Leasing einer besonderen Art

Nach mehr als 15 Jahren Aufschwung soll sich die deutsche Wirtschaft auf Talfahrt befinden. Wenn wir uns einige wesentliche Kennzahlen anschauen, scheint das aber nicht so zu sein. Doch eine wichtige Branche schwächelt. Warum das so ist, hat luckx – das magazin versucht zu klären.

Mobilität ist alles!

Eine dieser wichtigen Kennzahlen ist die Beschäftigungslage. So meldet die Arbeitsagentur in ihrem Monatsbericht vom August 2024 eine weitere Zunahme der Erwerbstätigen von über 155.000 Personen im Jahresvergleich (2024 zu 2023). Auch die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze befindet sich mit ebenfalls über 150.000 Stellen auf einem weiterhin sehr hohen Niveau. Darüber hinaus wurden Löhne und Gehälter deutlich erhöht; ebenfalls die Sozialleistungen wie das Bürgergeld. Doch alle diese positiven Zahlen reichen nicht aus, damit sich die Bundesbürger eine ausreichende Mobilität finanzieren können. Insbesondere die deutschen Autohersteller, allen voran dier Volkswagen-Konzern, hat die Einstiegsmodelle aus dem Programm genommen. Sicherlich war ein Gedanke dabei, dass nun aufgrund der E-Mobilitätsprämie die Bundesbürger bei den E-Fahrzeugen zugreifen werden. Doch weit gefehlt. Denn trotz Zuschuss war die Nachfrage geringer als erwartet. So haben die Bundesbürger noch keine ausreichende Möglichkeit, E-Fahrzeuge zu laden. Aber auch die Stromkonzerne wollen die Nutzer von E-Fahrzeugen mit drastisch überhöhten Strompreisen über den Tisch ziehen. So bleibt es einfach dabei, dass das vorhandene Fahrzeug weiterhin genutzt wird oder, falls Ersatz erforderlich ist, der weltweite Wettbewerb näher betrachtet wird. Dort finden sich preisgünstigere Alternativen; insbesondere bei Verbrennern.

Auch die grundsätzliche Abschaffung des eigenen PKWs erscheint alternativlos. Denn schon wieder wird eine Preiserhöhung des Deutschland-Tickets diskutiert. Wer mit solcher Diskussion die Bundesbürger in Bus und Bahnen locken will, hat den Zug noch nicht abfahren sehen. Denn das ging schneller, als so mancher Politiker die Augen aufmachen konnte. Ein weiterer Punkt, der das Vertrauen in die deutsche Politik schwinden lässt.

Mobilitätsfinanzierung

Die- größte Herausforderung der Mobilität in deutschen Landen ist die schwache Verkehrsinfrastruktur. Nicht nur das jetzt die ersten Brücken einstürzen (Italien lässt grüßen!), sondern fehlende Zug- und Bahnverbindungen machen den ÖPNV inakzeptabel. So bleibt nur der Individualverkehr übrig – mit allen Stau- und sonstigen Verkehrsbehinderungen. Um dem zu begegnen, wird nun wieder eine andere Form des Umweltbonus zur Finanzierung der Elektromobilität diskutiert. Da dessen Sinnhaftigkeit schon damals bezweifelt wurde, soll nun ein Beispiel aus Frankreich in Erwägung gezogen werden. Angesichts wachsender Herausforderungen bezüglich Klimawandel und Mobilität, testet Frankreich mit seinem Sozialleasing-Programm für Elektrofahrzeuge ein Modell, das beide Aspekte unter einen Hut bringt. Das französische Sozialleasing richtet sich gezielt an geringverdienende Arbeitnehmende, die ein privates Fahrzeug für ihren Arbeitsweg oder ihre berufliche Tätigkeit benötigen. Bei Vertragsbeginn wird keine Anzahlung geleistet und die monatlichen Raten betragen zwischen 100 und 150 Euro. Gefördert werden ausschließlich umweltfreundliche Fahrzeuge mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb, deren Preis unter 47.000 Euro liegt.

Förderung der lokalen Autoindustrie

Neben dem Preis werden auch die Fahrzeugmodelle eingegrenzt. Um nicht die eigene Autoindustrie zu bevorzugen und die Auswahl nach objektiven Kriterien zu gestalten, hat Frankreich eine Formel gefunden: den score environnemental. Dieses Bonus-Malus-System bewertet unterschiedliche Umweltaspekte eines Fahrzeugmodells. Ein wichtiger Faktor dabei ist der Produktionsstandort, um die CO2-intensiven Transportwege kurz zu halten. Liegt dieser zu weit von Frankreich entfernt, kann die notwendige Punktzahl für das Sozialleasing nicht erreicht werden. Durch diese Kriterien wird sichergestellt, dass die Fahrzeuge aus europäischer Produktion stammen. Neben den französischen Marken nehmen deshalb nur sehr wenige andere Unternehmen am Sozialleasing-Programm teil. In Frankreich konnte bereits kurz nach Einführung ein Anstieg der Verkaufszahlen für Elektroautos außerhalb des Premiumsektors verzeichnet werden.

Förderung

Schon allein das Wort Sozialleasing wirft unweigerlich die Frage nach den Kosten und der Finanzierung auf. Das Programm wird aus staatlichen Mitteln gespeist. Der französische Staat finanziert bis zu 27 % des Fahrzeugpreises. Da dieser nicht über 47.000 Euro liegen darf, ist der staatliche Zuschuss auf etwas weniger als 13.000 Euro pro Fahrzeug begrenzt. Die etwa 50.000 Haushalte, die bereits einen Sozialleasingvertrag abgeschlossen haben, werden den französischen Staat also um die 600 Millionen Euro kosten. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 hat Deutschland 2,4 Milliarden Euro für den Umweltbonus ausgegeben.

Deutschland und Frankreich sind zwei vergleichbare Volkswirtschaften. Der französische Vorstoß könnte also auch Deutschland helfen, weitaus mehr als nur zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Beschleunigung der Verkehrswende, Beitrag zur Erreichung der Klimaziele, verbesserte Mobilität in ländlichen Gebieten, Unterstützung von Geringverdienenden und Förderung der eigenen Automobilindustrie. Dazu müssten laut EU-Kommissar Thierry Breton allerdings mehr massentaugliche, also günstige, E-Autos angeboten werden. Das erscheint in naher Zukunft fast aussichtslos; insbesondere dann, wenn zum Beispiel Volkswagen weiterhin die Preisschraube nach oben dreht und das Einstiegssegment nicht bedient. Die Forderung des VW-Management nach höherer Förderung ist klar zurückzuweisen, weil an die VW-Anteilseigner rund 5 Milliarden Euro als Dividende ausgeschüttet wurden. So soll wieder einmal ein Verlust verstaatlicht und Gewinne privatisiert werden. Das lässt sich niemanden erklären, wenn gleichzeitig aufgrund dessen die Forderung nach Kürzungen in den Sozialleistungen gefordert werden.