Den heutigen Jugendlichen wird immer Desinteresse, Faulheit, Bequemlichkeit und vieles mehr nachgesagt. Und gern werden diese Attribute bedient, um unsere Zukunft schwarz zu malen. Doch wie sieht die Realität aus. Luckx – das magazin hat recherchiert.
Jugend sorgt sich
Die Wirtschaftskrise, die Inflation, die Kriege bereiten unserer Ju7gend wie wohl allen Deutschen große Sorgen. Doch trotz dieser Krisen blicken sie überwiegend optimistisch in die Zukunft: Sie geben sich überzeugt, dass sie ihren Wunschberuf erreichen, sind mit den politischen Parteien unzufrieden, aber vertrauen stabil Staat und Demokratie. Das ist eines der Ergebnisse der Shell Jugendstudie 2024. Studienleiter Prof. Dr. Mathias Albert fasst das Ergebnis zusammen mit den Worten: „Junge Menschen sind sehr besorgt, aber pragmatisch und optimistisch zukunftsgewandt.“ Besondere Aktualität hat die Studie vor dem Hintergrund der Wahlergebnisse in Brandenburg, Thüringen und Sachsen auch deshalb, weil sie unter anderem politische Positionierungen und die dahinterstehenden grundsätzlichen Überzeugungen junger Menschen untersucht. Prof. Albert: „Wir sehen einen beachtlichen Anteil an verdrossenen Jugendlichen, insgesamt rund 12 % der jungen Leute. Daneben gibt es einen erheblichen Anteil kritischer und unzufriedener Jugendlicher.“
Populismus
Diese sind leicht durch Populismus erreichbar, sind kritisch gegenüber Staat und Gesellschaft eingestellt und sehen sich als benachteiligte Modernisierungsverlierer. Sie positionieren sich konträr zu allem, was pluralisierten Lebensstilen entspricht. Jugendliche mit eher niedriger Bildung, aber auch aus den neuen Bundesländern und auffallend viele junge Männer gehören zu dieser Gruppe. Prof. Albert: „Nichtsdestotrotz: Die verdrossenen und unzufriedenen Jugendlichen prägen keinesfalls die ganze Generation“. Auch andere politisch heiße Eisen packt die Jugendstudie an, vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bis hin zur jugendlichen Einschätzung des Israel-Gaza-Konfliktes. „Junge Leute urteilen relativ klar“, so Prof Albert: Die Jugendlichen sprechen sich mit einer übergroßen Mehrheit von jeweils zwei Dritteln für die NATO aus und verurteilen den russischen Angriffskrieg.
Kriegsgeschehen
Weniger deutlich, aber immer noch mit einer Mehrheit, sind die Jugendlichen der Meinung, dass Deutschland die Ukraine auch militärisch unterstützen sollte: Hier ist etwa die Hälfte der Jugendlichen dafür, ein Viertel dagegen. Jugendliche in den östlichen Bundesländern stimmen weniger zu als in den westlichen. Knapp ein Drittel der Jugendlichen findet es gut, dass sich Deutschland im Israel/Gaza-Konflikt eindeutig an die Seite Israels gestellt hat, genauso viele lehnen dies ab. Rund ein Viertel ist unentschieden. Dies spiegelt wider, wie Jugendliche auf die Frage antworten, ob Deutschland eine besondere Verpflichtung gegenüber Israel habe: ein Drittel sagt ja, ein Drittel nein, ein Viertel teils-teils. Soziodemografische Faktoren spielen hierbei eine Rolle: Jugendliche mit niedrigerem Bildungshintergrund sowie Jugendliche, die entweder selbst oder deren Eltern aus dem arabischen Raum oder der Türkei zugewandert sind, sehen seltener eine besondere Verantwortung Deutschlands.
Ängste und Sorgen
Die Weltpolitik hat auch bei jungen Menschen in Deutschland deutliche Spuren hinterlassen: Mehr als 80 % von ihnen haben Angst vor einem Krieg in Europa. Ein ebenfalls großer Teil sorgt sich um die wirtschaftliche Lage und eine möglicherweise steigende Armut. Allerdings haben zugleich immer weniger junge Menschen Angst vor Arbeitslosigkeit oder davor, keinen Ausbildungsplatz zu finden. Nur noch etwa ein Drittel nennt diese Sorgen. Prof. Albert: „Das ist in unserer Zeitreihe ein historischer Tiefstand.“ Die Themen Klimawandel und Umweltverschmutzung machen weiterhin einer Mehrheit von zwei Dritteln der Jugendlichen Angst – weniger als bei der letzten Jugendstudie 2019. Insgesamt fühlen sich Jugendliche aus den neuen Bundesländern auch 35 Jahre nach dem Mauerfall nach wie vor verwundbarer und schlechter gestellt als die Gleichaltrigen im Westen.
Die große Mehrheit der Jugendlichen steht positiv zu Staat und Gesellschaft und sieht für sich große Zukunftschancen. Das für den deutschen Sozialstaat zentrale Leistungs- und Gerechtigkeitsversprechen sowie das Vertrauen in den Fortschritt sind aus ihrer Sicht weitestgehend intakt. Etwa drei Viertel der Jugendlichen sind der Ansicht, dass Deutschland ihnen alle Möglichkeiten bietet, ihre Lebensziele zu verwirklichen. Sie vertrauen darauf, dass alle gemeinsam als Gesellschaft eine lebenswerte Zukunft schaffen können. Vor allem das Vertrauen in die zentralen Institutionen der Bundesrepublik – vom Bundesverfassungsgericht über Bundeswehr bis zur Polizei und Europäischen Union – ist intakt und in den letzten 20 Jahren sogar kontinuierlich gewachsen. Wird fortgesetzt.