Ob Pflanzenbau – also Weizen, Hafer oder Sonnenblumen – oder Tierproduktion wie Schweinemästen: Alles steht in Verruf, unserer Umwelt zu schaden. Doch wie lässt sich die menschliche Ernährung so gestalten, dass wir nicht nur die Versorgungslage sicherstellen, sondern auch der Umwelt etwas Gutes tun, fragt luckx – das magazin.
Nährstoffrückgewinnung
Neben der Wärmeversorgung unserer Wohnungen gehört die Landwirtschaft zu den großen Umweltsündern. Doch, da sind wir uns alle sicher, wir brauchen warme Wohnungen als auch genug Lebensmittel. Sonst ist es aus mit dem Überleben. Nicht nur für uns Menschen, sondern auch für Flora und Fauna. Wir müssen also den Pflanzenbau und die Tierproduktion anpassen. Weniger Gülle auf die Felder ausbringen, um den Nitrateintrag ins Grundwasser zu reduzieren und mehr Hecken und Wiesen anlegen, um allen Tierarten das Leben zu ermöglichen. Dabei gibt es weitere Möglichkeiten. Eine bisher wenig beachtete Chance der nährstoffrückgewinnenden Agrarproduktion ist die Hydroponik. Sie könnte nicht nur für Deutschland auf dem Weg zu einer echten Bioökonomie hilfreich sein. Diese sogenannte SUSKULT-Vision gewinnt weiter an Bedeutung. Aktuell geht es darum, das auf Hydroponik basierende Produktionssystem zu optimieren. Mit dem klaren Ziel, die Grundlagen für eine erfolgreiche Etablierung im Markt zu schaffen.
Anscheinend ist die internationale Gemeinschaft nicht mehr in der Lage, die Sustainable Development Goals (SDGs) bis 2030 zu erreichen. Verantwortlich sind neben dem fortschreitenden Klimawandel die Covid-19-Pandemie und gewaltsame Konflikte. Die Auswirkungen des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine unterstreichen die hohe Abhängigkeit der landwirtschaftlichen Produktion in Deutschland und der Europäischen Union von importierten Ressourcen wie Energie und Düngemittel. Gleichzeitig sind gegenwärtige Agrarsysteme mitverantwortlich dafür, dass die planetaren Belastungsgrenzen überschritten werden. So sind neue neue Strukturen in der Agrarwirtschaft zu schaffen. Zukünftige Agrarsysteme müssen kreislaufbasiert, nachhaltig und resilient sein, um den Herausforderungen globaler Lieferketten, endlicher Phosphorressourcen, hoher Energiebedarfe und Verschmutzungen von Gewässern und Böden begegnen zu können.
Demonstrationsanlage
Mittlerweile sind diese Bausteine in einer Demonstrationsanlage zu einer Prozesskette zusammengefasst und werden in der Praxis getestet. Standort der Anlage ist die von der Emschergenossenschaft betriebene Kläranlage Emscher-Mündung in Dinslaken, eine der größten ihrer Art in Europa. Kläranlagen werden dabei zu sogenannten NEWtrient-Centern, die sämtliche für den gartenbaulichen Anbau von Produkten notwendigen Ressourcen – Nährstoffe, CO2, Wasser und Energie – liefern können. Und das alles mit nur kurzen Wegen zu den Verbrauchern. Die Ressource Abwasser wird in NPK-haltigen Flüssigdünger (NPK: Stickstoff, Phosphor und Kalium) umgewandelt, der wiederum zur Kultivierung von z. B. Gemüse und Salat sowie gesundheitsfördernden Lebensmitteln wie Süßkartoffeln und Moringa verwendet werden kann. Des Weiteren können Wasserlinsen produziert werden, die über einen hohen Vitaminanteil verfügen und als regionaler Sojaersatz dienen. Der Anbau erfolgt indoor in vertikalen Anlagen. Diese sind vor Umwelteinflüssen geschützt. Die Produktion ist platzsparend und saisonunabhängig möglich,
Nächste Schritte
Nach dem erfolgreichen Abschluss der ersten Förderphase startet nun die zweite Phase. Dabei werden neben den Ressourcenpotenzialen von Kläranlagen auch weitere Ressourcen wie z. B. Gärreste erschlossen. Miteinander gemischt, lassen sie sich als Flüssigdünger sowohl für vertikale Farmen in urbanen Zentren (Frischgemüse und proteinhaltige Pflanzen) als auch in der Feldkultivierung (mehrjährige Pflanzen) nutzen. Als Ziel wird angestrebt, ein flächendeckendes Netzwerk an verschiedenen Zentren entstehen zu lassen. Künftig soll dies die Pflanzenkultivierung auf Basis heimischer Ressourcen weitestgehend unabhängig von Importen und unvorhersehbaren Ereignissen sichern.