Auto unverzichtbar

Der eine oder andere Politiker möchte gern, dass die Bundesbürger auf Öffentliche Verkehrsmittel und das Fahrrad umsteigen. Das ist sicherlich eine gute und umweltgerechte Idee. Doch so richtig gelingen kann es nicht, wie luckx – das magazin recherchierte.

Blasengedanken

In der Bundeshauptstadt gehen die Uhren anders. Nein, eigentlich wird die Zeit bundesweit einheitlich angezeigt. Doch in der Berliner Blase, wo U- und S-Bahn – mit Ausnahmen – regelmäßig Tag und Nacht zur Verfügung stehen, wird das Auto nicht benötigt. So jedenfalls scheint es in der Gedankenwelt von Einigen verankert zu sein. Deshalb ist für Berlin-Besucher völlig unverständlich, dass alle Straßen und kleinste Ecken mit Autos zugeparkt sind. Haben denn die Berliner die Politiker auch nicht verstanden, obwohl sie Tür an Tür wohnen? Anscheinend ist die individuelle Mobilität mit dem Auto für den weit überwiegenden Teil der Bevölkerung in Deutschland unverzichtbar. Das gilt für drei von vier Bundesbürgern (75 Prozent), in ländlichen Gebieten sind es sogar neun von zehn (91 Prozent), die das Auto in ihrem Alltag für unverzichtbar halten. Das ist eines der Ergebnisse einer Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach. Gefragt wurde nach dem Mobilitätsverhalten, den Mobilitätspräferenzen und nach der Einstellung der Bevölkerung zu nachhaltigen Mobilitätsangeboten und Technologien. Die repräsentative Befragung wurde im Auftrag des Verbands der Automobilindustrie (VDA) durchgeführt.

Zeitreihe

Die ersten Befragungen erfolgten bereits 2021 und 2023, ein Vergleich der Ergebnisse und der Entwicklungen ist daher möglich – so auch bei der Bedeutung des Autos, die unverändert hoch ist. Bereits 2023 gaben 74 Prozent der Befragten an, dass das Auto für sie unverzichtbar ist, 2021 waren es 76 Prozent. Auf dem Land ist die Bedeutung sogar um 7 Prozentpunkte gestiegen. 2023 hatten noch 84 Prozent der Befragten angegeben, im Alltag nicht auf das Auto verzichten zu können. 2025 steigt dieser Wert auf 91 Prozent.

Deshalb kommt die VDA-Präsidentin Hildegard Müller nicht umhin, festzustellen: „Viele Menschen in Deutschland können ihren Alltag ohne das Auto nicht bewältigen. Das gilt ganz besonders in ländlichen Räumen, in denen mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung lebt. Kein Auto bedeutet für sie: keine Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes, kein Einkauf, kein Besuch beim Arzt oder den Verwandten, kein soziales Engagement. Das verdeutlicht: Mobilität – auch die individuelle Mobilität mit dem Auto – bedeutet gesellschaftliche Teilhabe. Sie muss für jeden zugänglich sein. Auch deshalb machen wir das Auto noch klimafreundlicher, noch nachhaltiger, noch innovativer, noch sicher und noch digitaler.“

Auto ist praktischste Lösung

Auch bei vorhandenen Alternativen entscheiden sich viele Menschen bewusst für den Pkw. Im Vordergrund stehen dabei vor allem Praktikabilität und Schnelligkeit: 64 Prozent – bei Vielfahrern sind es sogar 68 Prozent – empfinden das Auto als die praktischste Lösung. 61 Prozent schätzen die Zeitersparnis, bei Vielfahrern sind es 74 Prozent. Lediglich 16 Prozent der Bevölkerung sehen Möglichkeiten, ihr Mobilitätsverhalten zu ändern. 71 Prozent halten es dagegen für schwer möglich, zu ändern, wie sie normalerweise unterwegs sind und welche Verkehrsmittel sie nutzen. Auf dem Land liegt dieser Wert sogar bei 82 Prozent. Und auch in Großstädten teilt eine Mehrheit von 60 Prozent diese Einschätzung. Die Untersuchung zeigt, dass das Auto tief in den Mobilitätsvorstellungen der Menschen verankert ist. 78 Prozent sind überzeugt, dass man mit keinem anderen Verkehrsmittel so unabhängig und flexibel ist wie mit dem Auto. Mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) sagt, dass sie ihr derzeitiges Leben ohne Auto nicht oder nur sehr schwer führen könnten. Neben dem Aspekt der Unabhängigkeit spielt auch Geschwindigkeit eine wichtige Rolle: 40 Prozent geben an, dass ihnen bei der eigenen Mobilität vor allem wichtig ist, dass es schnell geht. Passend dazu wünschen sich 42 Prozent eine bessere Vernetzung verschiedener Verkehrsmittel (z. B. Auto und ÖPNV), um immer die schnellste Verbindung wählen zu können.

