Gibt es eine klimafreundliche Ernährung?

Umweltverbände, Lebensmittelproduzenten und die Landwirtschaft streiten über eine klimafreundliche Lebensmittelproduktion. Meist wird dabei der Betroffene, nämlich der Konsum, aus dem Auge verloren. Wie Bürger das sehen, hat luckx – das magazin recherchiert.

Ernährungsstrategie

Die Bundesregierung hat nun ein Strategiepapier vorgestellt, wie gutes Essen in Deutschland funktionieren soll. Dazu hat der AOK-Bundesverband nachgelegt und die Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage zur klimaschonenden Ernährung veröffentlicht. Der forsa-Befragung zufolge würden sich 68 Prozent der rund 1.500 befragten Bürgerinnen und Bürger gerne nachhaltiger ernähren, am deutlichsten zeigt sich dieser Wunsch mit 83 Prozent bei jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 29 Jahren. Allerdings macht die Umfrage auch deutlich, dass vielen das entsprechende Knowhow fehlt. So weiß beispielsweise nur ein Viertel (27 Prozent) der Erwachsenen, dass in punkto Ernährung der reduzierte Konsum tierischer Produkte wie Fleisch oder Milchprodukte den stärksten Effekt auf das Klima hat. Drei Viertel der Befragten (76 Prozent) wünschen sich, dass die Politik sich für ein verbindliches und verständliches Klimalabel für Lebensmittel einsetzt. Deshalb sieht der Verband Handlungsbedarf und fordert für eine klimaschonende Ernährung die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Angefangen sollten beim Einkauf. Dazu sollte ein Label die Verbraucher auf die Lebensmittel hinweisen, wo nach klimafreundlicher bzw. klimaschädlicher Erzeugung unterschieden werden kann.

Klares Klimalabel fehlt

Die Bundesregierung hat diesen Aspekt in den Eckpunkten ihres Strategiepapiers für eine gesunde und nachhaltige Ernährung zwar berücksichtigt, allerdings ohne eine klare Vorstellung zu formulieren. Auch wenn die Bundesregierung die Kennzeichnung mit dem Nutri-Score weiterentwickeln und EU-weit verpflichtend einführen will, fehlt ein Klimalabel. Leider folgt die Bundesregierung nicht den Empfehlungen des Bürgerrats, so die AOK weiter. Dieser hatte kürzlich sogar eine verpflichtende Kennzeichnung gefordert, die sowohl zu Gesundheit, Klima und Tierhaltung Auskunft gibt und konstatiert, dass Klima und Gesundheit eng miteinander zusammenhängen.

Prof. Dr. Achim Spiller befürwortet den gemeinsamen Fokus auf Klima und Gesundheit ebenfalls. Der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats für „Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz“ beim BMEL empfiehlt jedoch ein weitreichenderes Engagement. „Ein Klimalabel ist ein wichtiger Bestandteil des Instrumentenmix für die Ernährungswende. Wir müssen eine faire Ernährungsumgebung schaffen mit einer klimafreundlichen Gemeinschaftsverpflegung, also Kantinen, und Mehrwertsteuer-Anpassungen: Günstiger für pflanzliche Lebensmittel, teurer für tierische. Denn nur so kann die gewohnheitsgeprägte Ernährung mit der Zeit langfristig verändert werden – hin zu einem klimaschonenden Ernährungssystem für Mensch und Erde.“

Zu möglichen steuerlichen Anreizen liefert die AOK-Umfrage ebenfalls Ergebnisse: Um den Verzehr von klimafreundlicher Ernährung zu fördern, sollten nach Meinung der Bürgerinnen und Bürger auch steuerliche Anreize geschaffen werden. 78 Prozent der von forsa befragten Personen finden, dass gesunde Lebensmittel niedriger besteuert werden sollten. Für eine höhere Besteuerung von klimaschädlichen Nahrungsmitteln sprechen sich immerhin etwas mehr als die Hälfte (55 Prozent) aus.

Weitere Ergebnisse in Kurzform

68 Prozent der Befragten würden sich gerne nachhaltiger ernähren.

Nur 27 Prozent der Bevölkerung wissen, dass man als Endverbraucher im Bereich Ernährung mit einem reduzierten Konsum tierischer Produkte, wie Fleisch oder Milchprodukte, den größten positiven Nutzen für das Klima erzielen kann. Fast drei Viertel der Befragten (72 Prozent) glauben fälschlicherweise, dass eine andere Verhaltensweise die effektivste sei.

Drei Viertel der Befragten (76 Prozent) stimmen der Aussage voll und ganz (41 Prozent) bzw. eher (35 Prozent) zu, dass sich die Politik für eine verpflichtende und verständliche Lebensmittelkennzeichnung zum Klimaschutz einsetzen sollte.

Gut drei Viertel (78 Prozent) der Bevölkerung sind der Meinung, dass die Politik gesunde Lebensmittel niedriger besteuern sollte (46 Prozent voll und ganz, 32 Prozent eher).

Geteilt zeigt sich die Meinung der Befragten bei der Besteuerung klimaschädlicher Lebensmittel: Knapp über die Hälfte (55 Prozent) meint, dass die Politik klimaschädliche Lebensmittel höher besteuern sollte (25 Prozent voll und ganz, 30 Prozent eher), während 41 Prozent diesem Vorschlag eher nicht (21 Prozent) oder überhaupt nicht (20 Prozent) zustimmen.

Was insbesondere bei dieser Diskussion übers Fleischessen weniger im Fokus steht, ist das Tierwohl und die ökologische Tierproduktion; ein schreckliches Wort, aber jeder weiß, was damit gemeint ist. Wenn Fleisch nach ökologischen Bedingungen produziert wird, ist die Klimabelastung deutliche geringer als unter konventionellen Bedingungen. Darüber hinaus ist es schmackhafter. Wer ohne Fleisch nicht leben kann, findet bei biologisch/ökologisch erzeugtem Fleisch genau das, was er mit ruhigem Gewissen verzehren kann.