Arbeit, Familie, Beruf stellen immer höhere Anforderungen an uns. Da wird weniger auf die eigene Gesundheit geachtet. Das trifft insbesondere auf die ältere Bevölkerung zu. Denn diese ist es, die Arbeiten und etwas Schaffen als einen wichtigen Lebensinhalt gesehen hat. Doch das nagt an der Gesundheit, wie luckx – das magazin schon im ersten Teil feststellte.
Kardiologische Reha viel zu selten genutzt
„Leider nimmt durchschnittlich nur die Hälfte der Anspruchsberechtigten eine kardiologische Reha überhaupt wahr – und davon noch einmal deutlich weniger Frauen als Männer“, bedauert der DGPR-Präsident. Bei den Patienten nach Herzoperation (26 Prozent) und mit KHK (Akutes Koronarsyndrom, ACS) (31 Prozent) sei der Anteil mit KardReha höher als bei den Patienten mit Herzschwäche (6 Prozent). Aus den Daten der DGPR-Umfrage geht hervor, dass mehr als 30 Prozent (28.534) der Reha-Patienten eine KHK (ACS) als Hauptdiagnose aufwies, die überwiegend per Katheterverfahren behandelt wurde. Fast 12 Prozent (10.099) hatten eine koronare Bypass-OP. Diese Zahlen stehen in starkem Kontrast zu den im Herzbericht für 2023 dokumentierten rund 37.000 koronaren Bypass-Eingriffen (isoliert/kombiniert) (DGTHG-Daten). Ähnlich verhält sich diese Diskrepanz bei der Anzahl der Rehabilitanden nach Herzinfarkt: 2023 wurden rund 186.000 Krankenhausaufnahmen wegen akuter Herzinfarkte verzeichnet, aber nur etwa 28.500 ACS-Patienten befanden sich in KardReha. Diese Zahlen lassen darauf schließen, dass nur ein kleiner Teil der Anspruchsberechtigten die KardReha nutzt, „obwohl sie die Sterblichkeit und Häufigkeit von erneuten Krankenhauseinweisungen senkt. Darüber hinaus werden Lebensqualität, depressive Symptome, soziale und berufliche Teilhabe verbessert“, betont Langheim. „Dabei hat sich die Prognose für Patienten, insbesondere nach Herzinfarkt und nach Bypass-OP, in den letzten Jahren auch dank der kardiologischen Reha-Maßnahmen wesentlich gebessert.“
KHK bei Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler
Angeborene Herzfehler (AHF) sind die häufigsten angeborenen Organfehlbildungen des Menschen. Deutschlandweit werden 8.500 Säuglinge pro Jahr mit einem Herzfehler geboren, therapiert überleben 90 Prozent bis ins Erwachsenenalter. „Dank der inzwischen guten interdisziplinären Versorgung der Patienten mit angeborenem Herzfehler haben wir in den letzten zehn Jahren eine konstant niedrige Mortalitätsrate von unter einem Sterbefall pro 100.000 Einwohner“, betont Prof. Dr. Ulrike Herberg, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK). Sie verweist dabei auf entsprechende Daten im Deutschen Herzbericht. Vergleicht man für die Jahre 2011 und 2023 die Zahlen der Verstorbenen mit angeborenem Herzfehler der Altersgruppe über 60 Jahren, fällt in dieser Altersgruppe ein deutlicher Anstieg auf. „Das bedeutet zunächst, dass Erwachsene mit angeborenem Herzfehler, kurz: EMAH, mittlerweile ein Alter vergleichbar dem Lebensalter der Normalbevölkerung erreichen“, erklärt die Kinderkardiologin und EMAH-Spezialistin. Diese Entwicklung verdeutliche auch die „zunehmende gesamtgesellschaftliche Bedeutung dieser stetig wachsenden Patientengruppe“ mit schätzungsweise über 350.000 EMAH in Deutschland, betont die DGPK-Präsidentin.
Nun können auch EMAH im Zuge des Alterns und aufgrund von Risikofaktoren an erworbenen Herz-Kreislauf-Erkrankungen erkranken – zusätzlich zum angeborenen Herzfehler. In der EMAH-Versorgung kommt daher der Prävention und dem Screening dieser Konstellation aus angeborenem Herzfehler und erworbener Herz-Kreislauf-Erkrankung und gegebenenfalls deren frühzeitiger Therapie besondere Bedeutung zu. „EMAH haben ähnliche Risiken für kardiovaskuläre Erkrankungen wie Menschen ohne angeborenen Herzfehler. Bluthochdruck, Diabetes Typ 2, Fettstoffwechselstörungen, Rauchen, Übergewicht und Adipositas sowie Bewegungsmangel sind auch für EMAH Risikofaktoren, eine KHK und einen Herzinfarkt zu erleiden“, berichtet Prof. Herberg. Das Spektrum der Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei EMAH umfasst neben KHK und Herzinfarkt auch Herzklappenerkrankungen, Herzschwäche, Herzrasen (Tachykardie), langsamen Herzschlag (Bradykardie, AV-Block) und Schlaganfall. „Allerdings sind die Auswirkungen dieser erworbenen Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei EMAH wegen ihres seit Geburt vorbelasteten Herzens oft erheblich schwerwiegender als bei Patienten ohne angeborene Herzfehler“, erklärt Prof. Herberg.
