EU-Erweiterung und Grüne Woche

Auch die EU-Erweiterung auf die ost- und südosteuropäischen Länder gab der Grüne Wochen einen weiteren Schub. Denn gerade dort war in der Vergangenheit die Wirtschaft eher landwirtschaftlich geprägt – was sich zwischenzeitlich auch verändert hat. Die Veränderungen auf Aussteller und Besucher der Grünen Woche hatte luckx – das magazin recherchiert.

EU-Erweiterung

Mit der Internationalen Grünen Woche 2005 – der ersten Veranstaltung nach der EU-Osterweiterung (1. Mai 2004) zum größten Binnenmarkt der westlichen Welt – wurde Berlin mehr denn je zum Treffpunkt für Politiker und Experten aus den Bereichen Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft. Bis 2007 wuchs die EU auf 27 Mitgliedsstaaten. Welche Auswirkungen die Öffnung der innerdeutschen und europäischen Grenzen seit 1989 für die Grüne Woche hatte, zeigt die Tatsache, dass mittlerweile neben den traditionellen Beteiligungen aus dem westlichen Europa rund ein Drittel der ausstellenden Nationen aus Mittel- und Osteuropa stammt.

Im Jahr 2005 gab es erstmals ein offizielles Partnerland bei der Grünen Woche. Tschechien machte den Auftakt, danach folgte Russland 2006 mit einer beeindruckenden Angebotsvielfalt von Spezialitäten aus nahezu allen Landesregionen von St. Petersburg bis ins ferne Sibirien. Ganz im Zeichen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft stand die Grüne Woche 2007, die von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso eröffnet wurde. Als Partnerland 2008 präsentierte die Schweiz unter dem Motto „Grüezi Berlin! Schweiz. Natürlich.“ Spezialitäten aus allen 26 Kantonen des Landes. Die Niederlande boten als Partnerland 2009 „Qualität von nebenan“. Russland stellte in diesem Jahr mit 6.000 Quadratmetern erneut die größte ausländische Beteiligung auf dem Berliner Messegelände. Unterstrichen wurde dieser starke Auftritt durch den erstmaligen Besuch des russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin auf der Grünen Woche.

Ungarn setzte auf der IGW 2010 die Tradition als Partnerland fort. 2011 überzeugte Polen mit seinem bislang größten Auftritt auf einer Grünen Woche die Besucher mit kulinarischen Spezialitäten aus allen Regionen und dem Slogan: „Polska schmeckt!“. Das Partnerland der Grünen Woche 2012, Rumänien, forderte die Besucher auf: „Erkunde den Karpatischen Garten!“ Ihr 60-jähriges Grüne Woche-Jubiläum feierten 2013 die Niederlande mit der Botschaft „Qualität wächst in Holland“. Mit dem Slogan „NATURlich Estland“ machte das Partnerland 2014 auf die Bedeutung seiner sauberen Natur für die Landwirtschaft und den Tourismus aufmerksam. „Lettland – nimm Dir die Zeit” empfahl 2015 der lettische Staatspräsident Andris Berzins bei der IGW-Eröffnung. Das Partnerland 2015 hatte im ersten Halbjahr auch die EU-Ratspräsidentschaft inne. Als erstes außereuropäisches Partnerland begrüßte Marokko 2016 seine Gäste in der Atmosphäre einer nordafrikanischen Medina. Das Partnerland 2017 präsentierte sich unter dem Motto „Traditionsreich, Vielfältig, Natürlich: Ungarn“. Das Partnerland Bulgarien brachte 2018 das „Aroma der Sonne“ nach Berlin. „Aus der Wildnis“ grüßte 2019 das Partnerland Finnland. Im Jahr 2020 präsentierte das Partnerland Kroatien seine kulinarische Vielfalt.

Weltagrargipfel

Um der globalen Erörterung der in Berlin behandelten Agrarfragen gerecht zu werden und gleichzeitig die hochrangige Besetzung mit Spitzenvertretern aus der gesamten Agrarpolitik und -wirtschaft zu würdigen, löste auf der Grünen Woche 2008 die Internationalen Agrarministerkonferenz das bisherige Ost-/West-Agrarforum ab. Der weitere Ausbau zum Weltagrargipfel wurde auf der Grünen Woche 2009 mit den Spitzenvertretern der gesamten Wertschöpfungskette fortgesetzt. Rund 50 Agrarministerinnen und -minister und damit doppelt so viele wie im Vorjahr waren der Einladung von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner gefolgt, um auf dem Berliner Agrarministergipfel 2010 den Startschuss für eine internationale Klimaschutz-Initiative zu setzen. 2011 lautete das Thema „Handel und Sicherung der Welternährung: Global – Regional – Lokal“. 2012 griff das GFFA die zentrale Rolle des Agrarsektors für die Weltgemeinschaft mit dem Thema „Ernährungssicherung durch nachhaltiges Wachstum – Landwirtschaftliche Nutzung knapper Ressourcen“ auf.

