Um unsere Ernährung zu sichern, müssen wir nach vielfältigen Möglichkeiten suchen. Dazu gehört auch, die Verschwendung von Lebensmitteln zu reduzieren. Denn jedes Produkt, was weggeworfen wird, fehlt in der weltweiten Ernährung. Wie Verschwendung reduziert werden kann, zeigte Inhouse Farming Feed & Food Convention 2025. luckx – das magazin war vor Ort.
Verschwendung fängt auf dem Feld an
So manches Lebensmittel kommt erst gar nicht zum Verbraucher, weil es vorher schon auf dem Feld vernichtet wird. Viele weitere Produkte verderben auf dem Transport. Außerdem erfolgt während der Lagerung weiterer Verlust. Je nach Schätzung gehen so 30 bis 50 Prozent der produzierten Lebensmittel schon vor dem Verbraucherteller in die Tonne. Um nach Lösungen einer neuen, optimierten Lebensmittelproduktion zu suchen, veranstaltete die DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) erstmalig die Inhouse Farming Feed & Food Convention 2025 im Congress Center in Hamburg. Das neue Veranstaltungsformat vernetzt Stakeholder entlang der gesamten Wertschöpfungskette Agrar und Ernährung. Die Business-Konferenz mit Foyer-Ausstellung bündelt Informationen rund um Inhouse-Farming-Systeme wie Aquakultur unter Dach, Insektenzucht, zelluläre Landwirtschaft und Vertical Farming. Die verschiedenen Marktsegmente sollen Antworten auf eine wichtige Zukunftsfrage geben, wie die wachsende Weltbevölkerung ressourcenschonend mit hochwertigen Lebensmitteln versorgt werden kann.
Ernährungssystem der Zukunft
Die Frage danach, wie künftig das Ernährungssystem aufgebaut sein wird, schwang unterschwellig mit bei vielen thematischen Sessions. Jochen Matzer, CEO des Accelerators für die Lebensmittel- und Getränkewirtschaft Food Harbour, entwarf dazu ein komplettes Szenario. Bis zum Jahr 2050, so Matzer, werden rund 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben – eine Entwicklung, die neue Herausforderungen für die Lebensmittelversorgung mit sich bringe. Die klassische Landwirtschaft stoße zunehmend an ihre Grenzen: Wasserknappheit und extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen gefährden Ernten und Lieferketten. Städte müssen daher neue Wege gehen, um die Versorgung zu sichern – etwa durch die Entwicklung eigener Food Policies und die lokale Produktion von Lebensmitteln. Urbane Räume wandeln sich vom Wohnraum zum Ernährungsraum. So würden bereits mancherorts Lebensmittel in leerstehenden Bürogebäuden erzeugt. Inhouse Farming funktioniere zudem schon heute als Schnittstelle zwischen Ernährung und technologischer Innovation.
Potenziale finden
Ebenfalls Thema waren die Potenziale, die Marktzweige wie die Insektenmast für die Kreislaufwirtschaft und Bioökonomie bieten – auch in Verbindung mit anderen Bereichen wie etwa der Algenproduktion. Prof. Andreas Vilcinskas, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie (IME), ging auf wissenschaftliche Erkenntnisse über die Kopplung verschiedener Produktionssysteme ein. So ließe sich Ammoniak aus der Insektenproduktion an Algen verfüttern. Algen wiederum könnten den Insekten als Nahrung dienen. Zudem müssten Nebenströme aus der Landwirtschaft besser nutzbar gemacht werden. Reste aus der Palmölproduktion etwa ließen sich mithilfe von Pilzen zu Insektenfutter umwandeln, erläuterte der Wissenschaftler.
Vertikale Farmen, so lautet eine weitere Erkenntnis, gelten als Schlüsseltechnologie für die Ernährungssysteme von morgen – unabhängig von Standort oder Klima. Ob in urbanen Ballungsräumen oder wasserarmen Regionen: Hightech-Container ermöglichen einen ganzjährigen, ressourcenschonenden Anbau von Lebens- und Futtermitteln. Anhand einer hochautomatisierten Salatproduktion in den USA zeigte Tisha Livingston von Infinite Acres BV, welche Voraussetzungen für die breite Anwendung von Inhouse Farming erfüllt sein müssen: Neben wirtschaftlicher Tragfähigkeit sind geschlossene Stoffkreisläufe essenziell – idealerweise betrieben mit Energie aus regenerativen Quellen.
Praxistaugliche Lösungen
Viel diskutiert wurden auch praxistaugliche Lösungen für Controlled Environment Agriculture (CEA), die durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz neue Maßstäbe erfährt, wie Rick Schneiders, Head of Future Food von Siemens, darlegte: Die Integration aller Interessengruppen in das entstehende CEA-Ökosystem treibt die Einführung von Standards und integrierten Kontrollmechanismen voran, einschließlich des Einsatzes von KI für die Lieferkette des Unternehmens vom Saatgut bis zum Teller. KI-Systeme steuern heute Licht, Temperatur, Feuchtigkeit und Nährstoffzufuhr in Echtzeit und optimieren so das Pflanzenwachstum. Das Ergebnis: effizienter Ressourceneinsatz, höhere Erntequalität und frühzeitige Erkennung von Krankheiten oder Schädlingsbefall – oft bevor sichtbare Symptome auftreten. Die Convention zeigte eindrucksvoll, wie technologische Innovationen, wirtschaftliche Konzepte und nachhaltige Strategien zusammenspielen müssen, um Inhouse Farming als zukunftsfähiges Geschäftsmodell zu etablieren.
Auf dem Weg zum Verbraucher
Dass auch verschiedene Produktionsformen der Aquakultur einen wichtigen Beitrag zu Ernährung der Zukunft leisten können, machten die zahlreichen Sessions zur Aquakultur unter Dach deutlich. Große und kleine geschlossene Aquakultur-Systeme für Fische, Garnelen, Algen und sogar kultiviertes Seafood standen im Fokus. Betreiber, auch Landwirte, berichteten über ihre Erfahrungen mit Herstellung und Vertrieb ihrer aquatischen Produkte. „Food & Feed für morgen geht nicht ohne Wachstum im Wasser“ betonte Dominik Ewald vom Fraunhofer IGD. Aquakultur in Kreislaufanlagen steht für die konsequente Umsetzung des Gedankens der Kreislaufwirtschaft in die Praxis. In Diskussionspanels wurde deutlich, dass es wichtig ist, die begonnene aquatische Erfolgsgeschichte Verbraucherinnen und Verbrauchern näherzubringen – über innovatives Marketing, unternehmerischen Mut und kluge Betriebskonzepte sowie effiziente Vertriebsstrukturen.