Adipositas: Unterschätztes Problem
Allein knapp 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit AHF weisen nach Angaben des Kompetenznetzes Angeborene Herzfehler (KNAHF) „kein Normalgewicht“ auf. Kinder und Jugendliche mit leichtem Herzfehler haben dabei vor allem häufiger Übergewicht als ihre gesunden Altersgenossen, so das KNAHF. Alarmierend, denn Übergewicht im Kindesalter begünstigt Fettstoffwechselstörungen und Atherosklerose. Und mit zunehmendem Alter können sich als Folge schwere Stoffwechselerkrankungen, Schlaganfälle und Organschädigungen bemerkbar machen, so Experten des KNAHF (3/4). Deshalb sehen die Deutsche Herzstiftung und die DGPK dringlichen Bedarf dafür, dass sowohl EMAH-Patienten selbst als auch ihre betreuenden Ärzte in der Nachsorge frühzeitig für die alters- und lebensstilbedingten Herz-Kreislauf-Erkrankungen und deren Vorsorge sensibilisiert werden. „Wir müssen beispielsweise bei einem über 50-jährigen EMAH-Patienten, der nach Korrektur einer Fallot’schen Tetralogie eine Herzleistungsschwäche entwickelt, auch an eine KHK denken, die wiederum von Risikofaktoren wie Hypercholesterinämie, Bluthochdruck und Adipositas begleitet sein kann“, erklärt DGPK-Präsidentin Herberg, Leiterin einer EMAH-Ambulanz an der RWTH Aachen. Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) treten Expertenangaben zufolge in der Patientengruppe der EMAH mindestens genauso häufig auf wie in der Allgemeinbevölkerung. Insgesamt hat in den vergangenen 20 Jahren in Deutschland die Häufigkeit kontinuierlich zugenommen. Laut Deutscher Adipositas Gesellschaft sind rund zwei Drittel (67 Prozent) der Männer und die Hälfte (53 Prozent) der Frauen übergewichtig. Ein Viertel der Erwachsenen ist stark übergewichtig (adipös): 23 Prozent der Männer und 24 Prozent der Frauen. Erhebungen deuten auch auf ein überdurchschnittlich hohes Adipositas-Risiko bei EMAH-Patienten hin. Gründe sind unter anderem Einschränkungen in Bewegung und körperlicher Aktivität, Gewichtszunahme durch Medikamente und psychosoziale Belastung, Überbehütung und Schonung in der Kindheit (ferner sitzender Lebensstil, eingeschränkte Freizeitaktivitäten), die Art und Schwere des Herzfehlers sowie eine eingeschränkte Herz-Kreislauf-Funktion und Komorbiditäten mit Einfluss auf Wachstum, Entwicklung und Stoffwechsel.
Gefahr für metabolisches Syndrom
Das Beispiel einer Registerstudie mit rund 540 eingeschlossenen EMAH-Patienten mit bekannten Herz-Kreislauf-Risikofaktoren oder einer diagnostizierten Herz-Kreislauf-Erkrankung zeigt, dass der Anteil adipöser EMAH-Patienten bei rund 50 Prozent liegen kann. „Adipositas verlangt in der EMAH-Versorgung besondere Aufmerksamkeit, weil viele übergewichtige EMAH-Patienten das metabolische Syndrom entwickeln, das sich aus hohem Blutdruck, erhöhtem Blutzucker, ungünstigen Blutfettwerten und einem zu hohen Anteil an Bauchfett zusammensetzt und die Gefahr für Herzinfarkt und Schlaganfall erhöht“, berichtet Prof. Herberg. „Das ist ein Warnsignal und verlangt gezielte Präventions-Programme für EMAH-Patienten, die der Komplexität der angeborenen Herzfehler gerecht werden. Das erfordert allerdings mehr Investitionen in die Kardiologische Reha speziell für EMAH. Denn diese sind in Deutschland bisher nur in wenigen Ausnahmen vorhanden.“
Der Deutsche Herzbericht – Update 2025 wird von der Deutschen Herzstiftung zusammen mit den wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften für Kardiologie (DGK), für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG), für Kinderkardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK) und für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR) alljährlich herausgegeben.
Ein Gedanke zu „Mehr auf das Herz achten!“
Kommentare sind geschlossen.