Verkehrsinfrastruktur

Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung: Im Nachgang der Pandemie ist die Bedeutung des Fahrrads deutlich zurückgegangen, die des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) hingegen stabil geblieben. 38 Prozent der Befragten geben aktuell an, dass das Fahrrad im Alltag für sie unverzichtbar ist (2023: 49 Prozent, 2021: 49 Prozent) und 40 Prozent sagen das über den ÖPNV (2023: 41 Prozent, 2021: 42 Prozent). Weitere 20 Prozent können in ihrem Alltag nicht auf die Nutzung regionaler oder überregionaler Züge verzichten (2023: 29 Prozent, 2021: 23 Prozent). Kann die stabile Nutzung der Grund sein, warum nun schon wieder das Deutschland-Ticket erhöht wird?

Die Einschätzungen der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland hinsichtlich des Zustands der Verkehrsinfrastruktur sind ernüchternd. Drei von vier Personen (77 Prozent) bewerten den Zustand von Straßen und Brücken in Deutschland als schlecht (56 Prozent) oder sogar sehr schlecht (21 Prozent). Die Zufriedenheit mit dem Straßennetz vor Ort ist seit 2021 deutlich gesunken – besonders stark in Ostdeutschland und im ländlichen Raum. So ist der Anteil der Bevölkerung in Deutschland, der weniger oder gar nicht zufrieden ist, von 21 Prozent im Jahr 2021 auf 37 Prozent (aktuelle Auswertung) gestiegen. Gleichzeitig ging der Anteil derjenigen, die zufrieden oder sehr zufrieden sind, von 77 Prozent auf 61 Prozent zurück. In Ostdeutschland geben aktuell 46 Prozent der Befragten an, weniger oder gar nicht zufrieden zu sein, im Jahr 2023 waren es nur 29 Prozent.

In puncto ÖPNV bleibt das Meinungsbild stabil – aber je nach Wohnort verschieden: Während in Großstädten eine Mehrheit zufrieden ist, herrscht in Dörfern und Kleinstädten überwiegend Unzufriedenheit. Während in Deutschland insgesamt 46 Prozent zufrieden oder sehr zufrieden sind, sind es in Großstädten 62 Prozent. In Dörfern liegt dieser Wert nur bei 29 Prozent. Unzufrieden sind hingegen deutlich mehr als die Hälfte der Bewohner von Dörfern (58 Prozent). In der Gesamtbevölkerung äußern 42 Prozent Unzufriedenheit mit dem ÖPNV-Angebot, in Großstädten liegt der Wert zwar niedriger, aber auch hier ist fast jeder Dritte (29 Prozent) unzufrieden mit dem ÖPNV-Angebot.

Mit Strom aus der Steckdose geht´s nicht voran

Von allen Befragten, die in den nächsten Jahren ein Auto kaufen möchten, planen nur 11 Prozent, ein Elektroauto anzuschaffen – ein leichter Rückgang gegenüber 2023 (13 Prozent). Dagegen beabsichtigen 32 Prozent den Kauf eines Benziners und 18 Prozent den eines Diesels. 19 Prozent setzen auf Hybridfahrzeuge, 2 Prozent erwägen ein Fahrzeug mit Wasserstoffantrieb.

Das allgemeine Potenzial für E-Autos – also der Anteil, der sich grundsätzlich vorstellen kann, in den nächsten Jahren ein Elektroauto zu kaufen – liegt bei 22 Prozent. Diese Zahl ist seit 2021 nahezu unverändert. 60 Prozent lehnen den Kauf eines E-Autos aus verschiedenen Gründen noch ab. Offenheit zeigen vor allem Jüngere (unter 30 Jahren: 27 Prozent) und Personen mit höherem sozioökonomischem Status (33 Prozent). Zu den Kaufargumenten für ein E-Auto zählen vor allem: günstigere Steuern und Versicherungen (35 Prozent), Beitrag zum Klimaschutz (34 Prozent), gestiegene Reichweiten (34 Prozent), geringere Geräuschentwicklung (32 Prozent), hohe Preise für Benzin und Diesel (32 Prozent), verbesserte Ladeinfrastruktur (30 Prozent).

Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass bei den Betriebskosten Unsicherheit herrscht: Fast jeder Zweite kann aktuell nicht einschätzen, ob das Aufladen eines E-Autos oder das Tanken eines Verbrenners günstiger ist.

Die Interviews wurden vom 28. März bis 9. April 2025 geführt. Es wurden 1048 Personen befragt. Die gewichtete Stichprobe entspricht, wie die Gegenüberstellung mit den amtlichen statistischen Daten zeigt, der Gesamtbevölkerung ab 16 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland.