Mobilitätswende

Ob Heizungsgesetz oder Verbrenneraus: Die Bundesbürger scheinen genervt von der Bundespolitik zu sein. Es fehlt die klare Linie und die Verlässlichkeit. Das ist das, was die Bürger wollen. Auch die EU kann dieses Loch nicht füllen. Wie vielleicht doch noch ein Schuh aus der verfahrenen Situation wird, hat luckx – das magazin recherchiert.

Verbrennungsmotoren weiterhin im Angebot

Die deutschen Automobil-Hersteller produzieren weiterhin Benzin- und Dieselmotoren. Auch wird ebenso an der Optimierung dieser Motoren gearbeitet. Denn klar ist eins: Der Umstieg auf die Übergangstechnologie Elektromobilität wird nicht so rasch erfolgen, wie von vielen Protagonisten erhofft wird. Denn es fehlt an allem: Fahrzeugen, Ladestationen und Förderung. Gern wird China als das Musterland hier angeführt. Doch ist es das wirklich? Einen einzigen Punkt mach China richtig: Der Strom kostet etwa 1 Cent pro Kilowattstunde. Dagegen werden – wie immer – die deutschen Autofahrer abgezogt. Ob es dann doch zu einem Aussetzen des Verbrennerverbots seitens der EU kommen wird, ist aktuell noch nicht abzusehen. Vielleicht gibt es auch eine bessere Lösung. „Die Frage nach einem Verbrennerverbot in der EU wird viel zu sehr schwarz-weiß diskutiert“, sagt der Erfinder und Unternehmer Frank Obrist. Er regt einen „intelligenten Verbrennereinsatz“ als politischen, technischen und gesellschaft­lichen Kompromiss statt eines generellen Verbrennerverbots an. Demnach könnten Verbrennungs­­motoren zwar für den Antrieb verboten, aber kompakte Stromgeneratoren zum Laden der im Fahrzeug verbauten Batterien zugelassen werden. „Diese intelligente Kombination könnte zum Rettungsanker für die europäische Automobilindustrie werden, weil es einerseits umweltschonend ist, und andererseits den Wünschen der Verbraucher nach Autofahren ohne Reichweitenangst und langen Ladezeiten nachkommt“, erklärt Frank Obrist. Er prognostiziert: „Die Verbraucher würden diesen Fahrzeugtyp lieben, weil sie damit zwar elektrisch fahren können, aber alle Nachteile der herkömmlichen E‑Mobilität vermieden werden.“

Kompromisse notwendig

Frank Obrist, dessen Industriegruppe unter der Bezeichnung Hyperhybrid ein solches Konzept bis zum Prototypen entwickelt hat, präzisiert: „Das Fahrzeug wird von einem Elektromotor angetrieben, aber die großen und schweren Batterieblöcke herkömmlicher E‑Autos werden durch einen kompakten Verbrennungsmotor ersetzt, der ausschließlich dazu dient, den Strom für den Elektroantrieb zu erzeugen.“ Nach Einschätzung von Thorsten Rixmann, Chief Marketing Officer der Obrist Group, würde ein solcher Kompromiss „das Beste aus beiden Welten kombinieren.“ Er verweist darauf, dass die United Nations Industrial Development Organization (UNIDO) dieses Konzept bereits 2023 als „Most Promising Solution Award Winner” in der Kategorie „Energy Efficiency“ ausgezeichnet hat. Da der Verbrenner bei diesem Ansatz ausschließlich als Stromgenerator fungiert, läuft er stets im optimalen Drehzahlbereich und damit sehr sparsam. Zudem lässt er sich technisch so auslegen, dass er sowohl mit Benzin als auch mit E‑Fuels funktioniert. Die Obrist Group ist bei Prototypen auf Verbrauchswerte von rund 1,5 Liter Benzin bzw. 3,3 Liter Methanol auf 100 Kilometer gekommen. Die Batterie dient lediglich als Energiespeicher zwischen Generator und Elektromotor und kann damit wesentlich kompakter ausfallen als bei einem herkömmlichen E‑Auto. Bei Prototypen der Obrist Group konnte der sogenannte „CO2-Rucksack“, also die mit der Batterieherstellung verbundenen CO2-Emissionen, um etwa 85 Prozent niedriger gehalten werden im Vergleich zu rein batterie-elektrischen E‑Autos. Hinzu kommt: Bei einer Serienproduktion wäre der Hyperhybrid wesentlich kostengünstiger als bloße Batterie-Fahrzeuge, weil die hohen Kosten für den Batterieblock weitgehend entfielen.

Kombikonzept bringt klare Vorteile

Vor allem würde diese Kombination aus Elektromotor und Stromgenerator an Bord die Nachfrage nach entsprechenden Fahrzeugen massiv ankurbeln, ist sich Thorsten Rixmann sicher. Er argumentiert: „Die Reichweiten­angst würde den Menschen mit einem Schlag genommen, weil der Hyperhybrid über 1.000 Kilometer Reichweite laut WLTP-Berechnungsvorgaben aufweist. Und da der Wagen an jeder Tankstelle betankt werden kann, entfällt auch die Sorge, unterwegs Ladestationen suchen und längere Ladezeiten in Kauf nehmen zu müssen.“ Da die rein elektrische Reichweite der Prototypen bei über 80 Kilometern liegt, was im Alltag für 90 Prozent aller Fahrten reicht, würde auch dem Klimaschutz „in sehr weitem Maße“ Rechnung getragen, gibt der Marketingchef zu bedenken.

Er ordnet ein: „Wir brauchen Autos made in Europe, die so attraktiv sind, dass sie ohne Kaufprämien oder sonstige staatliche Förderprogramme hinreichend Nachfrage im großen Stil finden. Das ist bei reinen E‑Autos offensichtlich nicht der Fall, wie die Schieflage der Autoindustrie leider allzu deutlich beweist. Daher appelliere ich an Politik und Hersteller gleichermaßen, das Best-of-both-Worlds-Konzept des Hyperhybrid – dem smarteren E‑Fahrzeug – ebenso zu favorisieren wie es die Vereinten Nationen empfehlen.“

Neue Strategie erforderlich

Thorsten Rixmann zeigt den Weg auf: „Die Investitionen der Industrie in E‑Autoplattformen bleiben geschützt, weil sie auch für die neue Generation des Hyperhybrid weiterhin genutzt werden können. Vereinfacht gesagt werden lediglich die schweren Batterieblöcke heraus­genommen und durch einen Stromgenerator mit kleinem Tank und einer kompakten Hoch­leistungsbatterie ersetzt. Natürlich ist das in der Praxis etwas komplizierter, aber es wäre angesichts der Kauf­zurückhaltung bei batterie-elektrischen E‑Autos endlich eine ziel­gerichtete Vorwärtsstrategie der europäischen Autoindustrie – vorausgesetzt, dass die Politik mitspielt.“