Immer mehr Verbraucher investieren in ihre Energieversorgung. Doch dieses Engagement wird in keiner Weise entsprechend gefördert. Zwar gibt es schon seit vielen Jahren Pläne, um das EU-Stromnetzes zu ertüchtigen, doch es passiert zu wenig, wie luckx – das magazin recherchierte.
Investitionen und Stromnachfrage
Es ist schon fatal: Da gibt es ein neues Heizungsgesetz, wonach Verbraucher nur noch Strom betriebene Wärmepumpen künftig nutzen. Doch woher der Strom kommen soll, wird nicht gesagt. Jedenfalls nachhaltig soll er sein. Doch auch bei der Nachhaltigkeit legt die staatliche Bürokratie ordentliche Knüppel in den Weg. So müssen Mini-Solarkraftwerke wie Balkonanlagen angemeldet werden. Was plant der Staat damit? Will er künftig auch diese Anlagen besteuern? Damit lässt sich die Energiewende nicht oder nur unzureichend den Bürgern vermitteln. Dabei ist das Ziel doch mehr als ehrenhaft und wichtig. Um die EU in Sachen Energie unabhängiger zu machen und den Klimawandel zu bekämpfen, braucht es ein modernisiertes Stromnetz, in das mehr erneuerbare Energien eingespeist werden können und das für den weiter zunehmenden Stromverbrauch gewappnet ist. Wenn dies gelingen soll, muss die EU größere Anstrengungen unternehmen, wie eine neue Analyse des Europäischen Rechnungshofs zu den Stromnetzen der EU zeigt.
Veraltete Stromnetze
„Ein Großteil des Stromnetzes der EU stammt aus dem letzten Jahrhundert, und fast die Hälfte der Leitungen ist über 40 Jahre alt. Um die Wettbewerbsfähigkeit und Unabhängigkeit der EU sicherzustellen, brauchen wir eine moderne Infrastruktur, die unserer Industrie nutzt und die Preise im Rahmen halten kann“, so Keit Pentus-Rosimannus, die als Mitglied des Europäischen Rechnungshofs für den Bericht zuständig ist. „Die Stromnachfrage in der EU wird sich bis 2050 voraussichtlich mehr als verdoppeln. Erhebliche Investitionen ins Stromnetz sind daher unbedingt erforderlich. Wir müssen jedoch alle Hebel in Bewegung setzen, um den Investitionsbedarf so gering wie möglich zu halten. Neue Technologien, Speichermöglichkeiten und flexiblere Netze können dazu beitragen, die Kosten zu senken.“ Umfangreiche Investitionen in die Netze seien entscheidend, um das alternde Stromnetz der EU zu modernisieren und den Übergang von fossiler zu grüner Energie zu unterstützen. Wenn das derzeitige Tempo anhalte, würden sich die geplanten Investitionen der Netzbetreiber zwischen 2024 und 2050 auf insgesamt 1 871 Milliarden Euro belaufen. Dies sei weniger als der von der EU-Kommission geschätzte Investitionsbedarf, der zwischen 1 994 und 2 294 Milliarden Euro liege. Die Modernisierung müsse beschleunigt werden, sie werde jedoch durch schlechte Netzplanung, langwierige Genehmigungsverfahren, begrenzte öffentliche Akzeptanz sowie einen Mangel an Ausrüstung, Material und qualifizierten Arbeitskräften behindert. Die Prüfer schlagen Abhilfemaßnahmen wie eine bessere Koordinierung von Netzplanungsverfahren, die Straffung von Genehmigungsverfahren und den Einsatz moderner Technik vor.
Kosten reduzieren
Eine Optimierung des Stromnetzes könne dazu beitragen, den Investitionsbedarf zu senken, so die Prüfer. Der Druck auf das Netz könne durch eine flexiblere Anpassung an tägliche, wöchentliche und saisonale Schwankungen des Energieverbrauchs und der Energieerzeugung verringert werden. Dann sei es auch nicht mehr unbedingt erforderlich, das Netz in großem Stil auszubauen. Die Technik biete hier viele Möglichkeiten (z. B. durch Entwicklung und Ausbau neuer Speicherlösungen), auch wenn einige Optionen möglicherweise noch zu teuer seien. Auch ein Ausbau der Verbundnetze zwischen den verschiedenen EU-Ländern solle als Lösungsansatz ins Auge gefasst werden. Instrumente wie intelligente Zähler könnten Nachfragespitzen wirksam ausgleichen, aber ihre Einführung gehe in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor nur schleppend voran. Außerdem könnten Verbraucher, die lokal Strom erzeugen, und Energiegemeinschaften, die gemeinsam Strom erzeugen und verbrauchen, eine wichtige Rolle spielen.
Rahmenbedingungen vereinfachen
Die rechtlichen Rahmenbedingungen seien für Investitionsentscheidungen sehr wichtig. Finanzierungsregelungen seien besonders wichtig in einer Situation, in der einige Betreiber erhöhten Kreditrisiken ausgesetzt seien und Mühe hätten, Zugang zu den nötigen Vorabinvestitionen zu erhalten. Außerdem werde reguliert, wie viel Betreiber verdienen dürfen und wie sie vergütet werden. Den Nutzern würden gewöhnlich Netztarife in Rechnung gestellt, die es den Betreibern ermöglichten, eine Rendite aus ihren Netzinvestitionen zu erzielen und gleichzeitig den Wertverlust von Anschaffungen sowie die Betriebskosten zu decken. Es sei jedoch eine Herausforderung, einerseits dem Investitionsbedarf gerecht zu werden und andererseits die Stromkosten für die Verbraucher im Rahmen zu halten, insbesondere für Haushalte und Industriebranchen mit hohem Energieverbrauch. Welche langfristigen Auswirkungen Netzinvestitionen und die Einbindung erneuerbarer Energiequellen auf die Stromrechnungen haben werden, lässt sich den Prüfern zufolge kaum vorhersagen (zusätzlich zu den Netztarifen enthalten die Rechnungen auch Steuern und die Stromerzeugungskosten).