Wo bleiben die vielen Wohnmobile?

Ein seit Jahren bestehender Trend zu mehr Outdoor-Aktivitäten setzt sich fort. So wird mehr gewandert, mehr Rad gefahren und auch Camping hat sich wieder aus dem „Steilwandzelt-Mief“ befreit. Immer mehr Wohnmobile und Caravan bevölkern unsere Straßen. Und wenn sie nicht bewegt werden, wo bleiben sie dann? Luckx – das magazin ging dieser Frage nach.

Caravaning boomt

Auch wir von luckx – das magazin tragen dazu bei, dass sich der Fahrzeugbestand von Wohnmobilen auf deutschen Straßen erhöht. Zum Glück können wir unser treues „Reisebüro“ auf einem privaten Grundstück abstellen, wenn wir es nicht für Recherchereisen oder Messebesuche nutzen. So nehmen wir keinem Anwohner seinen dringend benötigten Parkplatz weg. Doch viele andere stolze Besitzer von Wohnmobilen oder Wohnwagen können so einen Vorteil nicht nutzen. Was tun? Irgendwo muss das Fahrzeug aber abgestellt werden.

So werden Straßen zugeparkt oder in Gewerbegebieten notwendiger Parkraum für LKWs zweckentfremdet. Und wenn es dann auf eine Reise gehen soll, ist es fest unmöglich, einen Stell- oder Campingplatz spontan zu finden. Denn so eine spontane Reisemöglichkeit zeichnet gerade diese Urlaubsform aus. Einfach einsteigen und losfahren wird immer schwieriger. Doch mit dieser unabhängigen Reiseform wirbt die Caravaning-Industrie. Solche schönen Events wie „Stellplatz-Gipfel“ oder Muster-Stellplätze auf verschiedenen Caravan-Messen sind nett gemeint. Sie bringen aber keinen einzigen neuen Stellplatz. Hier haben die Industrie und ihre Verbände die Zeichen der Zeit nicht erkannt und gepennt.

Corona als Camping-Treiber

Auch bereits vor Corona stieg die Zahl der neu zugelassenen Reisemobile kontinuierlich an. Durch die Reisebeschränkungen verstärkte sich der Trend und im Jahr 2020 wurden rund 78.000 Wohnmobile neu zugelassen – ein Zuwachs von 44,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit sind Reisemobile derzeit das am stärksten wachsende Fahrzeugsegment. Insgesamt sind in Deutschland rund 1,8 Millionen Campingfahrzeuge zugelassen, darunter Wohnmobile, Wohnwagen und umgebaute Transporter. Dem stehen derzeit lediglich etwa 2.800 geöffnete Campingplätze mit rund 208.000 Stellplätzen gegenüber. Der schleppende Ausbau der Camping-Infrastruktur steht in einem krassen Missverhältnis zu den rasant steigenden Zulassungszahlen von Reisemobilen und Wohnwagen. Hier muss neben der Industrie auch die Regional- und Lokalpolitik aktiv werden.

Kommunen überfordert

Nun sind die meisten deutschen Kommunen nicht auf Rosen gebettet, was die finanzielle Ausstattung anbetrifft. Insbesondere gerade die von Tourismus lebenden Kommunen haben keine andere Gewerbeeinnahmen. Sonst hätten sie auch keinen Tourismus. Denn wer möchte sich schon in einer von Industrie beherrschten Region erholen. Auch Kommunalpolitiker sind keine Tourismus-Experten. Ebenfalls dauert die Ausweisung von neuen Baugebieten oder Nutzungsplänen viel zu lang.

Darüber hinaus bringt der wohn-mobile Urlaubstrend auch viele Schattenseiten mit, die nicht unbedingt dazu führen, dass Kommunalpolitiker die Hand für den Bau eines Stell- oder Campingplatzes heben.

Neben den fehlenden Sanitäranlagen, Wasseranschlüssen, Müllentsorgung und Internetzugängen kommt es aufgrund dieser mangelhaften Infrastruktur zur Entsorgung der Chemietoiletten in der freien Natur, zu zurückgelassenen Müllbergen, einer Zunahme von Wildcampern und illegalen Lagerfeuern. Darüber hinaus werden Camper kriminalisiert und regelrecht durch massiven Polizeieinsatz auf andere Plätze verdrängt. Overtourismn bekommt damit eine neue Bedeutung.

Entscheidungen müssen her

Die Aufgabe der Politik ist es aber, für den Bürger dazusein. Solche Fehleitungen können nur durch rechtzeitige Entscheidungen verhindert werden. Wenn sich Bürger für eine bessere Camping-Infrastruktur einsetzen, so sollten sie unterstützt statt vertröstet werden. Da zählt manchmal jeder vergeudete Diskussionstag. So sollten bestehende Rasthöfe und Raststätten an Autobahnen und Landstraßen Anlagen zur Abwasser- und Müllentsorgung, Entsorgungsstationen für Chemietoiletten, leistungsfähige Internetverbindungen sowie Strom- und Wasseranschlüsse für Camper vorhalten, wie es in Frankreich uns Italien üblich ist. Außerdem braucht es zusätzliche ausgewiesene Stellplätze, die insbesondere Durchreisende für eine Nacht aufsuchen können, um sicher und legal zu übernachten. Auch bei der weiteren Campinginfrastruktur sind andere europäische Länder wie Frankreich bereits deutlich weiter, hier besteht in Deutschland Nachholbedarf.