Eine unendliche Geschichte?

Die Baupreise steigen, das Bauvolumen wächst, wie wird es weitergehen? Eigentlich ist wirtschaftstheoretisch dieses Verbraucherverhalten nicht erklärbar. Denn die Nachfragekurve müsste irgendwann sich umkehren und die Preise daraufhin fallen. Doch das ist noch nicht abzusehen, wie luckx – das magazin recherchierte.

Ist es Snobismus?

Die aktuelle Nachfragekurve wäre nur mit einem Snob Effekt zu erklären. Vereinfacht lässt sich diese abnormale Nachfrage so erklären, dass mit steigender Nachfrage auch der Preis steigt. Dieser Effekt entsteht immer dann, wenn die Konsumenten den Gütern erst ab einer gewissen Exklusivität Beachtung schenken und zusätzlich davon ausgehen, dass das Gut von einer breiten Schicht von Konsumenten nicht erworben wird oder erworben werden kann. Doch trifft es die Situation?

Das würde bedeuten, bauen oder der Erwerb von Immobilien wird zu einer immer exklusiveren Angelegenheit. Wenn dem so wäre, wäre das dann mit der Politik der Bundesregierung vereinbar? Die Frage bleibt offen.

Jedenfalls erweist sich die deutsche Bauwirtschaft gegenüber den wirtschaftlichen Ausschlägen der Corona-Pandemie als weitgehend resistent und bleibt auf Wachstumskurs. Die Nachfrage insbesondere nach Wohnraum bleibt ungebrochen, obwohl die Preise für Bauleistungen nach oben schießen. Der Preisanstieg trug maßgeblich dazu bei, dass das nominale Bauvolumen nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) im abgelaufenen Jahr um rund zehn Prozent auf einen historischen Höchstwert von 488 Milliarden Euro kletterte, was einem Anteil von knapp 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht. In diesem Jahr wird die Bauleistung voraussichtlich um weitere fast 13 Prozent und im kommenden Jahr um gut sechs Prozent zulegen. Preisbereinigt bleibt für 2022 und 2023 immer noch ein Zuwachs von jeweils rund drei Prozent. „Die Bauindustrie ist und bleibt ein Stützpfeiler der coronageplagten deutschen Wirtschaft“, sagt Martin Gornig, Studienautor und Forschungsdirektor Industriepolitik am DIW Berlin. „Die besonderen Kapazitätsengpässe und der hohe Nachfragedruck machen die Bauwirtschaft aber auch zu einem Treiber der Inflation.“

Wohnungsbau

Der Wunsch nach den eigenen vier Wänden bleibt trotz steigender Produzentenpreise ungebrochen: Dank geringer Zinsen für Baufinanzierungen und der in der konsumarmen Corona-Zeit gestiegenen Ersparnisse dürften viele Haushalte ins Eigenheim investieren. In diesem Jahr wird wohl wieder mehr gebaut und verstärkt die Modernisierung bestehender Immobilien in Angriff genommen. „Dabei liefert insbesondere der im vergangenen Jahr eingeführte CO2-Preis einen Anreiz für energetische Sanierungen“, so Studienautorin Laura Pagenhardt, Mitarbeiterin der Abteilung Konjunkturpolitik. „Die nach Jahren äußerst günstiger Brennstoffe zuletzt wieder gestiegenen Energiepreise werden die Haushalte wohl ebenfalls veranlassen, in die Energieeffizienz ihrer Häuser zu investieren.“ Auch die von der neuen Bundesregierung geplante Anhebung der Abschreibungsraten dürfte derartige Bestandsinvestitionen attraktiver machen.

Der Wohnungsneubau dürfte mit Blick auf die Umsätze auch im laufenden und im kommenden Jahr florieren. Nach einem Plus von gut zehn Prozent im abgelaufenen Jahr wird sich der nominale Zuwachs in diesem Jahr voraussichtlich auf dieselbe Größenordnung belaufen. Da allerdings die Preissteigerungen in ähnlicher Größenordnung liegen, dürfte die reale Neubauleistung kaum steigen. Erst im Jahr 2023 wird das Neubauvolumen wohl stärker steigen als die Baupreise – also auch der Umfang neu erstellten Wohnraums wieder zulegen. Entsprechend sollten schon heute Strategien entwickeln werden, wie die ambitionierten Ziele zur Schaffung von neuem Wohnraum in der gegenwärtigen Legislatur noch zu erreichen sind.

Von öffentlicher Seite klar kommunizierte Ausbauziele würden Bauunternehmen eine Perspektive geben, Kapazitäten auszubauen, Mitarbeiter zu schulen und in die Digitalisierung von Prozessen zu investieren. Das gleiche gilt für die durch personelle Engpässe strapazierte öffentliche Verwaltung. Hier könnte etwa eine kommunenübergreifende Bereitstellung von Planungskapazitäten Entlastung schaffen. Aber auch auf die Entwicklung der Material- und Energiepreise sollte die Politik nach Lösungen suchen. Sonst lässt sich das Klimaziel nicht erreichen.