Eine Frage der Software

Energie speichern ist die aktuell größte Herausforderung der Energiewende. Doch so einfach es auch vielleicht sein könnte, so scheitert es meist an der Umsetzung. Denn noch immer gibt es zu wenig Energiespeicher. Welche Lösungen es gemeinsam mit der Mobilitätsbranche geben kann, hat luckx – das magazin recherchiert.

Bidirektionale Laden

Aufgrund der Förderung durch die Bundesregierung gibt es aktuell mehr Solaranlagen mit Hilfe derer die Batterien in E-Fahrzeugen geladen werden können. Bei den meisten Fahrzeugen ist das nur in einer Richtung möglich; also von der Solaranlage in die Fahrzeugbatterie. Doch es geht auch in die andere Richtung, so dass aus der Autobatterie in die Hausanlage der Strom fließen kann. Mit dieser Energie lassen sich dann zum Beispiel die Wärmepumpe und viele andere Geräte betreiben. Damit das gelingen kann, benötigt die Fahrzeugelektronik eine angepasste Software und bei manchen Fahrzeugen noch besondere Bauteile, wie einige Hersteller behaupten. Hintergrund kann aber auch sein, dass dann die Hersteller-Garantiebedingungen für das Fahrzeug bzw. für die Fahrzeugbatterie geändert werden müssen. Davor schrecken wohl einige Automobilhersteller zurück.

Nun macht Volkswagen für einige seiner Modelle der ID. Familie das bidirektionale Laden mit der Funktion „Vehicle to Home“ möglich. Das bedeutet: Mit einem Hauskraftwerk und dem integrierten Heim Energie Management System (HEMS) des Volkswagen Partners HagerEnergy GmbH können Kundinnen und Kunden ihren Strombedarf so weit wie möglich mit ihrer Photovoltaik-Anlage decken. Beide Firmen haben ein Pilotprojekt in Schweden gestartet, bei dem eine ganze Siedlung mit Fahrzeugen und der entsprechenden Ladeinfrastruktur ausgestattet wird.

E-Autos als rollende Energiespeicher

ID. Modelle mit der 77 kWh Batterie (netto) können mit der Funktion des bidirektionalen Ladens künftig als ergänzender Stromspeicher für das Haus dienen. VW wird die Funktion auch für bereits ausgelieferte Fahrzeuge freischalten können, sobald diese ebenfalls die ID. Software 3.5 per Update erhalten haben. Durch die hohe Speicherkapazität der Autos kann ein Haus auch über mehrere bewölkte Tage hinweg mit Solarstrom versorgt werden. Gleiches gilt abends, wenn die Sonne untergegangen ist und die Photovoltaik-Anlage keinen Strom mehr liefert. Kundinnen und Kunden können selbst entscheiden, wann sie Energie aus dem öffentlichen Netz beziehen und wann sie auf den selbstproduzierten und in der Fahrzeugbatterie gespeicherten Strom zurückgreifen.

Intelligentes Laden stabilisiert Stromnetz

Darüber hinaus ist es mit cleveren Stromtarifen und Algorithmen schon heute möglich, das Auto genau dann zu laden, wenn viel erneuerbare Energie vorhanden ist. So müssen beispielsweise Windräder nicht abgeregelt werden, weil der erzeugte Strom nicht abgenommen werden kann. Die E-Autos können wiederum Strom ins Hausnetz des Kunden einspeisen (Vehicle-to-Home) und künftig auch zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen. Schauplatz eines Pilotprojekts für bidirektionales Laden ist die Siedlung Stenberg im schwedischen Hudiksvall. Der Hof, der als Basis für die neue Siedlung umgebaut wurde, steht schon seit rund 350 Jahren. Der schwedische Unternehmer Klas Boman will durch den Umbau die Häuser für weitere 350 Jahre zukunftssicher und nachhaltig aufstellen.

Boman: „Stenberg ist ein Projekt, das es nur einmal im Leben gibt. Als wir beschlossen, das ‚weitere 350-Jahre-Projekt‘ zu realisieren, waren Energie und Umwelt der Schlüssel. Jede Entscheidung wurde unter diesen Gesichtspunkten getroffen. Die Nutzung von elektrischen Fahrzeugen als Energiespeicher war von Anfang an angedacht. Volkswagen ist dankenswerterweise im April 2021 in das Projekt eingestiegen und wir sind jetzt startklar. Dies wird eine der größten Veränderungen auf dem Energiemarkt sein.“