Muss das sein?

Es ist bestimmt nicht für jeden geeignet: Eisbaden. Doch glauben wir verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen, hat Eisbaden viele Vorteile. Luckx – das magazin hat recherchiert, aber sich nicht ins kalte Wasser gestürzt.

Gewöhnungsbedürftig

Es ist schon eine Herausforderung bei Minustemperaturen im See zu baden, so kalt wie möglich zu duschen, in eine Badewanne mit Eiswürfeln zu steigen. Wenn man weiß wie es geht, kann es das Immunsystem stärken und Schmerzen lindern als auch den Schlaf verbessern sowie Stress reduzieren. Auch lässt sich der Blutdruck senken. Den Körper regelmäßig Kälte auszusetzen, hat laut zahlreicher Studien sehr positive Effekte. Natürlich nur, wenn dabei ein paar Regeln beachtet werden.

Die Vorteile des Eis- oder Kältebadens, im Englischen cold exposure oder cold water immersion genannt, propagierte bereits der deutsche Priester Sebastian Kneipp im 19. Jahrhundert. Sein bis heute aktuelles Konzept: Durch einen Kältereiz mit Wassergüssen von Armen, Beinen oder Gesicht wird die Wärmeproduktion und die Durchblutung im Körper angeregt. Er erkannte, dass eine Anwendung über mehrere Wochen hinweg das Immunsystem nachhaltig stärkt. Ein moderner Verfechter von Kältekuren ist etwa der Niederländer Wim Hof, auch bekannt als The Iceman. Inzwischen wissenschaftlich anerkannt und erforscht, ist er Begründer der Wim-Hof-Methode, einer Praxis aus Atemübungen, Meditation und Eisbaden, die es möglich macht, eine hohe Kältetoleranz zu entwickeln. Der Atem und die mentale Konzentration bereiten dabei das Gehirn und den Körper auf den Kältereiz vor, sodass diese im kalten Wasser nicht in Panik geraten.

Körperreaktionen

Den Körper ein bis 15 Minuten einem weniger als 15°C kalten Wasser auszusetzen, lässt das Blut stärker zirkulieren: Die Blutgefäße verengen sich zuerst, weiten sich dann, und es werden mehr weiße Blutkörperchen produziert. So werden alle Bereiche des Körpers schneller mit sauerstoffangereichertem Blut versorgt. Der Körper reagiert auf die niedrigen Temperaturen zudem damit, dass er Adrenalin, Endorphine und entzündungshemmende Kortikoide ausschüttet.

Laut Wim Hof sorgt der Kälteschock bei regelmäßigem Training für zahlreiche positive Effekte: Neben einem höheren Energielevel, Stressreduktion, besserem Schlaf sowie schnellerer körperlicher Erholung nennt er folgende Auswirkungen: natürliche entzündungshemmende Effekte, sportliche Leistungssteigerung, weniger Muskelkater, positive Auswirkungen auf Arthritis, Autoimmunerkrankungen, Migräne, Asthma und weitere Erkrankungen, ist blutdrucksenkend, erhöht den Stoffwechsel, bringt einen Energieboost, außerdem hilfreich bei der Vorsorge und Verbesserung der mentalen Gesundheit, erhöht die Kältetoleranz, kurbelt die Fettverbrennung an und ist konzentrationsfördernd.

 

So geht Kaltbaden

Die Kältetherapie will gelernt sein, denn sonst kann sie auch einen negativen Schock für den Körper darstellen. Am besten ist es, sich von erfahrenen Kälte-Fans begleiten oder beraten zu lassen. Wim Hof bietet etwa (Online-)Kurse an, mit den Kneipp-Methoden sind die meisten Mediziner vertraut. Weitere Tipps, um sich der Kälte Schritt für Schritt zu nähern:

Mit Meditations- und Atemtechniken ist es möglich, aus dem Kopf raus und stärker in den Körper zu finden. Das ist notwendig, um beispielsweise nicht in Panik zu geraten, wenn die Kälte auf die Haut trifft. Nach der Wim-Hof-Methode atmet man dreißig bis vierzig Mal tief und ohne Pause ein und aus und hält danach die Luft eine Minute lang an. Das wird etwa 3 Mal wiederholt.

Sich langsam zu steigern ist essenziell. Unter der Dusche das Wasser graduell kälter zu stellen etwa. Oder: Jeden Tag ein bisschen länger unter dem kalten Wasser aushalten. Auch eine Möglichkeit ist, nach dem Sommer nicht aufzuhören, zum Baden an den See zu fahren, sondern sich an das kälter werdende Wasser zu gewöhnen.

Wer zu viel nachdenkt, kommt ins Zweifeln. Kältetraining ist wie Fitnesstraining: Es muss zur Routine und in den Alltag eingebaut werden. Dazu eignet sich etwa eine kurze kalte Dusche jeden Morgen. Wem das zu radikal ist: Kalte Gesichtsduschen sind ebenso sehr effektiv.

Jeder Körper ist anders. Ob Kälte das Richtige für den eigenen Körper ist, ist auf jeden Fall vorher zu klären – zum Beispiel mit einem Gespräch mit einem Arzt.

Wichtig ist, nicht alleine im kalten Wasser baden zu gehen, sondern Begleitung dabei zu haben, falls die Kälte den Körper doch mal unerwartet intensiv trifft und Reaktionen wie Atembeschwerden auslöst. Gleichzeitig klappt der Gang ins kalte Wasser mit gegenseitiger Motivation gleich viel leichter.