Am 4. Berliner Agrarministergipfel nahmen Minister aus rund 70 Ländern teil. Beim GFFA 2013 zum Thema „Verantwortliche Investitionen in Agrar- und Ernährungswirtschaft – Schlüsselfaktor für Ernährungssicherung und ländliche Entwicklung“ wurden Strategien für sinnvolle Investitionen diskutiert. 2014 lautete das Thema des 6. GFFA „Landwirtschaft stärken – Krisen meistern – Ernährung sichern“. 2015 setzte das 7. GFFA die Frage „Wachsende Nachfrage nach Nahrung, Rohstoffen und Energie: Chancen für die Landwirtschaft, Herausforderungen für die Ernährungssicherung?“ auf die Agenda. Das 8. Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) brachte 2016 unter dem Leitthema „Wie ernähren wir die Städte? – Landwirtschaft und ländliche Räume in Zeiten von Urbanisierung“ internationale Schlüsselakteure aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammen.

Im Juli 2017 war Deutschland Gastgeber des G20-Gipfels der Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer in Finanz- und Wirtschaftsfragen. Daher folgte unmittelbar nach dem 9. GFFA 2017 mit dem Leitthema „Landwirtschaft und Wasser – Schlüssel zur Welternährung“ das Agrarministertreffen der G20-Staaten (22.1.2017). Das 10. GFFA erörterte das Thema „Die Zukunft der tierischen Erzeugung gestalten – nachhaltig, verantwortungsbewusst, leistungsfähig“ in einem globalen Kontext. Das 11. Global Forum for Food and Agriculture, auf dem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel vor rund 70 Landwirtschaftsministern im CityCube Berlin sprach, widmete sich dem Leitthema „Landwirtschaft digital – Intelligente Lösungen für die Landwirtschaft der Zukunft“. 2020 stand das GFFA unter dem Motto „Nahrung für alle! Handel für eine sichere, vielfältige und nachhaltige Ernährung.“ Aufgrund der Pandemie findet das GFFA 2021 und 2022 digital statt. 2021 erörterte das Forum das Thema „Pandemie und Klimawandel: Wie ernähren wir die Welt?“. 2022 treffen sich die Agrarminister unter dem Motto „Nachhaltige Landnutzung: Ernährungssicherheit beginnt beim Boden“.

Unterbrechung Corona-Pandemie

Zu den besonderen Höhepunkten der Grünen Woche 2019 zählte auch der Auftritt von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf dem 12. Zukunftsforum Ländliche Entwicklung. Im Jahr 2020 blickte sie auf eine 94-jährige wechselvolle Geschichte zurück. Auch die 85. IGW war wieder ein Spiegel der Zeit. So stand das Thema Nachhaltigkeit im Fokus vieler Auftritte. Unter anderem war die Bewegung „Friday For Future“ mit einem eigenen Stand in der Berlin-Halle vertreten.

Die Grüne Woche 2021 stand im Schatten der weltweiten Corona-Pandemie. In ihrer 95-jährigen Geschichte geht die Internationale Grüne Woche erstmalig rein digital an den Start. Damit setzte die globale Leitmesse für Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau Maßstäbe und brachte die aktuellen Themen der Branche ins Netz: Ob Tierwohl und Klimaschutz, regionale Wertschöpfungsketten „from farm to fork“ oder Kochen mit Algen und Insektenmehl – vom 20. bis 21. Januar 2021 konnte das Fach- und Privatpublikum auf vier Kanälen mehr als 100 Beiträge kostenlos verfolgen. Im Jahr 2022 fand die Internationale Grüne Woche aufgrund der Corona-Pandemie nicht statt.

Veranstaltet wird die Grüne Woche von der Messe Berlin GmbH. Ideelle Träger sind der Deutsche Bauernverband (DBV) sowie die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE).