang und wird stur abgehakt. „In der heutigen schnelllebigen Welt bleibt uns kaum noch Zeit für tiefergehende Gespräche, ehrlichen Austausch und echte Verbindung mit anderen Menschen. Wenn wir nicht gerade in einer Beziehung sind, tun wir tendenziell alles für uns. Die meiste Zeit sind wir allein. Wir verlernen, Kompromisse einzugehen, uns auf andere Personen einzustellen und das Bewusstsein für soziale Gebilde in unserer Gesellschaft. Es wird wieder Zeit, in Kontakt mit anderen zu kommen und das als Geschenk wahrzunehmen, denn sonst vereinsamen wir!“, so Nathalie Simenic weiter.

Erlebnisse teilen, aber auch abschalten

In meiner Tätigkeit als Travel Coordinator bemerke ich zunehmend, dass jetzt, nachdem sich viele Millennials auf ihre Individualität besonnen haben, der Wunsch nach Gruppe und Verbindung wieder stärker zunimmt. Selbst bei Soloreisenden wird sichtbar, dass sie stets auf der Suche nach Kontakt sind und der Wunsch, neue Leute kennenzulernen, überwiegt“, erläutert Simenic. Für sie liegt die Erklärung auf der Hand: „In einer Gruppe können wir uns gegenseitig mitreißen – die Gemeinschaft hat einen positiven Uplifting-Effekt. Das Adrenalin und die Freude, die unser Körper bei solchen Erlebnissen ausschüttet, sind für unsere mentale Gesundheit sehr wichtig und geben uns das Gefühl, dazuzugehören.“

Für die Gesundheitsexpertin gehört in dem Zusammenhang auch dazu, sich aus der eigenen Komfortzone zu trauen. „Ängsten zu begegnen, sich gegenseitig Mut zu machen und Neues auszuprobieren ist sehr heilsam für das eigene Wohlbefinden. Ähnlich wie beim Sport: hat man den eigenen Schweinehund einmal überwunden und kann stolz auf seine Leistung zurückblicken, löst das ein starkes Zufriedenheitsgefühl in uns aus“, so Simenic. Sich dagegen in den eigenen vier Wänden und im gewohnten Umfeld einzuigeln kann auf Dauer lähmen und sorgt für Unzufriedenheit.

Um echte Verbindung zuzulassen und dafür Raum zu schaffen, muss das Handy und die virtuelle Außenwelt auch mal in der Tasche bleiben. Sonst verpassen wir die großartigen Momente und Menschen, die direkt vor uns stehen und blockieren uns selbst.