Mobil – aber individuell

Mit dem Omnibus (aus dem lateinischen „für alle“) begann der Öffentliche Personenverkehr auf der Straße. Damit ist aber nicht eines der heutigen modernen batteriebetriebenen rund 700.000 Euro teuren Elektrobusse gemeint, sondern eine regelmäßig verkehrende Postkutsche. Das ist schon rund 350 Jahre her und fand zuerst in England und Frankreich statt. Davor gab es schon Fährverbindungen über Flüsse und Seen. Was zur damaligen Zeit als Errungenschaft galt und sich bis in die heutige Zeit weiter modernisiert hat, hat nun während der Corona-Pandemie einen deutlichen Rückschlag erhalten. Denn die Nutzung des eigenen Fahrzeugs hat seit April 2020 zugenommen, der öffentliche Nahverkehr und Shared-Mobility verlieren an Attraktivität. Dazu hat luckx – das magazin recherchiert.

Eigenes Fahrzeug bevorzugt

Der durch die Corona-Pandemie befeuerte Trend hin zur individuellen Mobilität setzt sich fort: 87 Prozent der Verbraucher weltweit bevorzugen die Nutzung eines eigenen Fahrzeugs, um sicher unterwegs zu sein – am Anfang der Pandemie im April 2020 waren es 57 Prozent. Zudem ist der Anteil der Verbraucher, die in den nächsten zwölf Monaten ein eigenes Auto kaufen möchten von 35 Prozent auf nun 46 Prozent angestiegen, bei deutschen Verbrauchern von 25 auf nun 39 Prozent. Die Nutzung eines eigenen Autos wird als Schutz vor der Verbreitung von Infektionen gesehen. Dies geht aus dem aktuellen Report des Capgemini Research Institute „Shifting gears: COVID-19 and the fast-changing Automotive Consumer” hervor. Für das nun erschienene Update der im April 2020 durchgeführten Studie zum Verbraucherverhalten beim Autokauf im Zeitalter der Pandemie wurden erneut mehr als 11.000 Verbraucher aus elf Ländern befragt.

Die anhaltende Covid-19-Pandemie und die erneuten Lockdown-Bestimmungen haben die Verbraucher davon abgehalten, öffentliche Verkehrsmittel oder Shared Mobility-Angebote zu nutzen. Mit Blick auf das noch nicht absehbare Ende der Pandemie gaben 87 Prozent der Verbraucher weltweit und 82 Prozent in Deutschland an, dass ihre Sicherheit und ihr körperliches Wohlbefinden sowie das ihrer Familien am besten durch ein eigenes Fahrzeug gewährleistet ist. Fahrgemeinschaften wollen nun 81 Prozent der Verbraucher aufgrund von Gesundheits- und Sicherheitsbedenken vermeiden, im April 2020 waren dies noch 42 Prozent (Deutschland: 81 Prozent heute vs. 28 Prozent im April 2020). Inzwischen ziehen 78 Prozent der befragten Verbraucher weltweit ihr eigenes Fahrzeug den öffentlichen Verkehrsmitteln vor, in Deutschland liegt der Anteil nun bei 74 Prozent. Diese Verschiebung wird sich voraussichtlich auf den Absatz von Fahrzeugen auswirken, denn 72 Prozent der Verbraucher sagen, dass sie es mehr als vor der Pandemie schätzen, jederzeit auf ein eigenes Fahrzeug zurückgreifen zu können.

Kaufabsichten

Die Absicht ein Auto kaufen zu wollen, ist weltweit in fast allen Märkten gestiegen und wird durch eine Kombination aus günstigen Autokrediten, staatlichen Anreizprogrammen für Elektrofahrzeuge sowie dem Wunsch angetrieben, den öffentlichen Nahverkehr und Shared Mobility-Angebote zu vermeiden. Außerdem ist im Zuge der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie mit einer steigenden Nachfrage nach Autos zu rechnen. Die Studie zeigt, dass jüngere Verbraucher den Trend zum eigenen Auto anführen: 59 Prozent der 18- bis 35-Jährigen erwägen, in den nächsten zwölf Monaten ein Auto zu kaufen, verglichen mit 46 Prozent in allen Altersgruppen. Aber auch Leasing- und Abo-Angebote gewinnen an Attraktivität: Über ein Drittel (36 Prozent) der Verbraucher weltweit möchte lieber ein Auto-Abo abschließen oder ein Auto leasen als es zu kaufen. Bei den 18- bis 35-Jährigen liegt dieser Anteil weltweit bei 49 Prozent, in Deutschland sogar bei 62 Prozent.

