Matratzenrecycling

Ein Schlafproblem ist noch gar nicht so richtig ins Bewusstsein gedrungen: rund 8 Millionen Matratze werden jedes Jahr erneuert. Doch was passiert mit diesen Matratzen? Luckx – das magazin hat recherchiert.

Verkaufen, verkaufen, verkaufen

Wenn wir uns die Herstellerhinweise oder die von Prüforganisationen anschauen, so ist je nach Geschmack der Wechsel nach 5 bis 10 Jahren erforderlich. Die Begründungen dafür sind sehr unterschiedlich: durch gelegen, aus hygienischen Gründen, preiswertes Material, hohe Wasseraufnahme (durch Schwitzen) beim Schlaf, dadurch kann sich Schimmel bilden usw. Also muss eine neue Matratze her und die Alte wird entsorgt. Dabei werden 95 Prozent der Altmatratzen verbrannt. So steht die Forderung im Raum, dass Matratzen recyclebar werden müssen. Der Matratzenverband fordert gemeinsam mit dem NABU und IKEA Deutschland, dass die Bundesländer einem Antrag von Hessen zur Umweltministerkonferenz zustimmen, der sich für eine Kreislaufwirtschaft bei Matratzen einsetzt. Ferner soll ein Dialog mit der Industrie aufgenommen werden, die bereits mit den Beteiligten der Wertschöpfungsketten und den Recyclingunternehmen an der Etablierung eines EPR-Systems arbeitet.

Mit dem Verbrennen der Matratzen gehen die in ihnen enthaltenen Kunststoffe und Textilfasern unwiederbringlich verloren. Üblicherweise werden Matratzen über die Sperrmüllsammlung oder die Gewerbeabfallsammlung entsorgt. So werden sie verunreinigt, da sie oft nicht vor Witterung geschützt sind und mit anderen Abfallsorten verpresst werden. Ein Recycling der Matratzen ist so praktisch unmöglich. Eine trockene und saubere Sammlung ist die Voraussetzung dafür, dass die Matratzen im Kreislauf geführt werden können. Die Einführung einer so genannten erweiterten Herstellerverantwortung für Matratzen, einschließlich Sammlung und Recycling, würde den Aufbau eines solchen Sammelsystems ermöglichen. In Belgien, Frankreich und die Niederlande wurden solche Systeme bereits etabliert.

Ruf nach dem Staat wird laut

Die Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass die EU verbindliche Ökodesign-Anforderungen für Matratzen aufstellt, damit diese lange halten und nach Lebensende gut recycelt werden können“, fordert NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Derzeit wird die EU-Abfallrahmenrichtline überarbeitet. Diese Chance muss genutzt werden, um die Hersteller von Matratzen in die Pflicht zu nehmen, Sammlung und Recycling zu finanzieren.“ Und der Matratzen-Handel schlägt die gleichen Töne an. „Es braucht viel Energie und Ressourcen, eine Matratze zu produzieren und zu transportieren“, sagt Walter Kadnar, CEO und CSO von IKEA Deutschland. „Mit einem klugen und abgestimmten Verfahren ließen sich 80 Prozent des Materials wiederverwenden oder recyceln. Deshalb setzen wir uns für eine erweiterte Herstellerverantwortung für Matratzen ein. Wir möchten, dass mit uns alle weiteren Hersteller, Einzelhändler und Importeure für die Finanzierung der Organisation, der Sammlung und des Recyclings von Altmatratzen verantwortlich sind.“

Die Transformation schaffen wir nur mit allen Beteiligten der Wertschöpfungskette, einschließlich der Abfall- und Recyclingwirtschaft. Wir haben das Netzwerk und viel Know-how. Was wir noch brauchen, ist die Unterstützung der zuständigen Behörden und Ministerien“, sagt Martin Auerbach, Geschäftsführer des Fachverbandes Matratzen-Industrie. „In Projektgruppen, wie zirkuläres Produktdesign oder digitaler Produktpass schaffen unsere Verbandsmitglieder die Voraussetzung für eine zirkuläre Wirtschaft in der Branche. Mit einheitlichen Standards, etwa zum Matratzen-Refurbishment, sichern wir Verbraucherschutz und fairen Wettbewerb.“

Reinigung viel preiswerter und nachhaltiger

Doch bestimmte Materialien lassen sich viel länger nutzen als 10 Jahre. Darüber hinaus hat der Schweizer Hersteller Swissfeel ein Matratzenreinigungssystem entwickelt, welches die Nutzungsdauer von Matratzen insbesondere in der Hotellerie verlängert (hier geht´s zum Artikel: https://luckx.de/2021/04/12/zeit-zum-wechseln/). Doch so lange die Gewinnspanne beim Matratzen-Handel so extrem hoch wie aktuell ist, hat kein Händler ein Interesse daran, darauf zu verzichten. Und der Ruf nach dem Staat ist immer wieder der einfachste Weg, als selbst aktiv zu werden. Gewinne privatisieren und den Umweltschutz vergesellschaften ist eine fadenscheinige Argumentation. Wenn dem Handel und dem Verband tatsächlich der Umweltschutz so wichtig wäre, würden sie selbst aktiv werden. Und im Übrigen kann bei 8 Millionen Matratzen das Reinigen und Recyclen ein lukratives Geschäft sein. Eine freiwillige, kostenfreie Rücknahme ist der erste Schritt. Damit könnten rund 2,5 Millionen m³ Material pro Jahr eingesammelt werden. Ein Teil ließe sich bestimmt reinigen und der Rest sortenrein der Wiederverwendung zuführen. Es muss nur angefangen werden.