Baupreise müssen fallen!

Das Gejammer ist groß wegen der hohen Baupreise. Baumaterial, Bürokratie, immer mehr Vorschriften und vieles mehr machen das Bauen teuer. Ob Sanierung, Renovierung oder Neubau. Ob es eine Lösung gibt, hat luckx – das magazin recherchiert.

Lösung in Sicht?

Wenn wir uns die Sondierungsergebnisse einer möglichen neuen Bundesregierung anschauen, wird es nicht zur Preisreduzierung beim Bauen kommen. Denn die Planungen laufen darauf hinaus, Milliarden Euro in die Infrastruktur zu stecken. Das ist sicherlich der richtige Weg, diese zu ertüchtigen. Doch aufgrund der nun einsetzenden hohen Nachfrage nach Bauleistungen, fehlenden Arbeitskräften und hohen Materialkosten ist mit weiteren Kostensteigerungen zu rechnen. Da bleiben am Ende viele unsanierte Straßen und Bauwerke wie Schulen und Kindergärten, Bahnstrecken als auch Radwege übrig. So könnte das Bauen in Deutschland weiterhin kompliziert, langwierig und teuer bleiben. Mit dem viel diskutierten Gebäudetyp E soll das Bauen einfacher, schneller und effizienter werden. Nach Aussage von TÜV SÜD ist das auch heute schon möglich, ohne die vorhandenen Regeln und Verordnungen zu verletzen. Er legte nun „Denkanstöße zu einfacherem Bauen“ vor.

Regeln der Technik

Gern wird immer beim Bauen auf das geltenden Bauvertragsrecht und die anerkannten Regeln der Technik als stillschweigend vereinbart verwiesen; wenn nichts anderes vertraglich geregelt wurde. Im Streitfall werden Abweichungen davon als mangelhafte Leistung gewertet. Das ist einer der Gründe, warum nach einer Art von „Goldstandard“ gebaut wird, bei dem alle baurechtlichen Standards und gegebenenfalls auch nicht notwendige Standards und alle öffentlich-rechtlichen Anforderungen eingehalten werden. „Eigentlich sind Normen dafür gedacht, einen Mindeststandard zu definieren“, sagt Caroline Wolf, Expertin für Bautechnik der TÜV SÜD Industrie Service GmbH. „Davon haben wir uns in Deutschland inzwischen weit entfernt.“ Die wichtigsten Gründe dafür seien ein ausuferndes Regelwerk, mit dem alle Eventualitäten erfasst werden sollen, der steigende Komfortanspruch von Bauherren, Investoren und Kunden, der weit über die Regeln der Technik hinausgeht, und eine gewisse Unkenntnis in baurechtlichen Sachverhalten, die zu einer übertriebenen Vorsicht und einer „Übererfüllung“ der Anforderungen führen.

Bauen muss einfacher werden

Unbestritten ist unter Experten, dass das Bauen in Deutschland einfacher werden muss. Doch, so ist auch von diesen zu erfahren, muss dafür nicht auf die formale Einführung eines neuen Gebäudetyps gewartet werden. Bereits heute können Bauherren im Rahmen der gesetzlichen und normativen Vorgaben näher am „Mindeststandard“ bauen oder sogar in einem gewissen Maß von den Regeln der Technik und den öffentlich-rechtlichen Anforderungen abweichen. Dazu müssen Bauherren über eine genaue Kenntnis des baurechtlichen Regelwerks verfügen. Denn solche Lösungen seien teilweise genehmigungspflichtig und müssten vertraglich vereinbart und gegebenenfalls mit den zuständigen Behörden abgestimmt werden.

Die Sicherheit eines Bauwerks darf durch einfachere und kostengünstigere Lösungen nicht beeinträchtigt werden. Aus diesem Grund sind die normativen Vorgaben für Standsicherheit, Brandschutz, gesunde Lebensverhältnisse und Umweltschutz unbedingt einzuhalten. Diese Grundanforderungen sollen nach bisherigem Kenntnisstand auch für den Gebäudetyp E weiter gelten.

Wenn die Schutzziele weiterhin erfüllt sind, lassen die Landesbauordnungen (LBO) einen gewissen Spielraum für Abweichungen zu. So können mit dieser Vorgehensweise die generellen Vorgaben der LBO an die spezifische Situation eines konkreten Bauvorhabens angepasst werden. Beispiele dafür sind die Reduzierung der Treppenlaufbreite in Abhängigkeit von der tatsächlichen Nutzerzahl einer Treppe, die gezielte und fachgerechte Planung des Brandschutzes zur Vermeidung unnötiger Installations- und Wartungskosten oder die in der LBO auch vorgesehene Anordnung von barrierefreien Wohnungen im Erdgeschoss, wodurch auf einen Aufzug für den barrierefreien Zugang zu den Obergeschossen verzichtet werden kann.

Kosten reduzieren

Möglichkeiten zur Kostenreduzierung gibt es zuhauf. So tragen zu einfacherem und kostengünstigerem Bauen vor allem Einschränkungen im Komfort bei. Kleinere Einschränkungen bei der Ausstattung oder alternative Lösungen für die Gebäudetechnik könnten nicht nur die Baukosten, sondern auch den Aufwand für Wartung und Instandhaltung reduzieren. Dazu gab es in der Vergangenheit viele Ideen. Doch wurden diese nicht genutzt, weil damit auch ein Umsatzverlust einhergeht. Am Beispiel im Automobil – was den meisten Menschen näher liegt als das Bauen – wird deutlich, was gemeint ist: Ob wir Multimedia-Anlagen im Fahrzeug wie in China schon ab Werk haben müssen, die enorme Kostentreiber sind oder ob wir mit einer üblichen Version auskommen, sollte jeder selbst entscheiden können. Aber auch bei der Reparatur gibt es zu hebende Potentiale. Wenn eine Kühlerlüfter defekt ist, kann er für rund 800 Euro getauscht werden oder für 50 Euro repariert werden.

Beim Bauen gibt es auch Beispiele, die jeder leicht verstehen kann. So könnte auf Rollläden in Toiletten, Bädern und Küchen verzichtet werden. Statt einer zentralen Warmwassererwärmung mit vielen Vor- und Rücklaufleitungen, Warmwasserzählern und Berechnung des Wärmeverbrauchs ließen sich durch eine dezentrale Trinkwassererwärmung mit elektrischen Durchlauferhitzern in jeder Wohnung erhebliche Installations- und Abrechnungskosten einsparen. Der Verzicht auf eine zentrale Warmwasserbereitung reduziert nicht nur die Installationskosten, sondern auch den Wasser- und Energieverbrauch sowie den Wartungsaufwand.

Auch ohne die Einführung eines neuen Gebäudetyps gibt es viele Möglichkeiten für einfacheres und kostengünstigeres Bauen in Deutschland. Dafür ist eine genaue Kenntnis des geltenden Regelwerks erforderlich, damit Abweichungen von etablierten Standards nicht zu rechtlichen Auseinandersetzungen und kostenintensiven Nachbesserungen führen.