Mobilität der Zukunft

Die Internationale Automobilausstellung IAA Mobility setzte voll auf das Fahrrad. Doch damit lässt sich die individuelle Mobilität nicht lösen, Auch das E-Auto wird nicht die ultimative Antriebslösung sein. Und ein Verzicht auf konventionelle Antriebstechnik schon in sehr naher Zukunft löst keine zwingend erforderliche Energiewende im Personenverkehr. So sehr wir uns alle das auch wünschen. Wie eine Lösung sein könnte, versucht luckx – das magazin zu klären.

Mobilität

Zumindest in einer Hinsicht sind sich alle Experten einig: Die Mobilität des Jahres 2021 kann nicht mehr die Mobilität des Jahres 2030 sein. Städte sollen wieder für Menschen da sein, und nicht (nur) für Autos. Dass der Verkehrssektor mit 24 Prozent weltweit den höchsten Anteil an CO2-Emissionen verursacht, und dass jeder Autofahrer in München durchschnittlich 87 Stunden im Jahr (oder gut zehn Arbeitstage) im Stau steht, zeigt: Es kann so nicht weitergehen. Die Mobilität der Zukunft wird vielfältiger, intelligenter, geteilter und sauberer.

Die Zukunft der Nachhaltigkeit beginnt bei der Mobilität“, heißt es vom World Economic Forum der UN. In der Zukunft spielt das Auto nach wie vor eine große Rolle. Laut der Studie „Mobility Futures“ des englischen Marktforschungsunternehmens Kantar laufen weltweit heute noch 51 Prozent der Mobilität in den großen Städten über das Auto. 2030 sollen es noch 46 Prozent sein – dann aber mehr und mehr mit Autos, die geteilt werden, die elektrisch und autonom fahren. So jedenfalls die Idee.

Nachhaltigkeit wird zum wichtigen Thema. Ob dazu keine benzin- oder dieselbetriebenen Automobile mehr passen, ist fraglich, weil sie laut Statistik 23 Stunden am Tag geparkt am Straßenrand oder in der Garage stehen.

Dass die Bürger bereit sind, neue, intelligente Lösungen anzunehmen, zeigen Beispiele wie die belgische Stadt Gent. Sie setzt schon heute auf die datengestützte Steuerung ihres Verkehrs, auf Radwege und Fußgängerzonen, „um das Leben aller Menschen in Gent zu verbessern“. Dort finden mittlerweile 30 Prozent des Verkehrs zu Fuß statt, und jede Familie besitzt im Schnitt 2,8 Fahrräder.

Experten erwarten in den nächsten Jahren einen enormen Sprung bei der urbanen Nutzung von Fahrrädern – dank immer leistungsfähigerer und bequemerer E-Bikes, dank Bike-Sharing und dank verbesserter Infrastruktur mit sicheren Radwegen und Fahrrad-Parkhäusern. Die Kantar-Studie geht davon aus, dass der Fahrradverkehr in den großen Städten weltweit bis 2030 um 18 Prozent ansteigt. Kein anderer Sektor wächst schneller; aber immer noch auf geringer Basis. Denn heute beträgt der PKW Individualverkehr über 90 Prozent.

Das gute alte Gehen kommt demnach auf einen Zuwachs von 15 Prozent, und der ÖPNV von 6 Prozent. Alle auf niedrigem Niveau.

Die dänische und die niederländische Regierung haben ausgerechnet, dass jeder im Auto gefahrene Kilometer eine Stadt und ihre Bürger heute noch 30 bis 40 Cent kostet – für Straßen, Infrastruktur und Umweltbelastungen. Jeder Fahrrad-Kilometer sorgt dagegen für einen gesamtgesellschaftlichen Gewinn von mindestens einem Euro.

Individualverkehr

Dass es keine übertrieben clevere Idee ist, ein Auto für 20.000 Euro, 30.000 Euro oder mehr zu besitzen, um es dann eine Stunde pro Tag (oder rund vier Prozent seiner Lebensdauer) zu benutzen – diese Erkenntnis dürfte sich in den nächsten Jahren bei vielen Menschen durchsetzen. So jedenfalls die Erkenntins der Messe-Macher in München. Vergessen werden dabei darf nicht, dass schon seit 20 Jahren es weniger Führerscheinneulinge gibt und weniger Fahrzeuge von diesen zugelassen werden. Leider gibt es keine deutlich praktischen, günstigen und umweltfreundlichen Alternativen; außer in den großen Städten und Metropolen. Der ÖPNV wurde Jahrzehnte vernachlässigt.

Ob sich das Sharing-Modell durchsetzen wird, bleibt offen. In diesem soll das Verkehrsmittel, egal ob Sharing-Auto, Fahrrad, ÖPNV, autonomer Shuttle-Bus oder E-Scooter, keine Rolle mehr spielen. Mobilität wird zur Dienstleistung, die gemietet und bezahlt wird, auf Wunsch auch als Flatrate. Weil der teure Unterhalt des eigenen Autos wegfällt, und weil Sharing-Autos ihre Kosten 24 Stunden am Tag einspielen können, lassen sich die weltweiten Mobilitätskosten bis Ende der 2020er-Jahre so von durchschnittlich einem Dollar pro zurückgelegter Meile (1,6 Kilometer) auf 30 US-Cent reduzieren. Die Hoffnung treibt den Wunsch vor sich her.

E-Auto

In den letzten Jahren hatte die Bundesregierung angestrebt, bis 2030 zehn Millionen Elektroautos auf die Straße zu bringen. Mittlerweile dürfte selbst diese Marke nicht mehr genügen. Um die Klimavorgaben zu erreichen, müssen noch ambitioniertere Ziele gesetzt werden: 14 Millionen E-Fahrzeuge bis 2030 muss laut Experten das neue Ziel lauten. Wie ehrgeizig diese Vorgabe ist, zeigt allein schon die Tatsache, dass im Jahr 2020 weltweit nur rund zehn Millionen Elektroautos unterwegs waren.

Das größte Hindernis auf diesem Weg ist die Lade-Infrastruktur. Anand Ayyadurai, CEO des indischen Sharing-Anbieters Vogo, sieht aber Grund zur Hoffnung: „Wenn die Kosten für erneuerbare Energien weiter sinken, können immer mehr Nutzer oder Besitzer von Elektroautos die Fahrzeuge an lokalen Ökostrom- oder Solarstationen laden.“ Doch aktuell werden E-Auto-Besitzer regelrecht an den Ladestationen abgezockt. Ob autonome Autos es dann auch Senioren ermöglichen, länger selbstständig und mobil zu bleiben, ist ein weiterer, nicht bestätigter Wunsch.