Im Zuge der Pandemie sind aber auch Hygienefeatures wichtiger geworden sind. So wünschen sich 85 Prozent der weltweit befragten Verbraucher heute ein Fahrzeug, das z.B. Luftfilter, Indikatoren für die Luftqualität und den Einsatz von sterilisierenden UV-LED-Leuchten bietet – im April 2020 lag dieser Anteil noch bei 49 Prozent.

Mehr Kleinwagen gefragt

Die Studie zeigt, dass 56 Prozent derjenigen, die den Kauf eines Fahrzeugs in Erwägung ziehen, ihre Wünsche im Vergleich zum letzten Jahr heruntergeschraubt haben: Sie bevorzugen nun eher ein Auto im unteren Preissegment (ein kleines Auto oder eines mit weniger Ausstattung) und legen mehr Wert auf Nutzen und Funktionalität. Dies wird den Margendruck für die Automobilhersteller erhöhen. Zudem wird sich voraussichtlich der Wettbewerb in den Segmenten der Klein- und Einstiegsfahrzeuge verschärfen, da die Automobilhersteller auf neu aufgelegte Ausführungen bestehender Baureihen drängen, um dem Verbraucherinteresse gerecht zu werden.

Die Studie hat allerdings auch ein kleines, aber beachtliches Segment von Käufern (21 Prozent) identifiziert, das bereit ist, mehr für Premium-Funktionen zu bezahlen, wie z.B. zusätzlichen Platz, vernetzte Dienste und eine sprachbasierte Steuerung. Der Studie zufolge verspricht die Ausrichtung auf dieses Premium-Segment eine höhere Profitabilität und kann dazu beitragen, den Margendruck im Einstiegssegment auszugleichen.

Die Studie macht deutlich: Automobilhersteller müssen offen sein für neue Trends. Sie müssen Funktionen und Dienstleistungen anbieten, die den gesundheitsbewussten Käufer ansprechen, gleichzeitig aber auch für den preisbewussten Käufer attraktiv bleiben. Um dies zu erreichen, gilt es, ihre Produktportfolios zu überarbeiten, um neue Kundensegmente anzusprechen, den Kunden personalisierte Leasing- und Abo-Pakete anzubieten sowie mit Rabatten oder einfachen Finanzierungsmöglichkeiten Kaufanreize zu schaffen.

Direktvertrieb

Die Pandemie hat dazu geführt, dass die Automobilhersteller den Direktvertrieb über digitale Kanäle weiter ausgebaut haben. Erfreulicherweise wollen die Verbraucher diese Kanäle auch weiterhin und während des gesamten Kaufprozesses nutzen – von der Suche nach ersten Informationen bis zum Aftersales. Die Studie zeigt, dass fast die Hälfte (49 Prozent) der Verbraucher nur noch Online-Kanäle nutzen möchte, um nach Informationen über Autos zu suchen, vor der Covid-19-Pandemie waren es 39 Prozent. In den letzten Monaten ist auch das Interesse am Einsatz von AR/VR-Technologien stark gestiegen: 85 Prozent der Befragten bevorzugen AR/VR-Tools, um Modelle, Farben und Funktionen bei der Auswahl eines Autos zu vergleichen.

Autohäuser bleiben ein wesentlicher Teil des Markenerlebnisses und physische Interaktionen werden in bestimmten Bereichen sicherlich wieder zunehmen: So möchten mehr als sieben von zehn befragten Verbrauchern in ein Autohaus gehen, um vor dem Kauf spezifische Fragen zu klären; sie möchten dies auch zukünftig tun, wenn aus Sicherheitsgründen nichts dagegen spricht. Zudem bevorzugen 80 Prozent beim Kaufabschluss eine persönliche Interaktion mit einem Verkäufer im Autohaus.

Für Automobilhersteller wird es nun darum gehen, jeden einzelnen Schritt der Customer Journey zu digitalisieren und mit den Händlern bei spezifischen Themen vor Ort enger zusammenzuarbeiten. So kann es gelingen, den Kunden ein ansprechendes Omnichannel-Markenerlebnis zu bieten.