Das Münchner Messegelände steht im Zeichen der Energiewende. Tausende von Anbietern von Solar- und Speichertechnologien zeigen dem interessierten Publikum die neuesten Produkte. Luckx – das magazin ist vor Ort.
Energie aus Sonne und Wind
Zwar ist der Schwerpunkt auf dem Münchner Messegelände die Solarenergie und alles, was dazu gehört. Doch voller Stolz berichtet die Branche vom Fortschritt der erneuerbaren Energien. Denn erstmals erzeugt Europa mehr Strom aus Sonne und Wind als aus Kohle und Gas. Deutschland erreicht mit rund 60 Prozent Erneuerbaren im Strommix einen neuen Höchststand. Die Energierealität hat sich grundlegend verändert. Was jetzt zählt, ist ein Energiesystem, das dieser neuen Normalität gerecht wird – flexibel, digital, vernetzt. Eben dieser Wandel verlangt nach zeitgemäßen Antworten, die Messe The smarter E Europe 2025 liefert. Vom 7. bis 9. Mai bringen sich dort 2.737 Aussteller aus 57 Ländern mit ihren Lösungen, Anwendungen und Geschäftsmodellen für eine erneuerbare Energieversorgung in Stellung, darunter Großspeicher, PV-Hybridanlagen, bidirektionales Laden, intelligentes Lastmanagement und vieles mehr. Über 100.000 Fachbesucher aus rund 170 Ländern werden erwartet. In diesem Jahr macht die Messe deutlich: Die Technologien sind da, die Geschäftsmodelle erprobt, die Branche ist bereit. Jetzt braucht es den politischen Willen, ein konsequentes Handeln und den Mut, das Energiesystem neu zu denken.
Konkurrenzlos günstiger Strom aus Photovoltaik
Mit einer Keynote eröffnete Ex-VW-Vorstand Herbert Diess (jetzt: The Mobility House) die Pressekonferenz und brach eine Lanze für die Elektromobilität, mit der er bei Volkswagen nicht vorangekommen war. Er schwärmte von der Entwicklung der E-Mobilität in China und seinen Beobachtung auf der vor wenigen Tagen zu Ende gegangenen Automesse in Schanghai. Doch die Voraussetzungen sind völlig andere, die er leider nur im Nebensatz erwähnte. Wenn ein Land wie China über die wichtigsten Rohstoffe für die Elektromobilität verfügt wie Seltene Erden und Autofahrern den erforderlichen Strom für umgerechnet 1 Cent pro kW/h verkauft, würden auch sicherlich in Europa und im „Geiz ist Geil Staat“ Deutschland mehr Autofahrer auf E-Fahrzeuge umschwenken. Doch trotz der billigen Solarmodule aus China lässt sich hier der Solarstrom nur in einer Preisspanne von 5 bis 10 Cent selbst produzieren. Voraussetzung ist dabei ein Eigenheim mit entsprechender Solaranlage und der Ladeinfrastruktur. Wer darüber nicht verfügt, sondern aus der heimischen Steckdose den Strom bezieht, zahlt allein für die Netznutzung 7,5 Cent pro kW/h. Wenn tatsächlich mehr E-Fahrzeuge auf die Straße sollten, bedarf es keiner Kaufförderung, sondern einfach nur günstigen Strom; egal ob gelb, grün oder in sonstiger Farbe. Doch wer E-Autofahrer an der Autobahn mit einem Euro pro kW/h abzogt, muss sich nicht wundern, dass die autofahrende Mehrheit bei Benzin und Diesel bleibt. Da weiß man, was man hat.
Unabhängigkeit schaffen
Zwar ist die Energiewende nicht vollends vollzogen, doch die Fortschritte sind unübersehbar. So hat uns der Überfall Putins auf die Ukraine mit der Energiekrise gezeigt, wie verwundbar Europa und insbesondere Deutschland und seine Wirtschaft ist. Erneuerbare Energien, insbesondere die Photovoltaik, sind laut Walburga Hemetsberger, CEO des europäischen Branchenverbands SolarPower Europe, der Schlüssel zu Energiesicherheit und wirtschaftlicher Resilienz. Nach dem starken Zubau erneuerbarer Erzeugungskapazitäten müsse nun der Fokus auf die nächste Ausbaustufe des Energiesystems gelegt werden: „Um unser Energiesystem wirklich zukunftssicher zu machen, brauchen wir stärkere Netze, intelligentere Flexibilität und eine vollständige Elektrifizierung von Industrie, Verkehr und Wärme. Batteriespeicher sind nicht mehr nur eine Option – sie sind unerlässlich, um Abschaltungen und negative Preise zu bewältigen. Das Ergebnis? Niedrigere Kosten, günstigerer Strom für die Verbraucher und mehr Energiesicherheit für Europa. Es ist jetzt an der Zeit, das Tempo zu erhöhen.“
Energieerzeugungskosten
Aktuelle Marktzahlen belegen diese Aussage eindrucksvoll: Laut dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE lagen im Jahr 2024 die Gestehungskosten pro Kilowattstunde für PV-Großanlagen in Deutschland bei etwa 4 bis 7 Cent/kWh, während für Großanlagen mit Batteriespeichern Kosten zwischen 6 und 11 Cent/kWh ermittelt wurden. Die Erzeugung in konventionellen Kraftwerken ist erheblich teurer. Die Gestehungskosten einer Kilowattstunde betrugen bei Kohle- und Gaskraftwerken rund 15 bis knapp 33 Cent/kWh. Noch teurer, und damit abgesehen von allen anderen Nachteilen auch wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig, ist die Kernenergie. Hier kostet die Erzeugung einer Kilowattstunde bis zu 49 Cent. Schon aus rein ökonomischen Gründen wird sich daher klimaneutral erzeugter Strom auch weiterhin durchsetzen.
Michael Villa, Executive Director bei smartEn – Smart Energy Europe, mahnte bei der Eröffnung von The smarter E Europe strategisches Denken und Handeln bei den Verantwortungsträgern auf der EU-Ebene an: „Erschwingliche Energie, industrielle Wettbewerbsfähigkeit und Energiesicherheit sind in der heutigen geopolitischen Lage oberste Prioritäten für die EU. Um diese Ziele zu erreichen, ist ein entscheidender Beitrag der Branche für nachfrageseitige Flexibilität erforderlich – doch dieser Sektor sieht sich in den Mitgliedstaaten weiterhin erheblichen Hürden gegenüber. Es ist dringend notwendig, diesen digital gesteuerten Geschäftsmodellen zu ermöglichen, innerhalb eines marktbasierten Rahmens zu agieren und zu skalieren. Dies ist eine strategische Chance, die sich die EU nicht entgehen lassen darf.“
Flexibilität gefordert
Mit dem weltweit wachsenden Anteil erneuerbarer Energien steigt also der Druck, das Energiesystem neu zu denken – flexibler, intelligenter und vernetzter muss es sein. Batteriespeicher gelten in diesem Zuge als Rückgrat dieser Transformation. Sie stabilisieren Netze, ermöglichen neue Geschäftsmodelle und steigern die Versorgungssicherheit. Auch die Elektromobilität leistet ihren Beitrag: Fahrbatterien können durch bidirektionales Laden als dezentrale Speicher genutzt werden – ein Ansatz, der in ersten Pilotprojekten, beispielsweise in Frankreich, bereits erfolgreich umgesetzt wird. The smarter E Europe 2025 greift diesen vielversprechenden Innovationsimpuls auf und zeigt erstmals in einer eigenen Sonderschau die Potenziale des bidirektionalen Ladens für eine erneuerbare Energieversorgung auf.