Die Caranvaning-Branche erlebt ein regelmäßiges Auf und Ab. In den letzten rund 10 Jahren ging es kontinuierlich bergauf. Die Zeit davor war durch Krisen und Insolvenzen gezeichnet. Doch wie geht es jetzt weiter, fragt luckx – das magazin.
Natürliche Freizeit
Reisen mit dem Zelt, Wohnwagen und Wohnmobil ist eine naturverbundene Angelegenheit. Bei keiner anderen Reiseform ist man der Natur so nahe. Dabei sind die Ansprüche ans Reisen doch sehr unterschiedlich. Zwischen Zelt und Luxus-Wohnmobil liegen erhebliche Unterschiede im Standard. Auch war das Klientel der Ur-Camper ein anderes als die heutigen Besitzer von Freizeitfahrzeugen. Früher waren es eher ältere Jahrgänge, die auf dem Campingplatz in ihrem Vorzelt bei Bier und Bratwurst mit den Nachbarn saßen. Heute sind es die dynamischen Sportlertypen, die mit ihrem Bulli und Sportgeräten irgendwo in der Natur stehen und einen Campingplatz nicht vermissen. Und doch existieren beide Gruppen immer noch. So bietet das Caravaning eine breite Möglichkeiten von Urlaubserlebnissen. Wobei allen das Draußensein wohl das wichtigste Erlebnis ist.
Qualität
Jahrelang hat es die Caravaning-Branche nicht geschafft, moderne und zuverlässige Fahrzeuge auf den Markt zu bringen. Die Orientierung erfolgte eher an der Vergangenheit; insbesondere was die Innenausstattung anbetraf. Neuere Materialien für die Innenausstattung, neuere Technik zum Beispiel bei den Toiletten einzuführen, bleibt aus. Auch gelingt es den Herstellern nicht, den im Automobilbau üblichen Standard zu gewährleisten. Dabei geht es nicht um Spaltmaße. Es geht um banale Schlösser, Zentralverriegelung von Türen und Klappen als auch die Verwendung von innenliegenden Scharnieren. Auch die Einbruchsicherheit der Fahrzeuge insgesamt ist auf dem Niveau von Steilwandzelten.
Mit der Corona-Pandemie setzte geradezu ein Hype auf die Freizeitfahrzeuge ein. Nur damit waren Reisen in geringem Umfang möglich, weil Hotels, andere Unterkünfte als auch Restaurants schließen mussten. Die Nachfrage explodierte, konnte aber wegen Lieferkettenproblemen nicht bedient werden. So wurden die Preise einfach erhöht. Ein Fahrzeug, was vor der Pandemie (Januar 2020) 70.000 Euro kostete, wurde in 2022 für 130.000 Euro angeboten – und verkauft. Änderungen – außer am Preise – keine. Doch im Jahr 2023 normalisierte sich die Produktion und es wurde ohne einen Blick auf die gesellschaftliche Entwicklung produziert und produziert.
Reise- und Marktsituation
Denn jeder wollte ein noch immer größeres Stück vom kleiner werdenden Caravaning-Markt abbekommen. Den Rückgang wollte keiner sehen oder auch nicht wahrhaben. Natürlich gibt es viele Ursachen für den Rückgang. Hotels waren wieder geöffnet; auch wenn weniger Personal zur Verfügung stand. Auslandsreisen wurden nicht mehr beschränkt. Daneben ist Caravaning eine aufwändige Angelegenheit, weil die Wasser- und Stromversorgung gesichert werden muss. Ebenso sind regelmäßig Abwasser und Toilette zu entsorgen. Trotz steigender Zulassungszahlen hat sich die Branche weder um mehr Camping- und Stellplätze gekümmert. Auch haben sich die Verantwortlichen nicht mit der Politik zusammengesetzt, um eine vorübergehende Regelung zur Nutzung von Parkplätzen für Wohnmobile zu treffen. Dass Freizeitfahrzeuge die wenigen städtischen Parkplätze einnehmen, ist ein vielfaches Ärgernis für Anlieger, die ihre Kommune vermehrt um Hilfe bitten. Ebenfalls sind die Hersteller nicht in der Lage, eine europaweite Regelung der Führerscheinanpassung für Wohnmobile zum Beispiel für den PKW Führerschein auf 4,5 Tonnen zu regeln. Außerdem fehlt weiterhin eine 100 km/h-Regelung die Wohnmobile bis 7,49 Tonnen auf europäischer Ebene. Bei der Maut lassen die Hersteller ihre Kunden auch im Regen stehen.
Nun hat sich die Situation für die Fahrzeughersteller jedoch schlagartig gewandelt: Nachdem die Produktion über einen längeren Zeitraum, vor allem aufgrund fehlender Reisemobilchassis, gedrosselt worden war, stabilisierten sich die Produktionsbedingungen. Dies führte nicht nur zu einem signifikanten Anstieg der Produktionszahlen, sondern hatte auch spürbare Auswirkungen seit Ende 2023 auf den Markt: Der Fahrzeugbestand bei den Händlern wuchs innerhalb kurzer Zeit erheblich, und die Marktsituation wandelte sich von einem knappen Angebot hin zu einem Überangebot. Zuerst wurde Kurzarbeit eingeführt und aktuell haben einige Hersteller sogar Werke bis auf Weiteres geschlossen.
Aktionstage sollen den Verkauf ankurbeln
Industrie und Handel mussten nun schnell auf diese Entwicklung reagieren und intensivierten ihre Zusammenarbeit. Mit Finanzierungshilfen unterstützt die Industrie ihre Handelspartner. Doch das kostet Geld, viel Geld. Auch sollten die „Caravaning-Tage“ als erste markenübergreifenden Aktionstage der Branche, den Verkauf ankurbeln. Sicherlich eine erfolgversprechende Aktion. Doch das ändert leider nichts an den oben beschriebenen Problemen der Fahrzeugbesitzer. Zwar konnte die Branche im Vergleich zu 2023 den Absatz und rund 10 Prozent steigern. Doch im Vergleich zu 2021 fiel dieser um rund 10 Prozent bei den Wohnmobilen. Die Messe Touristik & Caravan in Leipzig im November zeigte das weiterhin bestehende Interesse an dieser Urlaubsform. Auch dort konnten neue Marktteilnehmer entdeckt werden, die sich mit neuen, innovativen Produkten im Markt zeigen.
Für Käufer hat sich der Markt seit einem Jahr zu ihren Gunsten gedreht. Das Angebot ist reichhaltig mit alten, traditionellen Fahrzeugen als auch mit innovativen Modellen. Da der Handel sich hohem finanziellen Druck gegenüber sieht, sind Preisverhandlungen wieder möglich. Doch sollten sich Interessenten nicht mit 10 Prozent Preisnachlass zufrieden geben. Die Spielräumen sind deutlich höher. Und dann macht das Reisen mit dem Wohnmobil wieder richtig Spaß.