Welche Technologien wird sich durchsetzen?

Es ist noch nicht so lang her, da hat keiner auch nur im entferntesten an die Anschaffung eines Elektroautos gedacht. Die wenigen E-Fahrer wurden eher belächelt oder bemitleidet, wenn sie an der „Zapfsäule“ standen, um ihren Wagen zu laden. Mit den Wasserstoffantrieb scheint es ebenso zu sein. Doch welche Technik setzt sich durch? Dieser Frage ging luckx – das magazin nach.

Energieversorgung

Als Bertha Benz 1888 während ersten Fahrt mit dem „Benz Patentwagen Nummer 3“ in Wiesloch wegen Spritmangel liegen bliebt, holte sie aus der dortigen Apotheke Nachschub. Seitdem ist in Deutschland und fast überall auf der Welt die Versorgung mit Kraftstoff für konventionellen Antrieb weitestgehend gesichert. Dazu gab es 1991 in Deutschland rund 19.000 Tankstellen. Durch Marktbereinigung sind heute noch rund 14.000 Tankstellen vorhanden. Diese versorgen rund 60 Millionen Fahrzeuge. Nun ist diese Situation nicht mit der für E-Fahrzeuge vergleichbar. Bei denen dauert der Ladevorgang meist mehrere Stunden bis der Tank voll ist. Doch der limitierende Faktor scheint neben den Ladestationen die Stromversorgung zu sein bzw. zu werden. Öffentliche Ladestationen in Wohngebieten sucht man vergebens. Deshalb hat sich die E-Mobilität auch noch nicht so richtig durchgesetzt, wie sich einige das wünschen.

Beim Wasserstoff erinnert die Versorgung eher ans 19. Jahrhundert und den Benz-Ausflug. In Deutschland sind rund 100 Tankstellen vorhanden und die Versorgung erfolgt eher mit teuren sowie umweltschädlichem, aus Erdgas produzierten Wasserstoff, wobei ziemlich viel CO2 entsteht. Die Frage ist nun, wohin soll die Reise gehen: Weiterhin Strom für die E-Autos aus Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken nutzen oder doch mehr Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen bauen?

CO2-neutrale Zukunft?

Was ist der Antrieb der CO2-neutralen Zukunft? Keine Frage beschäftigt aktuell sowohl die Lkw-Branche, den Energiesektor als auch die Politik wie diese. Daimler verfolgt dabei eine Doppelstrategie bei der Elektrifizierung seines Portfolios: mit Batterie und wasserstoffbasierten Antrieben. Hintergrund sind die vielen unterschiedlichen Anwendungsfälle und Aufgaben von Lkw. Für flexible und anspruchsvolle Einsätze vor allem im wichtigen Segment des schweren Fernverkehrs können wasserstoffbasierte Antriebe die bessere Lösung sein. Auch für elektrifizierte Lkw gilt dabei: Transportunternehmen treffen bei der Wahl ihrer Fahrzeuge rationale Kaufentscheidungen auf Basis der Gesamtbetriebskosten und sie wollen zudem bei Alltagstauglichkeit, Tonnage und Reichweite keine Kompromisse eingehen.

Dr. Andreas Gorbach, Mitglied des Vorstands der Daimler Truck AG, Leiter Truck Technology stellt dazu fest: „Es wird immer wieder Diskussionen geben, die sich nur mit einzelnen Teilaspekten unterschiedlicher alternativer Antriebsformen befassen wie beispielsweise der Energieeffizienz. Diese ist in der Tat beim batterie-elektrischen gegenüber dem wasserstoffbasierten Antrieb höher, jedoch wird dabei der Blick auf das große Ganze vergessen. Maßgeblich für eine erfolgreiche Umstellung auf Zero-Emission-Technologien ist neben der Effizienz vor allem auch die Verfügbarkeit einer entsprechenden Infrastruktur sowie die Verfügbarkeit von ausreichend grüner Energie. Wir sind der Überzeugung, dass eine zügige und kostenoptimierte Abdeckung dieses Energiebedarfs nur mit beiden Technologien möglich ist. Kaum ein Land der Welt wird sich in Zukunft allein mit grüner Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen selbst versorgen können. Folglich wird es einen globalen Handel mit einem CO2-neutralen Energieträger geben müssen. Grüner Wasserstoff wird dabei eine zentrale Rolle spielen. Wir gehen davon aus, dass dieser perspektivisch zu sehr attraktiven Preisen gehandelt wird. Zudem sehen wir Vorteile bei Kosten und technischer Machbarkeit der Wasserstoff-Infrastruktur sowie für Kunden größere Reichweiten, Flexibilität und kürzere Tankzeiten. So können Wasserstoff-Lkw vor allem im harten Fernverkehrseinsatz eine sinnvolle Option für unsere Kunden sein, insbesondere in Bezug auf die Gesamtbetriebskosten – selbst wenn die Energieeffizienz geringer ist. Bei der Frage nach der besten Transportlösung ist also die Energieeffizienz ein wichtiges aber lang nicht hinreichendes Kriterium.“

Engagement für Wasserstoff

Gemeinsam mit Linde entwickelt Daimler seit einiger Zeit die nächste Generation von Flüssigwasserstoff-Betankungstechnologie für Brennstoffzellen-Lkw. Mit ihrer Zusammenarbeit wollen die Partner das Tanken von Wasserstoff so einfach und praktikabel wie möglich machen. Im Bereich der Infrastruktur für Wasserstoff-Tankstellen entlang wichtiger Transportachsen in Europa plant Daimler mit den Unternehmen Shell, BP und TotalEnergies zusammenzuarbeiten. Zudem wollen Daimler, IVECO, Linde, OMV, Shell, TotalEnergies und die Volvo Group im Rahmen ihrer Interessengemeinschaft H2Accelerate (H2A) gemeinsam Wasserstoff-Lkw europaweit zum Durchbruch verhelfen.

Brennstoffzellen-Joint Venture

Gemeinsam mit der Volvo Group setzt Daimler auf die wasserstoffbasierte Brennstoffzelle. Beide Unternehmen haben 2021 das Joint Venture cellcentric gegründet. Ziel von cellcentric ist, einer der weltweit führenden Hersteller von Brennstoffzellensystemen zu werden. Dafür plant das Unternehmen ab 2025 eine der größten Serienproduktionen in Europa aufzubauen.

Daimler mit Doppelstrategie

Bereits seit 2018 bzw. 2021 rollen die batterie-elektrischen Fahrzeuge Mercedes-Benz eCitaro und Mercedes-Benz eActros in Serienproduktion vom Band. Auf der Wasserstoffseite ist der Brennstoffzellen-Prototyp Mercedes-Benz GenH2 Truck seit letztem Jahr intensiv im Testbetrieb – sowohl auf der hauseigenen Teststrecke als auch auf öffentlichen Straßen. Entwicklungsziel ist eine Reichweite von bis zu 1.000 Kilometer und mehr für das Serienfahrzeug, dessen Produktionsstart für das Jahr 2027 geplant ist.